Gehirn und Geist oder: das göttliche Moment in uns

Von Jürgen Fritz, Mi. 25. Sep 2019, Titelbild: Pixabay, CC0 Public Domain

„Die Tatsache, dass das Gehirn die physikalische Grundlage menschlichen Denkens ist, wird heute allgemein akzeptiert.“ (B.F. Skinner) „Wenn das Gehirn des Menschen so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir so dumm, dass wir es trotzdem nicht verstehen könnten.“ (Jostein Gaarder)

100 Billionen Synapsen

Unser Gehirn besteht aus ca. 100 Milliarden Neuronen (Nervenzellen). Jedes Neuron ist durchschnittlich mit 1.000 anderen Neuronen verbunden, so dass ca. 100 Billionen Synapsen, 100 Billionen neuronale Verknüpfungen entstehen. Die Neuronen erzeugen kleine elektrische Ströme und tauschen chemische Botenstoffe aus. So können sie empfangene Daten (Inputs) verarbeiten (prozessieren) und zu neuen Daten verrechnen (Outputs).

Nervenzelle

Neuron (Nervenzelle), Pixabay

Unser Geist, genauer: unseren geistigen (seelischen), unsere kognitiven, unsere mentalen Fähigkeiten sind also ein Produkt, das auf der Grundlage von Elektrizität und Chemie entsteht, womöglich auf dieser materiellen Basis superveniert. Was das bedeutet, dazu irgendwann mehr. Doch lassen Sie uns noch etwas bei unserem Gehirn verweilen. Jedes einzelne Neuron besitzt in etwa die Rechenkraft eines gebräuchlichen Laptops. Und wir haben davon ca. 100 Milliarden in unserem Gehirn mit 100 Billionen Synapsen. Die Rechenkapazität, die dadurch entsteht, ist gigantisch!

Menschenwürde: das Moment der Freiheit und Selbstbestimmung

Die synaptischen Verbindungen in unserem Gehirn sind dabei nicht starr. Sie verändern sich ständig. Manche werden schwächer, wenn sie nicht immer wieder aktiviert werden. Dann verlernen wir etwas. Oder es entstehen neue beziehungsweise bestehende verstärken sich immer mehr und werden massiver, fester, intensiver. Dann lernen wir etwas. Diese Lerneffekte können wir selbst steuern. Hier kommt ein Freiheitsmoment ins Spiel, welches andere Wesen in dieser Form so nicht haben. Durch die enorme Komplexität unseres Gehirns (100 Billionen Synapsen) haben wir ein Bewusstsein unseres Bewusstseins. Wir können über uns selbst nachdenken, wir können reflektieren.

Das heißt, unser Geist, und damit auch unser Gehirn, denn diese sind gekoppelt (genauer: unser Gehirn hat sowohl physische als auch geistig-seelische Eigenschaften), kann sich selbst zum Thema machen. Das kann eine Giraffe wohl nicht, eine Schnecke oder eine Ameise noch viel weniger. Unser Geist und damit auch unser Gehirn (die materielle Basis des Geistes) kann sich also selbst verändern in die Richtung, für die es sich entscheidet. Wir können also über unser innerstes Wesen selbst verfügen, wir haben einen gewissen Zugriff darauf, wir verfügen über die Fähigkeit zur Selbstbestimmung. Genau das macht unsere Menschenwürde aus, dass wir kein reines Ding sind, das eben so ist, wie es ist, wofür es nichts kann.

Das göttliche Moment in uns oder: vom Objekt- zum Subjektmenschen

Diese Freiheit ist natürlich nicht grenzenlos, denn das Material, mit dem wir arbeiten, mit dem wir über uns selbst nachdenken können, ist vorgegeben. Damit ist natürlich auch unsere Reflexionsfähigkeit ein Stück weit vorgegeben durch unser Gehirn. Das können wir nicht beliebig ins Grenzenlose steigern und hier gibt es natürlich große individuelle Unterschiede. Gleichwohl können wir diese Fähigkeit, jeder auf seinem Niveau, steigern. Denn unser Gehirn und damit unsere geistigen Fähigkeiten sind nicht starr, sondern plastisch, sie sind formbar, sie sind veränderbar.

Geist und Gehirn, also wir als Person, können mithin einen Entwurf von uns selbst machen, wie wir sein wollen, wie man als Mensch sein und wie man nicht sein möchte, und dann gezielt darauf hinarbeiten, indem man sich zum Beispiel entschließt, etwas Bestimmtes lernen zu wollen oder andere synaptische Verbindungen – etwa Handlungsmuster, die man an sich selbst nicht mag – versucht abzubauen. Dieses nenne ich das göttliche, das schöpferische Moment in uns. An der Stelle vollzieht sich der Übergang vom Objekt- zum Subjektmenschen.

Manipulation der Massen

Wer diesen Übergang vom Objekt zum reflektierenden und sich selbst formenden Subjekt nicht vollzieht, bleibt im Grunde eine zwar komplexe, letztlich aber doch nur fühlende biochemische Maschine. Jede Manipulation der Masse beruht nun genau darauf, das Subjekt in uns und damit die Menschenwürde zu missachten, indem es uns zum reinen Objekt, zur zu formenden Masse degradiert. Daher sprechen wir manchmal auch von Gehirnwäsche. Wer so etwas tut – und das tun derzeit sehr viele – der legt Hand an an etwas Heiliges, nämlich das göttliche Moment in uns, welches er mit Füßen tritt. Kann es ein größeres Verbrechen geben?

Literaturempfehlungen

Bildergebnis für Meditation und Gehirn Alte Weisheit und moderne Wissenschaft               Grundkurs Philosophie. Bd.4

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