Die Grünen: völlig unterschätzt

Von Jürgen Fritz, Do. 02. Mai 2019

Die große Gefahr für die Union ist nicht die AfD, deren Potential ist und wird doch sehr begrenzt, die große Gefahr sind Die Grünen. Diese können CDU und CSU viel mehr Stimmen wegnehmen. Ihr Potential wird von vielen konservativen und rechten Wählern, die sich oft sehr schwer tun, sich in Denk- und Urteilsweise jener hineinzuversetzen, bisweilen völlig unterschätzt. Während die AfD derzeit ein Potential von maximal 14 bis 19 Prozent hat, mehr würden die AfD auch dann nicht wählen, wenn diese optimal performen würde, wovon sie weit entfernt ist, haben die Grünen laut INSA-Analyse ein Potential von 19 bis 37 Prozent.

Die Grünen haben derzeit ein Gesamtpotential von ca. 37 Prozent

INSA fragt in seiner Potential-Analyse erstens: „Wen würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahlen wären?“. Hierauf antworteten beim vorletzten Mal (18.04. bis 21.04.2019) bei der repräsentativen Hochrechnung 17 Prozent: „Die Grünen“, beim letzten Mal (26.04. bis 29.04.2019) sogar 19 Prozent. Bei den anderen Umfrage-Instituten sieht es ganz ähnlich aus. Alle kommen derzeit für Die Grünen auf Werte von 18 bis 21 Prozent, im Schnitt knapp über 19 Prozent.

Zweitens fragte INSA bei seiner vorletzten Befragung auch: „Welche der folgenden (anderen) Parteien könnten Sie sich grundsätzlich auch vorstellen zu wählen?“ Hierauf antworteten respräsentativ hochgerechnet 20 Prozent „Die Grünen“. Rechnen wir die 17 Prozent hinzu, die bei der gleichen Befragung angaben, Die Grünen wären derzeit ihre Nummer eins, so kommen wir auf ein Gesamtpotential von rund 37 Prozent. Zum Vergleich hier die anderen Parteien:

  1. CDU/CSU: 30 % + 16 % = 46 %
  2. GRÜNE: 17 % + 20 % = 37 %
  3. SPD: 16 % + 21 % = 37 %
  4. FDP: 10 % + 21 % = 31 %
  5. LINKE: 10 % + 13 % = 23 %
  6. AfD: 14 % + 5 % = 19 %

Zwei Drittel der Wähler sagen: AfD geht gar nicht!

Bei der AfD sind also nach INSA derzeit selbst unter optimalen Bedingungen, wenn alle, die sich irgendwie vorstellen könnten, die Alternative für Deutschland zu wählen, nicht mehr als 19 Prozent drin, wobei wir davon ausgehen müssen, dass keine Partei ihr Potential je voll ausschöpfen kann. Es ist unmöglich, dass man jeden dazu kriegt, der sich eine Partei grundsätzlich vorstellen kann, sie dann auch tatsächlich wählt. Man kann aber versuchen, diesem Maximalpotential möglichst nahe zu kommen, meinetwegen bis auf zwei, drei Punkte.

Drittens fragt INSA dann regelmäßig auch noch „Und welche der folgenden Parteien können Sie sich grundsätzlich gar nicht vorstellen zu wählen?“ Hierauf antworteten die Befragten wie folgt:

  1. SPD: 21 %
  2. FDP: 21 %
  3. CDU/CSU: 25 %
  4. GRÜNE: 26 %
  5. LINKE: 34 %
  6. AfD: 66 %

Die AfD kommt also für zwei Drittel absolut überhaupt nicht in Frage, bei den Grünen ist dies ähnlich wie bei der Union nur ein Viertel der Wähler.

INSA-Potential-Analyse-2019-04

Bei den U40-Wählern sind Die Grünen schon jetzt die klare Nummer 1

Bei der EU-Wahl am 26. Mai 2019 können Die Grünen durchaus bereits mit um die 18 (ca. 16 – 19) Prozent rechnen und bei Bundestagswahlen wären sie wohl sogar noch etwas stärker. Wenn die Grünen in den nächsten Monaten und Jahren aber geschickt sind und die anderen größere Fehler machen respektive schwach performen, können Bündnis 90/Die Grünen mittelfristig aber sogar in die Dimension von 20 bis 25, wenn nicht sogar 30 bis 35 Prozent hineinwachsen. Denn, und das kommt erschwerend hinzu, bei den jungen Wählern sind sie schon jetzt die klare Nummer eins.

