Deutschland, ein gespaltenes Land? Wo Grüne und AfD jeweils am meisten reüssieren

Von Jürgen Fritz, Di. 28. Mai 2019

20,5 und 11,0 Prozent, so lauten die Zahlen, wenn man fragt, wie stark Die Grünen und die AfD, die beiden politischen Antipoden, bei der EU-Wahl abschnitten. Interessant und zugleich aufschlussreich wird es jedoch, wenn man sich genauer anschaut, wie diese beiden Parteien in den einzelnen Bundesländern und Regionen abschnitten, wer sie jeweils vor allem wählte. Und dabei ergibt sich fast zwangsläufig eine Frage: Ist Deutschland inzwischen ein gespaltenes Land?

A. Gesamtergebnis der EU-Wahl

Zunächst sei noch einmal das Gesamtergebnis genannt. Die EU-Wahl endete in Deutschland wie folgt (in Klammern die Veränderung zur EU-Wahl 2014):

  1. CDU/CSU: 28,9 % (– 6,4 %)
  2. GRÜNE: 20,5 % (+ 9,8 %)
  3. SPD: 15,8 %  (– 11,5 %)
  4. AfD: 11,0 % (+ 3,9 %)
  5. LINKE: 5,5 % (– 1,9 %)
  6. FDP: 5,4 % (+ 2,0 %)
  7. Sonstige: 12,9 % (+ 4,1 %)

2019-Endergebnis

Wie sehr sich das Bild in nur fünf Jahren gewandelt hat, sieht man hier auf diesen Bilden recht schön, die zeigen, welches in all den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten 2014 und 2019 jeweils die stärkste Partei war:

Stärkste Partei 2014 (2)  Stärkste Partei 2019 (2)

Wir sehen hier direkt:

  1. die SPD verschwindet zunehmend,
  2. auch CDU/CSU verlieren massiv,
  3. die Grünen sind vor allem im Westen stark im Kommen, wo sie vielfach schon die Nr. 1 sind,
  4. die AfD im Osten.

Doch schauen wir es uns noch genauer an.

B. Die Grünen: Partei der Groß- und Universitätsstädte und des Nordens

Betrachten wir zunächst, wie die Grünen in den einzelnen Bundesländern abschnitten:

  1. Hamburg: 31,2 %
  2. Schleswig-Holstein: 29,1 %
  3. Berlin: 27,8 %
  4. Hessen: 23,4 %
  5. Baden-Württemberg: 23,3 %
  6. Nordrhein-Westfalen: 23,2 %
  7. Bremen: 22,7 %
  8. Niedersachsen: 22,6 %
  9. Bayern: 19,1 %
  10. Rheinland-Pfalz: 16,7 %
  11. Saarland: 13,2 %
  12. Brandenburg: 12,3 %
  13. Mecklenburg-Vorpommern: 10,8 %
  14. Sachsen: 10,3 %
  15. Sachsen-Anhalt: 9,2 %
  16. Thüringen: 8,6 %

Die Grünen haben also drei klare Hochburgen: Hamburg, Schleswig-Holstein und Berlin, das heißt, sie sind stark im Norden des Landes und in Großstädten. In den zehn größten Städten des Landes holten sie durchweg über 20 Prozent, in Leipzig 20,2 (niedrigster Wert), in Köln 32,9 Prozent (höchster Wert). Die meisten Stimmen erhielten sie mit 38,5 Prozent in Freiburg im Breisgau, einer Stadt mit knapp 230.000 Einwohnern, die sehr stark von der Universität geprägt ist.

Sehr viel schwächer sind die Grünen in den fünf neuen Flächen-Bundesländern im Osten und im Saarland, wie insgesamt in eher ländlichen Gebieten. Ganz anders dagegen die AfD.

