Wie der Verfassungsschutz einen Professor attackiert, der die eigenen Mitarbeiter ausbildet

Von Jürgen Fritz, Fr. 29. Okt 2021, Titelbild: YouTube-BILD-Screenshot

Ein Professor, der Mitarbeiter des Geheimdienstes im Bereich Sicherheitspolitik ausbildet, hat es gewagt, den Verfassungsschutz unter Thomas Haldenwang öffentlich zu kritisieren. Letztlich stellt sich die Frage, ob dieser Verfassungsschutz unser Grundgesetz als rechtsradikal diffamiert. Und was tut nun diese Behörde auf die Kritik hin? Sie gibt dem BND „Hinweise“, der Professor hätte „Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“.

Haben wir es inzwischen mit einem verfassungswidrigen Verfassungsschutz zu tun, der das Grundgesetz selbst als rechtsradikal diffamiert?

Prof. Martin Wagener bildet am Zentrum für Nachrichtendienstliche Aus- und Fortbildung (ZNAF), einer gemeinsamen Ausbildungseinrichtung von BND und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Berlin, angehende Mitarbeiter des Geheimdienstes im Bereich Sicherheitspolitik aus. Nun kritisiert Prof. Wagner, insbesondere in seinem Buch Kulturkampf um das Volk: Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen, den Verfassungsschutz. Sein Vorwurf, den er umfangreich begründet:

Die Verfassungsschutzbehörde lasse sich parteipolitisch instrumentalisieren. Der im Grundgesetz angelegte und auch bis noch vor wenigen Jahren in Regierungsdokumenten üblichen Volksbegriff werde vom Verfassungsschutz mittlerweile als rechtsradikal stigmatisiert. Sollte die Kritik von Prof. Wagner zutreffen und es gibt wohl starke Hinweise, dass dem so ist, dann hätten wir quasi einen verfassungswidrig agierenden Verfassungsschutz, der den Volksbegriff des Grundgesetzes negiert, der das Grundgesetz selbst als rechtsradikal diffamiert.

Reaktion des BfV auf Wagners Kritik: Es gibt dem BND Hinweise, Wagener hätte verfassungsfeindliche Bestrebungen

Prof. Wagner zeigt zumindest auf, dass hier einiges im Argen liegt in dieser Behörde, seit im November 2018 Thomas Haldenwang zum Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ernannt wurde. Die Behörde ist dem Bundesinnenministerium unterstellt, ist also – anders als Gerichte – politisch nicht unabhängig ist, sondern muss im Grunde mehr oder weniger im Sinne der gerade regierenden Parteien agieren, ansonsten können diese die Abberufung der BfV-Führung veranlassen.

Und was macht nun die Verfassungsschutzbehörde? Wie reagiert sie auf die Kritik von Professor Wagner? Sie gibt dem Bundesnachrichtendienst „Hinweise“, Wagner hätte „Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“, was wohl schon als lachhaft bezeichnet werden muss, geht es Wagner doch gerade darum, unserer Verfassung Geltung zu verschaffen und nicht grundgesetzwidrig zu agieren, insbesondere vom Bundesamt für Verfassungsschutz, dessen Aufgabe es ja gerade ist, das Grundgesetz zu schützen.

Der BND erteilt Wagener daraufhin Hausverbot in seiner Hochschule

Auf diesen Hinweis hin vom BfV muss der BND Wagner dann diese Woche mitteilen (der BND selbst kann wohl nicht anders, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz solches behauptet, er hat ja keine Möglichkeit, das auf die Schnelle selbst zu überprüfen und muss sich hier auf das BfV verlassen), dass der Professor in der Hochschule einstweilen Hausverbot habe und die offizielle digitale Lernplattform der Hochschule nicht mehr (uneingeschränkt) nutzen könne, so dass der Kontakt zu seinen Studenten offiziell abgeschnitten wird.

Offensichtlich ist dies ein Angriff auf Wagners Professur, weil er behauptet, dass die Verfassungsschutzbehörde sich vom im Grundgesetz verankerten Volksbegriff gelöst habe und sich politisch instrumentalisieren lasse.

Die Verfassungsschutzbehörde und die Massenmedien werden nun mit aller Macht versuchen, Wagener als Person völlig zu diskreditieren

Das Bundesamt für Verfassungsschutz, das in der Amtszeit von Thomas Haldenwang selbst mehrfach gegen das Grundgesetz  verstoßen habe und dem vom Verwaltungsgericht Köln attestiert wurde, kein Vertrauen mehr in die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes zu haben, so der Vorwurf von Wagener, wird nun zusammen mit den mindestens teilweise, zum Teil auch mehr als das, grundgesetz-aversen Massenmedien alles versuchen, um Professor Wagner als Person vollkommen zu diskreditieren, da dieser offenbar den Finger in eine ganz empfindliche Wunde legte.

