Die Linke-Politiker gratuliert den Afghanen zur Eliminierung der 37 Bundeswehrsoldaten

Von Jürgen Fritz, Fr. 20. Aug 2021, Titelbild: RT-Screenshot

Nachdem die Taliban ganz Afghanistan wieder in ihre Gewalt bekommen haben, hat Bijan Tavassoli (Die Linke) dem afghanischen Volk zum Sieg „über die ausländischen Besatzer“ gratuliert, „insbesondere zu jedem einzelnen der 37 von ihnen eliminierten Bundeswehrsoldaten“. Die Taliban sieht Tavassoli als „Befreiungskämpfer“ gegen die bösen „US-Imperialisten“. Das ging selbst seiner Partei zu weit. Diese hat inzwischen reagiert.

Bijan Tavassoli (Die Linke) sieht die Taliban als „Befreiungskämpfer“

Wie die real existierenden Sozialisten der SED in der DDR nicht nur mit Schwerverbrechern, sondern auch mit Verrätern ihrer Ideologie und „Fahnenflüchtigen“ umging, darüber habe ich am Montag bereits berichtet: Bis 1968 wurde enthauptet, ab 1968 wurde dann per Genickschuss von hinten („unerwarteter Nahschuss“) exekutiert. Hunderte Menschen hat man zwischen Anfang der 1950er Jahre bis zuletzt Dr. Werner Teske am 26. Juni 1981 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Erst 1987 wurde die Todesstrafe in der DDR abgeschafft.

Aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) wurde im Dezember 1989 zunächst die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS), am 4. Februar 1990 dann die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS). Aus der PDS wurde 2005 die Linkspartei.PDS und aus der Linkspartei.PDS 2007 durch Verschmelzung mit der WASG Die Linke

Zu dieser Partei Die Linke gehörte bisher auch Bijan Tavassoli. Bei der Europawahl 2019 kandidierte Tavassoli sogar für Listenplatz 1, erhielt dabei 9,9 Prozent der Stimmen und verlor gegen Martin Schirdewan, der nach der Wahl Co-Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament – GUE/NGL wurde, ein Zusammenschluss verschiedener linker, sozialistischer und kommunistischer Parteien. Bijan Tavassoli tritt auch öfters in dem Russensender RT als „politischer Analyst“ auf und gibt dort Interviews, Bewertungen und Stellungnahmen. Interessant ist nun, was Tavassoli Anfang der Woche auf Twitter schrieb, nachdem die Taliban Kabul und damit letztlich ganz Afghanistan wieder in ihre Gewalt bekommen haben.

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Die „US-Imperialisten“ hätten nach Vietnam „eine weitere empfindliche Niederlage kassiert“. Die Afghanen hätten „sich ihr Land von den Besatzern zurückgeholt“, indem sie „einen Befreiungskampf geführt haben“, wie „die Welt ihn seit langem nicht mehr gesehen hat“. Marxisten, Sozialisten und Kommunisten sind ja nicht selten innerlich völlig zerfressen vom Hass auf die USA. Die Taliban dagegen sind für Tavassoli offenbar „Befreiungs-„ bzw. „Freiheitskämpfer“, weil sie ja gegen die böse USA und auch gegen die bösen Europäer gekämpft haben. Was dann diejenigen Frauen sind, die gegen die Taliban sind, ob das dann Freiheitsfeinde sind, darauf geht der Linken-Politiker freilich nicht ein.

Ein „einzigartiges Volk, das tausende Jahre mehr Kultur hat als jeder Bewohner des Weißen Hauses“

Das afghanische Volk (Tavassoli, der „politische Analyst“ hat regelmäßig Probleme mit der Groß- und Kleinschreibung von Adjektiven und Adverben, ich erlaube mir, dies regelmäßig zu korrigieren und auch die Kommas korrekt zu setzen, um den Lesefluss und das Verständnis zu erleichtern) das afghanische Volk also habe „seine Freiheit und Souveränität zurück“ und könne sich „in stabilen politischen Verhältnissen nun endlich an den Aufbau der Wirtschaft machen“, meint Tavassoli weiter. Er sieht hierbei eine „goldene Zukunft“ für das Land, mit seinem „einzigartigen Volk, das tausende Jahre mehr Kultur“ habe „als jeder Bewohner des Weißen Hauses“.  Man fragt sich fast, warum der Linke nicht sofort nach Afghanistan auswandert, um an dieser „goldenen Zukunft“ ein wenig teilhaben zu können unter all den Freiheitskämpfern. Doch es geht noch weiter.

