Von Jürgen Fritz, So. 21. Mrz 2021, Titelbild: ATP Tennis TV-Screenshot
Geschafft! Alexander Zverev gewinnt das ATP 500 Turnier (D-Kategorie) in Acapulco, schlägt dort im Finale den Weltranglistenfünften Stefanos Tsitsipas nach 2:17 Stunden mit 6:4, 7:6. Dies ist sein erster Sieg bei einem höherrangigen Turnier oberhalb der ATP 250-Serie (E) seit November 2018. Beim D-Turnier in Dubai kam es dagegen ganz anders als in Acapulco, wo sich die Eins und die Zwei des Turniers im Endspiel gegenüberstanden, zu einem Überraschungsfinale.
Dubai: Zwei Überraschungsfinalisten
Fangen wir an mit Dubai. Dort standen sich gestern nicht, wie man vor dem Turnier vermutet hätte, Dominic Thiem und Andrey Rublev im Enspiel gegenüber und auch nicht die an Drei und Vier gesetzten Denis Shapovalov und Roberto Bautista Agut, sondern zwei ganz andere. Alle 15 gesetzten Spieler waren zuvor ausgeschieden. Dominic Thiem, der dieses Jahr überhaupt nicht in die Gänge kommt, schied sofort in seinem ersten Match in der 32er Runde gegen den Südafrikaner Lloyd Harris sang- und klanglos aus, verlor gegen diesen mit 3:6, 4:6.
Und Harris, die Nr. 81 im ATP Ranking, der zuvor durch das Qualifikationsturnier musste, um überhaupt in das 48er Hauptfeld zu gelangen, spielte sich dann tatsächlich bis ins Endspiel durch, schlug im Viertelfinale Kei Nishikori und im Halbfinale – nächste große Überraschung! – auch noch den an Drei gesetzten Denis Shapovalov, den er nach 2:41 Stunden mit 6:7, 6:4, 7:6 förmlich niederrang.
Im Finale traf Harris dann gestern auf die zweite Turnierüberraschung, den Russen Aslan Karatsev. Dieser hatte bereits bei den Australian Open für Furore gesorgt, wo er als Qualifikant bis ins Halbfinale kam, unter anderem Diego Schwartzman (die Nr. 9 im ATP Ranking), Felix Auger-Aliassime (19) und Grigor Dimitrov (21) schlug. Erst Novak Djokovic hatte den Russen in Melbourne im Semifinale stoppen können. Nun schlug der 27-Jährige, der zuvor noch niemals in einem Endspiel eines ATP-Turnier stand, gleich wieder zu und erreichte in Dubai (D) tatsächlich das Finale. Dabei schlug die Nr. 42 der Welt im Viertelfinale den sehr starken jungen Italiener Jannik Sinner in drei Sätzen.
Im Halbfinale traf Karatsev dann auf den aktuellen ATP 500-König, seinen Landsmann Andrey Rublev, der seit Hamburg im September 2020 vier D-Turniere in Folge gewinnen konnte, seit 22 Matches bei ATP 500-Turnieren ungeschlagen war. Rublev, die Nr. 8 im ATP Ranking, ging als klarer Favorit ins Halbfinale, doch es sollte anders kommen. Karatsev schlug Rublev 6:2, 4:6, 6:4 und erreichte das erste ATP-Endspiel in seiner Laufbahn. Dort hatte er gestern mit Harris, dem Thiem-Bezwinger, wenig Probleme und besiegte ihn glatt mit 6:3, 6:2. Der 27-Jährige gewinnt damit sein erstes ATP-Turnier und steigt in der morgigen Weltrangliste von 42 auf 27. So hoch stand er noch nie. Doppelte Gratulation an den bisherigen Überraschungsspieler 2021, der zu Jahresbeginn noch auf Position 112 stand!