Denn der Souverän ist laut Grundgesetz das Staatsvolk (die Summe der deutschen Staatsbürger), nicht die Bevölkerung (alle, die sich dauerhaft auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten). Dies soll aber offenbar immer mehr untergraben werden. Die Grünen negieren beispielsweise oftmals sogar schon den Begriff Staatsvolk, so auch Robert Habeck, kurz bevor der Bundesvorsitzender der Grünen wurde, womit sie sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.

Bei dieser Auseinandersetzung geht es um die Basis unseres Zusammenlebens: unsere Verfassung

Auch die bisherige Bundeskanzlerin Angela Merkel ging die letzten Jahre zunehmend dazu über, gar nicht vom Staatsvolk, also dem Souverän unserer Demokratie zu sprechen, sondern nur noch von der Bevölkerung. Der Verfassungsschutz ging aber nicht gegen die Grünen oder gar die Bundeskanzlerin vor, um zu überprüfen, ob sie sich noch innerhalb des Grundgesetzes bewegen, sondern er greift den an, der die Verfassungsschutzbehörde öffentlich kritisierte und auf Missstände aufmerksam machte, und wirft nun ihm grundgesetzwidrige Bestrebungen vor, was wohl als einigermaßen absurd angesehen werden muss.

Bei dem Ganzen geht es um nichts Geringeres als unsere Verfassung, die absolute Basis unseres Rechts und unseres Zusammenlebens, die von den hegemonialen Kräften offensichtlich umgedeutet und die in ihrem Kern verändert werden soll, das aber auf nicht legalem, auf nicht demokratischem Wege.

Martin Wagener: Je multikultureller die deutsche Gesellschaft wird, desto verfassungsfeindlicher und antisemitischer (judenfeindlicher) wird sie

Wagner dürfte dabei gewissen Kreisen schon länger ein Dorn im Auge gewesen sein. Vor dem Hintergrund judenfeindlicher Demonstrationen sowie Umfragen, wonach viele Muslime die Regeln des Korans über das Grundgesetz stellen, schrieb Wagener schon vor Monaten.

„Es ist daher nicht einmal mehr besonders provokativ, wenn in generalisierender Form prognostiziert wird: Je multikultureller die deutsche Gesellschaft wird, desto verfassungsfeindlicher und antisemitischer (genauer: judenfeindlicher, jf) wird sie.“

Die Einwanderung in die Bundesrepublik erfolge zu großen Teilen aus einem Kulturkreis, der Israel und dem Judentum feindlich gegenüberstehe, so Wagener.

„Im alles dominierenden ‚Kampf gegen rechts‘ merken die derzeitigen medialen und politischen Eliten offensichtlich gar nicht, dass sie aus den ‚Erfahrungen von Weimar‘ nur wenig gelernt haben. Sie sehen sich als moralische Avantgarde, die zu wissen glaubt, was gut für die Deutschen ist.“

Die Kulturnation soll durch eine Willensnation ersetzt werden (und der Souverän unserer Demokratie soll verändert werden)

Das Ziel der politischen Eliten (also der Machteliten, die nicht mit den geistigen Eliten identisch sein müssen) sei es,

„die gewachsene deutsche Kulturnation durch eine Willensnation zu ersetzen, womit für die deutsche Linke ein Traum wahr würde.“

Wagener reihte hier auch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Anhänger eine Willensnation ein. Im Februar 2017 sagte Merkel wörtlich: „Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt“, was offensichtlich falsch ist – die Bevölkerung ist eben etwas anderes als das Staatsvolk – und was darauf hindeutete, dass auch Merkel sich vom Staatsvolk als Souverän und damit einem zentralen Aspekt unserer Verfassung bereits verabschiedet hatte. Ähnliches gilt schon länger für Bundespräsident Steinmeier.

Zur Vertiefung

1. Prof. Dr. Martin Wagener: der Podcast, Der Gegenschlag: Wie der Verfassungsschutz meine Professur attackiert

2. Martin Wagener: Kulturkampf um das Volk: Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen, Juli 2021, 512 Seiten, EUR 26,00

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3. Robert Habeck: Es gibt kein Volk, ergo auch keinen Volksverrat

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