C. Die AfD: Partei des Ländlichen und der fünf neuen Flächenländer im Osten

  1. Sachsen: 25,3 %
  2. Thüringen: 22,5 %
  3. Sachsen-Anhalt: 20,4 %
  4. Brandenburg: 19,9 %
  5. Mecklenburg-Vorpommern: 17,7 %
  6. Baden-Württemberg: 10,0
  7. Hessen: 9,9 %
  8. Berlin: 9,9 %
  9. Rheinland-Pfalz: 9,8 %
  10. Saarland: 9,6 %
  11. Nordrhein-Westfalen: 8,5 %
  12. Bayern: 8,5 %
  13. Niedersachsen: 7,9 %
  14. Bremen: 7,7 %
  15. Schleswig-Holstein: 7,4 %
  16. Hamburg: 6,5 %

Hier ist das Bild nahezu umgedreht. Im Norden des Landes ist die AfD am schwächsten, in den fünf neuen Flächen-Bundesländern mehr als doppelt so stark wie im Westen. Die meisten Stimmen erhielt sie hierbei mit 32,9 Prozent im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, im Südosten von Sachsen an der Grenze zu Tschechien, also in einem sehr ländlichen Gebiet.

D. Die Grünen: Partei der 20-Jährigen, AfD: Partei der 35 bis 59-Jährigen

Bei den Grünen sehen wir ferner genau umgekehrt wie bei CDU/CSU und der SPD, den beiden Rentnerparteien, ein klares Gefälle: je älter die Menschen, desto seltener wählen sie grün. Laut Forschungsgruppe Wahlen holten die Grünen bei den

  • 18- bis 29-Jährigen ca. 31 Prozent der Stimmen,
  • in den Altersgruppen 30 bis 44 und 45 bis 59 jeweils 23 Prozent,
  • bei den Ü60-igern dagegen nur noch 13 Prozent.

Oder wenn wir die Daten von Infratest dimap zu Grunde legen, welches noch feiner differenziert:

Altersgruppen-6

Hier sehen wir noch deutlicher: Die Grünen punkten bei den ganz jungen Wählern von 18 bis 24 Jahren, die gerade von der Schule gekommen oder noch an der Uni sind, das heißt noch nie selbst im Erwerbsleben standen und seit 15 bis 20 Jahren permanenter Indoktrination ausgesetzt waren, weit überproportional, holen hier jede dritte Stimme. Schon bei den 25- bis 34-Jährigen lässt das deutlich nach und wird dann immer weniger, während die AfD bei den 35- bis 59-Jährigen am stärksten ist, also bei denen, die mitten im Erwerbsleben stehen.

Die SPD und noch mehr die CDU sind dagegen richtige Rentnerparteien, die CDU im Grunde eine Greisenpartei. Bei den 70-, 80-, 90-Jährigen holt sie fast die Hälfte aller Stimmen.

E. CDU und SPD sind die Rentnerparteien, Grüne die Angestellten- und Selbstständigenpartei, AfD ist die Arbeiterpartei

Wähler nach Tätigkeit

Die Rentnerparteien-Eigenschaft bei CDU und SPD sehen wir auch hier nochmals sehr schön. Die Grünen sind dagegen primär eine Angestellten und Selbstständigenpartei, holt aber bei den Arbeitslosen überraschenderweise nach der AfD die meisten Stimmen. Die FDP ist dagegen klar eine Selbstständigenpartei. Hier holt sie mindestens doppelt so viele Stimmen wie bei jeder anderen Gruppe, sogar viermal so viele wie bei den Arbeitslosen.

Die AfD ist dagegen primär die Arbeiter- und Arbeitslosenpartei, hat also zu einem großen Teil das Klientel der früheren SPD übernommen, punktet aber auch bei Selbstständigen leicht überdurchschnittlich. Noch viel stärker Arbeitslosenpartei ist Die Linke, die bei diesem Klientel mehr als doppelt so viele Stimmen holt wie bei allen anderen.

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Titelbild: ZDF-Screenshot

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