Acapulco: Tsitsipas und Zverev setzen sich durch
Ganz anders verlief dagegen das D-Turnier in Mexiko. Hier konnten sich die zwei top-gesetzten Spieler durchsetzen. Stefanos Tsitsipas, die Nr. 5 der Welt, marschierte völlig problemlos durch die zwei ersten Runden und traf im Viertelfinale auf den 20-jährigen Felix Auger-Aliassime, gegen den er in vier Begegnungen bereits zweimal verloren hatte. Dessen Spiel scheint Tsitsiaps nicht zu liegen. Auch dieses Mal hatte er wieder Probleme, konnte sich aber nach 2:03 Stunden mit 7:5, 3:6, 6:4 durchsetzen. Im Halbfinale traf Tsitsipas dann auf den gerade 19 Jahre alt gewordenen Italiener Lorenzo Musetti. Der hatte gleich in der ersten Runde die Nr. Drei des Turniers Diego Schwartzman aus dem Turnier geworfen und im Viertelfinale die Nr. Fünf Grigor Dimitrov. Doch im Halbfinale war dann Schluss für das Supertalent. Tsitsipas zeigte dem gut drei Jahre Jüngeren seine Grenzen auf und schlug ihn glatt mit 6:1, 6:3. Damit stand er im Endspiel.
Dort traf er dann heute Nacht auf Alexander Zverev. Welch Traumfinale für ein D-Turnier: Die Nr. 5 der Welt gegen die Nr. 7. Zverev war ohne größere Probleme ins Endspiel durchmarschiert, gab keinen einzigen Satz ab und hatte einmal sogar eine freie Runde, weil sein Gegner verletzungsbedingt nicht antreten konnte. Im Halbfinale gegen seinen deutschen Landsmann Dominik Koepfer wurde es zwar etwas enger, die Partie wurde sogar von einem leichten Erdbeben erschüttert, aber am Ende siegte Zverev nach 2:09 Stunden dann doch souverän mit 6:4, 7:6. Nun also das Endspiel gegen Tsitsipas. Die persönliche Bilanz lautete bislang 5:1 für den Griechen.
Ein wichtiges Endspiel für beide Spieler
Für beide wäre ein Turniersieg bei diesem ATP 500-Turnier wichtig gewesen. Denn beide waren dieses Jahr noch ohne Turniergewinn. Tsitsipas spielt dieses Jahr zwar recht gut, ist mehr als ordentlich in die neue Saison gestartet, aber der 22-jährige Grieche hat in seiner gesamten Karriere bislang nur einmal ein höherrangiges Turnier gewonnen, nämlich die ATP Finals (B) im November 2019. Seine vier anderen Turniersiege waren alle bei niederrangigen E-Turnieren (ATP 250). Außerdem war seine bisherige Endspiel-Bilanz mit 5-7 doch eher bescheiden. Über 58 Prozent seiner Endspiele hatte Tsitsipas bislang verloren. Nicht gut für einen absoluten Spitzenspieler, für die Nr. 5 der Welt.
Aber auch für Zverev war dieses Match sehr wichtig. Der Deutsche, der nur knapp 16 Monate älter ist, hatte zwar anders als Tsitsipas bereits 13 Turniersiege vorzuweisen und vor allem jede Menge höherrangige Turniere gewonnen, aber seit November 2018 war ihm Letzteres nicht mehr gelungen. Bis dahin hatte er ein großartige Serie hingelegt, gewann von 2016 bis 2018 nicht nur drei ATP 250-Tournaments (E), sondern auch zwei D-Turniere (ATP 500), drei Masters 1000 (C) und die ATP Finals 2018 (B). Dies war allerdings sein letzter großer Turniererfolg. Es folgten noch drei weitere E-Turniersiege – einer in 2019, zwei in 2020 in Köln -, aber keine größeren Titel mehr. Doch das sollte sich heute Nacht ändern.
Alexander Zverev gewinnt erstmals seit November 2018 wieder ein höherrangiges Turnier
Zverev startete schwach, lag schnell mit 0:3 und 1:4 zurück, kam dann aber allmählich besser ins Spiel hinein. Als ihm unter anderem mit einer Wahnsinns-Rückhand longline das Break zum 3:4 gelang, war er wieder im Match drin. Bei 4:4 und 30:40 aus seiner Sicht zeigte dann Tsitsipas wieder einmal Nerven und gab sein Service mit einem Doppelfehler ab. Nun hatte Zverev aus einem 1:4 ein 5:4 gemacht und schlug zum Satzgewinn auf. Der Deutsche trieb seinen Gegner nun immer mehr in die Defensive und gewann Satz eins nach knapp 50 Minuten tatsächlich mit 6:4, gewann fünf Games in Folge.