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RT-Screenshot

Kollaborateure sollten nicht öffentlich (!) hingerichtet werden, weil dies schädlich sein könnte für die neue Taliban-Regierung

Selbstverständlich sei „den Taliban nur zu raten, großmütig mit den Kollaborateuren umzugehen, die als Übersetzer etc. mit NATO-Truppen zusammengearbeitet haben.“ Diese Großmütigkeit begründet Tavassoli nun aber nicht mit einer edlen Gesinnung, sondern ganz pragmatisch-utilitaristisch: „Diese Leute öffentlich hinzurichten, wäre nämlich für die internationale Anerkennung der neuen Regierung nur schädlich und könnte Sanktionen zur Folge haben“. Bijan Tavassoli sorgt sich also nicht um die Menschen, die nun von den Taliban bedroht und womöglich ermordet werden, sondern er sorgt sich um die Taliban-Regierung, dass diese hierdurch öffentlich in ein schlechtes Licht geraten könnte, was dann negativ auf sie zurückfallen könnte. Gegen nicht-öffentliche, heimliche Hinrichtungen in irgendwelchen Kellern scheint er dagegen nichts zu haben. Es darf halt nur nicht von anderen gesehen werden, die das öffentlich machen könnten. Also ganz wie in der DDR mehr als dreißig Jahre lang.

Und sofort merkt er auch an, dass ja „in vielen Ländern der Welt noch heute die Todesstrafe“ bei „Landesverrat“ gelte und es „daher auch völlig nachvollziehbar wäre, wenn die Kollaborateure“ selbstverständlich „nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren“, für welche Afghanistan ja weltberühmt ist, wahrscheinlich haben die Afghanen sogar den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung und faire Prozessverfahren erfunden, „von den Taliban bestraft würden“. Er selbst habe sich 20 Jahre lang gegen diesen Krieg eingesetzt, Die Linke war ja immer gegen jede Intervention in Afghanistan und auch Gregor Gysi sprach sich diese Woche sogar für Entwicklungshilfezahlungen an die Taliban aus. Tavassoli habe, wie er selbst schreibt, dermaßen friedlich gegen diesen „verbrecherischen Krieg“ gegen die Taliban gekämpft, dass ihn dies mehrfach „in klickenden Handschellen“ ins Gefängnis geführt habe. Wir wissen inzwischen, was Islamisten und Sozialisten unter „friedlich“ bisweilen verstehen.

„Ich gratuliere dem afghanischen Volk zu ihrem Sieg über die ausländischen Besatzer (insbesondere zu jedem einzelnen der 37 von ihnen eliminierten Bundeswehrsoldaten)“

Und dann schwingt Tavassoli sich zu Worten auf, die man kaum noch fassen kann. Wenn schon jede Zeile bis dahin von einer inneren Verdrehtheit zeugt, die man kaum noch ertragen kann, so wird es nun ganz hart. Auch wenn er bedaure, „dass so viele unschuldige Afghanen sterben mussten“ – damit meint er wahrscheinlich ausschließlich diejenigen, die durch die bösen US-amerikanischen und europäischen „Imperialisten“ zu Tode kamen, nicht diejenigen welche von den Taliban-Freiheitskämpfer getötet wurden – , und er bedaure, „dass so viel Verwüstung entstanden ist und dass die Lebenspläne so vieler Afghanen zerstört wurden“, so sei heute „kein Tag der Trauer, sondern der Freude“, weil ja die guten Taliban die bösen „Imperialisten“ vertrieben und ihr Land nun endlich wieder befreit haben. Und dann wörtlich weiter:

„Ich gratuliere dem afghanischen Volk zu ihrem Sieg über die ausländischen Besatzer (insbesondere zu jedem einzelnen der 37 von ihnen eliminierten Bundeswehrsoldaten) und wünsche ihnen eine blühende Zukunft in Frieden und Freiheit!“

Hier sein Tweet, den Tavassoli später schnell löschte (Unterstreichungen durch JFB):

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Zu dem letzten Abschnitt fällt mir nichts mehr ein. Er macht mich fast sprachlos, ergibt sich aber nur konsequent aus der marxistisch-sozialistisch-linken Logik. Denn oben ist böse. Immer. Und oben sind die weißen US-Amerikaner und die weißen Europäer. Diese führten Krieg gegen das arme Afghanistan, welches unten ist. Unten ist gut. Immer. Egal was die unten tun. Wenn die Taliban Menschen foltern, auspeitschen, ihnen Glieder abhacken, Menschen steinigen oder verbrennen, dann ist das die Kultur dieses „einzigartigen Volkes“, das „tausende Jahre mehr Kultur“ hat „als jeder Bewohner des Weißen Hauses“.

Eine Viertelmillion Afghanischer Zivilisten sei „in den vergangenen zwanzig Jahren durch die Besatzungstruppen ermordet worden“

Tavassoli hat seinen Tweet schnell wieder gelöscht, als andere darauf aufmerksam wurden, welch unglaubliches Zeug der Linken-Politiker hier von sich gegeben hat. Da sei ihm etwas rausgerutscht, was er so alles überhaupt nicht meint: „In der Eile des Gefechts, habe ich in einem Satz von den Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gesprochen und durch ungenaue Formulierung konnte der Eindruck entstehen, dass ich ihren Tod positiv sehe.“ Nein, um Allahs willen, natürlich sieht er die toten Bundeswehrsoldaten nicht negativ. Er hat nur „ungenau formuliert“ und dadurch vielleicht den Eindruck entstehen lassen. Kann doch mal passieren.