Betrachten wir die nicht mehr ganz aktuellen Zahlen von Civey von einer Befragung von Ende November bis Anfang Dezember 2018, so können wir, auch wenn sie die Zahlen seither ein wenig verändert haben, aber doch sehen, wie sich die Stärke der jeweiligen Parteien bezogen auf die Altersgruppen sehr unterschiedlich darstellt. Bei den 18- bis 29-Jährigen ergab sich nämlich folgende Reihenfolge (in Klammern die Ergebnisse aller Befragter):

  1. GRÜNE: 27,5 % (19,9 %) –> ein Plus von 7,6 % bei den Jungen
  2. CDU/CSU: 19,7 % (26,5 %) –> ein Minus von 6,8 % bei den Jungen
  3. AfD: 14 % (15,9 %) –> ein Minus von 1,9 % bei den Jungen
  4. SPD: 13,3 % (15 %) –> ein Minus von 1,7 % bei den Jungen
  5. LINKE: 10 % (9,4 %) –> ein Plus von 0,6 % bei den Jungen
  6. FDP: 9,7 % (9,5 %) –> ein Plus von 0,2 % bei den Jungen
  7. Sonstige: 5,8 % (3,8 %) –> ein Plus von 2 % bei den Jungen

Wahlabsichten nach Altersgruppen

Der Union sterben die Wähler weg, während Die Grünen immer mehr jungen Zulauf erhalten

Bei den 30- bis 39-Jährigen sind Die Grünen übrigens auch die Nummer 1, nur bei den 65+Wählern sind sie relativ schwach. Hier sehen wir auch sehr schön, welch Riesenproblem vor allen Dingen die Union hat, die ausschließlich bei den 65+Wählern überperformt: Ihr sterben die Wähler allmählich weg, während die jungen Neuwähler, die nachwachsen vor allem Die Grünen wählen. Der Zeitgeist ist grün, die Uni-Dozenten sind oft sehr oft grün, die Schullehrer, und sogar die Erzieherinnen in den Kindergärten. Das heißt, die Jugend wird von klein auf Richtung grün getrimmt. Daher wird auch ein grüner Kanzler in den nächsten Jahren zunehmend wahrscheinlich.

Dagegen finden CDU und CSU kein Rezept, zumal die Grünen auch die Massenmedien beherrschen. Keine andere Partei hat unter den Massenmedien-Journalisten so viele Anhänger wie die Grünen. Wenn die Union sich gegen diese positioniert, die jung und hipp, die modern und aufgeschlossen wirken, dann erscheinen CDU und CSU dagegen noch hausbackener und rückwärtsgewandter und verlieren noch mehr Wähler an die Grünen. Also rücken sie schon alleine aus der Not heraus immer näher an die Grünen ran, rein aus Machtkalkül. Damit aber verlieren wie wieder einige Wähler an die AfD, welche ihre Stärken vor allem bei den 30- bis 50-Jährigen hat, wobei sich diese Unionsverluste, wie gesagt, doch noch in Grenzen halten. 10 oder 15 Prozent für die AfD tun der CDU und CSU natürlich schrecklich weh, weil da viele ihrer ehemaligen Wähler dabei sind, aber die Grünen sind aus Unions-Sicht viel gefährlicher.

Die AfD ist wichtig, aber im Grunde ein zahnloser Tiger

Die AfD ist im Grunde, da sie auch keinerlei Medienmacht besitzt, ein zahnloser Tiger, der im Parlament zwar dabeisitzen darf, aber auch dort im Grunde gar nichts großartig bewirkt, außer dass bestimmte Dinge endlich mal klar und deutlich ausgesprochen werden, auch im höchsten deutschen Parlament. Das ist natürlich sehr wichtig, tut auch den Etablierten weh, der Schmerz hält sich aber insofern in Grenzen, weil die Massenmedien wiederum so berichten, dass davon bei 90 Prozent der Bürger gar nichts ankommt.

Kann sein, dass ich mich täusche, ich hoffe es!, aber meine Vermutung ist, dass die Union und überhaupt die Konservativen den Kulturkampf gegen die Grünen und die Neuen Linken im Grunde verloren haben. Sie hätten viel früher massiv gegensteuern müssen, schon vor Jahrzehnten. Aber selbst dann wäre der Erfolg höchst kontingent gewesen, weil der Zeitgeist ein anderer ist. Gegen diesen kommt niemand an – das erkannte wohl auch Merkel nach 2005 und schwenkt dann vollkommen um. Und der Zeitgeist lässt sich nicht so einfach drehen. Wahrscheinlich braucht es zuerst einen Totalzusammenbruch und selbst dann ist nicht sicher, dass die Kommunisten, Sozialisten und grünen Spinner nicht ganz schnell wieder aus ihren Löchern gekrochen kommen, sobald es wieder bergauf geht.

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Titelbild: Kontraste-YouTube-Screenshot

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