Satz zwei begann Zverev ähnlich, wie er den ersten Satz beendet hatte, eröffnete gleich mit einem knallharten Vorhand-Passierschlag. Nun ging das Match aber voll auf Augenhöhe hin und her. Bis zum 4:4 konnte sich keiner der beiden von dem anderen absetzen. Dann aber schlägt Tsitsipas bei 4:6, 4:4 auf und hat bei 15:40 zwei Breakbälle gegen sich. Und wieder serviert er bei Breakball einen Doppelfehler. Damit seht es 6:4, 5:4 für Zverev und dieser kann nun zum Match- und Turniergewinn servieren. Bei 40:30 hat die Nr. 7 der Welt nach nur 1:40 Stunde Spielzeit dann auch tatsächlich seinen ersten Championship Point. Nun macht aber Tsitsipas enorm viel Druck mit seiner Vorhand und zwingt Zverev zum Fehler. Matchball abgewehrt. Der Grieche kann sich jetzt sogar einen Breakball erspielen und nun serviert Zverev einen Doppelfehler zum 5:5. Alles wieder offen im zweiten Satz.
Der Deutsche versucht nun, dran zu bleiben, erspielt sich gleich wieder selbst einen Breakball zum 6:5, den Tsitsispas aber grandios abwehrt und seinen Aufschlag halten kann. Nachdem Zverev zum 6:6 nachzieht, geht es also in den Tiebreak. Dieser muss nun den zweiten Satz entscheiden. Alexander Zverev schlägt jetzt mehrfach exzellente Passierschläge und geht mit 6:2 in Führung. Vier Championship Points in Reihe. Das muss doch jetzt reichen! Tsitsipas stemmt sich zwar noch einmal gegen die drohende Niederlage, verkürzt auf 3:6 und macht vor allem mit seiner mächtigen Vorhand weiter Druck, stürmt erneut ans Netz, aber Zverev passiert ihn wieder zum 7:3 im Tiebreak. Damit gewinnt der Deutsche nach 2:17 Stunden mit 6:4, 7:6 und bleibt das gesamte Turnier ohne Satzverlust.
Der einzige Spieler unter 25 Jahre, der schon mehr als zehn ATP-Turniere gewinnen konnte: Alexander Zverev
„Es war ein unglaubliches Turnier für mich. Ich bin extrem glücklich mit diesem Titel“, sagte der Sieger nach dem Match. „Das ist ein Ort, an den ich extrem gerne komme. Ich hoffe, dass ich weiterhin so spielen kann wie hier“, so Zverev. Nächste Woche geht es nun zum ersten C-Turnier des Jahres, dem Masters 1000 in Miami. Darauf angesprochen meinte der frischgebackene Acapulco-Champ: „Ich will jetzt erstmal fünf Minuten glücklich sein, dann beschäftige ich mich damit“.
In Miami kam es zu einer wahren Absageflut der Top-Acht-Spieler. Zuerst zog Federer zurück, dann Nadal und schließlich auch Thiem und Djokovic. Damit fehlt die Hälfte der absoluten Weltspitze beim erstes Masters 1000-Turnier des Jahres. Mit dabei werden aber sein neben Medvedev und Rublev: Tsitsipas und Zverev, die an 2 und 3 gesetzt sein werden, nach Medvedev und vor Rublev.
Dass Alexander Zverev über diesen Turniersieg extrem glücklich ist, ist mehr als nachvollziehbar. Es ist, wie erwähnt, sein erster Sieg bei einem höherrangigen Turnier seit November 2018. Und mit nunmehr 14 Turniersiegen ist der Deutsche, der in einem Monat 24 Jahre alt wird, schon jetzt einer der erfolgreichsten aktiven Spieler.
