Wird das Versprechen an die Deutschen bei Einführung des Euro nun endgültig gebrochen?

Von Jürgen Fritz, Di. 26. Okt 2021, Titelbild: tagesschau-Screenshot

Der Rücktritt von Bundesbankpräsident Jens Weidmann wirft tiefgehende Fragen auf, so auch bei Friedrich Merz. Bedeutet dies nun das Ende einer stabilitätsorientierten Geldpolitik in der Eurozone und damit den Bruch des Versprechens bei Einführung des Euro? Bezüglich der enorm wichtigen Personalentscheidung, wer das Amt von Jens Weidmann übernehmen wird, mahnt Merz dringend an, etwas Grundsätzliches zu beherzigen.

Friedrich Merz: Für die Geldpolitik ist die Notenbank verantwortlich, für die Haushalts- und Steuerpolitik das Parlament

Der überraschende Rücktritt von Bundesbankpräsident Jens Weidmann zum Jahresende rücke die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank genau zu dem Augenblick in den Fokus der Öffentlichkeit, zu dem die Preise steigen und die Inflationserwartungen diskutiert werden, schreibt der CDU-Politiker in seiner MerzMail 67.

Mit Jens Weidmann verlasse ein Präsident die Bundesbank und den Rat der Notenbankgouverneure in der Europäischen Zentralbank, der in der langen und bisher ungebrochenen Tradition seiner Vorgänger stand: dem Ziel der Geldwertstabilität ebenso verpflichtet wie der strikten Trennung von Geld- und Fiskalpolitik. Für die Geldpolitik sei allein die Notenbank verantwortlich, für die Haushalts- und Steuerpolitik allein der Gesetzgeber.

Das Ende einer stabilitätsorientierten Geldpolitik in der Eurozone und damit der Bruch des Versprechens bei Einführung des Euro?

Jens Weidmann habe die Durchbrechung dieser Regeln in Zeiten der Krise akzeptiert und den umfangreichen Ankauf der Staatsanleihen durch die EZB in Folge der Finanzkrise und der Corona-Pandemie für vertretbar gehalten. Aber er habe offensichtlich keine Möglichkeit mehr gesehen, diesen eingeschlagenen Weg in angemessener Zeit wieder zu verlassen und zu den Kernaufgaben der EZB zurückzukehren.

„Ist dies nun das Ende einer stabilitätsorientierten Geldpolitik in der Eurozone?, fragt Friedrich Merz. „So vermuten es jedenfalls zahlreiche Beobachter“, schreibt der Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU. Die Namen, die für die Nachfolge von Jens Weidmann genannt würden, stützten diese Vermutung. „Wenn es so käme, wäre dies auch das Ende der Währungspolitik, die wir den Deutschen vor gut 20 Jahren versprochen haben: Eine europäische Währung, die so stabil ist wie die D-Mark.“

Merz: Die zukünftige Bundesregierung wäre gut beraten, bei der Bestimmung des neuen Bundesbankpräsidenten einen parteiübergreifenden Konsens zu treffen

Wenn die neue Bundesregierung wie vorgesehen Anfang Dezember ihr Amt antreten sollte, dann stehe ihr sogleich diese wichtige Personalentscheidung bevor: Die Bestimmung eines neuen Bundesbankpräsidenten oder einer neuen Bundesbankpräsidentin, der oder die für Deutschland dann auch in den EZB-Rat eintrete. „Wer wird dies sein?“, fragt Merz. „Ein treuer Parteigänger der SPD? Ein Vertreter der Mehrheit im EZB-Rat, in dem dann kein ernstzunehmender Kritiker der expansiven Geldpolitik mehr sitzt? Oder ein Nachfolger in der Kontinuität aller bisherigen Bundesbankpräsidenten, der festhält an unserer Stabilitätskultur?“

Die zukünftige Bundesregierung sei jedenfalls gut beraten, diese für Deutschland so enorm wichtige Personalentscheidung sorgfältig vorzubereiten und sie auch im parteiübergreifenden Konsens zu treffen. Dies gelte zunächst innerhalb der Koalition, in der dann die FDP (und ein Finanzminister Christian Lindner?) eine Bewährungsprobe zu bestehen habe. Und dies gelte auch gegenüber der Union als größter Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag. So habe es die Regierung Schröder bei der Ernennung von Axel Weber gehalten, so habe es die Regierung Merkel bei der Ernennung von Jens Weidmann umgekehrt mit der SPD gehalten. Diese Personalentscheidung werde mehr sein als „nur“ eine politische Stilfrage, so Friedrich Merz abschließend.

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