Eigentlich meint er ja genau das Gegenteil, dass es gut sein, dass „nur“ 37 deutsche Soldaten gestorben sind und dieser Wahnsinn nun ein Ende habe. So hat er es natürlich gemeint. Jeder Tote sei selbstverständlich einer zu viel. Aber wenn man „schnellstmöglich einen Beitrag veröffentlichen will“, dann können halt mal kleine Formulierungsfehler passieren. Man fragt sich ja wirklich, für wie blöde die Sozialisten ihre Mitmenschen eigentlich halten.

In Wahrheit habe er natürlich mit den Soldaten und ihren Familien Mitleid und kämpfe seit Jahren politisch dafür, alle deutschen Soldaten nach Hause zu holen (natürlich aus Sorge um die Soldaten, jf). Für ihn seien „deutsche Soldaten nämlich keine Hilfstruppen des US-Imperiums!“ Er „verurteile und verachte“ aber „die Politiker, die diesen Bundeswehreinsatz durch das Heben ihrer Hand ermöglicht haben“. Und was diese Leute über Soldaten dächten, habe der einflussreiche Berater der US-Regierung, Henry Kissinger, deutlich gemacht: „Soldaten sind dumme Tiere, die man als Bauern der Außenpolitik benutzen muss.“

Eine Viertelmillion Afghanischer Zivilisten sei „in den vergangenen zwanzig Jahren durch die Besatzungstruppen ermordet worden“, schreibt Tavassoli weiter. Und so geht das immer und immer weiter, immer der gleiche Sermon. Die bösen Imperialisten, die bösen US-Amerikaner sind an allem schuld und die Europäer und die NATO, das arme afghanische Volk, die mutigen Taliban, diese Freiheitskämpfer. Die Armut ist an allem schuld. Usw. usf.

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Parteiausschlussverfahren soll eingeleitet sein – Die Linke distanziert sich und fordert, alle Asylsuchenden in Deutschland Schutz zu geben

Die Linke Hamburger LINKE, zu denen Tavassoli bisher gehörte, hat sich von diesem deutlich distanziert, ein Parteiausschlussverfahren soll bereits eingeleitet sein. Zugleich zeigt sich DIE LINKE löblicherweise auch mit mit den vielen Menschenrechtlern und Aktivisten solidarisch, die sich dort über Jahre gegen den Terror religiöser Fanatiker gestellt haben und die jetzt um ihre Zukunft und auch ihr Leben fürchten müssen. Doch dann kommt gleich der nächste Hammer: Die Linke fordert nun, all diese Menschen mit einer Luftbrücke in Sicherheit zu bringen und allen Asylsuchenden in Deutschland Schutz zu geben:

„Am vergangenen Montag hat sich eine Privatperson auf Twitter zur Lage in Afghanistan geäußert. Diese Person war zum Zeitpunkt des Tweets Mitglied der Hamburger LINKEN.

Von diesen Äußerungen hat sich Hamburgs LINKE bereits am Montag auf Twitter klar distanziert. Da uns weiterhin zahlreiche Fragen und – völlig zu Recht – empörte Schreiben erreichen, erklärt die LINKE Hamburg erneut ihre Position.

B.T.s Fehleinschätzung der Situation in Afghanistan ist zynisch und grotesk. Er spricht in keiner Funktion für die LINKE oder eine ihrer Gliederungen. Gegen ihn laufen bereits seit Montag Parteiausschlussverfahren. Er hat selbst mittlerweile erklärt, nicht mehr Mitglied der LINKEN zu sein. Seinen Tweet von Montag hat er gelöscht und durch ebenso weitläufige wie fragwürdige Ausreden ersetzt. Dies alles trifft in der Hamburger LINKEN auf Empörung.

DIE LINKE hat sich von Beginn an gegen die diversen Militäreinsätze in Afghanistan gestellt – der Krieg dort stand und steht einer zivilen Entwicklung Afghanistans im Wege. Wir stehen bei allen Opfern dieses Krieges – auch bei den Angehörigen der ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldat:innen. Wir sind zutiefst besorgt über die Situation in Afghanistan und sind solidarisch mit all den Menschen, die dort nun in Gefahr sind. Wir sind solidarisch mit all den Menschen, die dort nun in Gefahr sind – etwa, weil sie die Bundeswehr oder Hilfsorganisationen unterstützt hatten. Wir sind auch solidarisch mit den vielen Menschenrechtler:innen und Aktivist:innen, die sich dort über Jahre gegen den Terror religiöser Fanatiker gestellt haben und die jetzt um ihre Zukunft und auch ihr Leben fürchten müssen. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, weit über das bisherige Maß hinaus all diese Menschen mit einer Luftbrücke in Sicherheit zu bringen und Asylsuchenden Schutz zu geben.“

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