Noch aktive Spieler mit den meisten ATP-Turniersiegen
- Roger Federer (39 Jahre): 103 Turniersiege ==> 20 A Titel – 6 B – 28 C – 24 D – 25 E
- Rafael Nadal (34): 86 ==> 20 – 1 – 35 – 21 – 9
- Novak Djokovic (33): 82 ==> 18 – 5 – 36 – 14 – 9
- Andy Murray (33): 46 ==> 3 – 3 – 14 – 9 – 17
- Juan Martin del Potro (32): 22 ==> 1 – 0 – 1 – 9 – 11
- Marin Cilic (32): 18 ==> 1 – 0 – 1 – 2 – 14
- Jo-Wilfried Tsonga (35): 18 ==> 0 – 0 – 2 – 2 – 14
- Dominic Thiem (27): 17 ==> 1 – 0 – 1 – 5 – 10
- Stan Wawrinka (35): 16 ==> 3 – 0 – 1 – 3 – 9
- John Isner (35): 15 ==> 0 – 0 – 1 – 0 – 14
- Richard Gasquet (34): 15 ==> 0 – 0 – 0 – 0 – 15
- Alexander Zverev (23): 14 ==> 0 – 1 – 3 – 3 – 7
- Gilles Simon (36): 14 ==> 0 – 0 – 0 – 1 – 13
- Kei Nishikori (31): 12 ==> 0 – 0 – 0 – 6 – 6
- Daniil Medvedev (25): 10 ==> 0 – 1 – 3 – 1 – 5
- Gael Monfils (34): 10 ==> 0 – 0 – 0 – 3 – 7
- Sam Querrey (33): 10 ==> 0 – 0 – 0 – 2 – 8
Und im Vergleich dazu die bislang erfolgreichsten U25-Spieler nach Zverev:
- Andrey Rublev (23): 8 ==> 0 – 0 – 0 – 4 – 4
- Stefanos Tsitsipas (22): 5 ==> 0 – 1 – 0 – 0 – 4
Alexander Zverev ist mithin der einzig aktive Spieler unter 25 Jahre, der bereits mehr als zehn Turniere gewinnen konnte, davon sieben höherrangige, genau wie der gut dreieinhalb Jahre ältere Dominic Thiem und der fast 36-jährige Stan Wawrinka, die bislang ebenfalls sieben höherrangige Turniere gewonnen haben (Medvedev 5, Rublev 4, Tsitsipas 1). Medvedev, Zverev, Rublev und Tsitsipas sind zugleich die vier Top-Favoriten auf den Turniersieg beim am Mittwoch beginnenden Masters 1000 in Miami, dem ersten C-Turnier des Jahres. Federer, Nadal, Djokovic, Thiem und Wawrinka haben bereits abgesagt.
Das sechste Jahr in Folge immer mindestens ein Turnier gewonnen
Und noch einen Rekord kann Zverev nun vorweisen: Er hat seit 2016 nunmehr das sechste Jahr in Folge jede Saison mindestens ein ATP-Turnier gewonnen. Damit ist er unter den aktiven Spielern auch in dieser Hinsicht schon jetzt mit nicht mal 24 Jahren herausragend:
- Rafael Nadal: 17 Jahre (2004 bis 2020)
- Novak Djokovic: 16 Jahre (2006 bis 2021)
- Dominic Thiem: 6 Jahre (2015 bis 2020) und Alexander Zverev: 6 Jahre (2016 bis 2021)
Auf die Jahre verteilt sah das bei Zverev so aus:
- 2016: 1 Turniersieg (E)
- 2017: 5 Turniersiege (EECDC)
- 2018: 4 Turniersiege (ECDB)
- 2019: 1 Turniersieg (E)
- 2020 (60 Prozent-Saison): 2 Turniersiege (EE)
- 2021: 1 Turniersieg (D)
Und dabei können sich die 14 Turniererfolge von Zverev auch von der Wertigkeit her durchaus sehen lassen. Zwar gewann er noch kein A-Turnier (Grand Slam), aber einmal (2018) die ATP Finals (B), drei Masters 1000 (C), nunmehr auch drei ATP 500er (D) und sieben niederrangigere ATP 250er (E).
Die Final-Highlights
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