Thüringen: Die Linke fällt in 50 Wochen von 40 auf 31 Prozent

Von Jürgen Fritz, Fr. 05. Feb 2020, Titelbild: ZDF-Screenshot

Heute vor einem Jahr wählte der thüringische Landtag Thomas Kemmerich (FDP) zum Ministerpräsidenten. Dies führte zu einem politischen Tsunami, der zum Rücktritt Kemmerichs führte, zum Rücktritt der CDU-Bundesvorsitzenden Kramp-Karrenbauer und zum Rücktritt des thüringischen CDU-Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring. Die Linke stieg in Thüringen anschließend auf 40, die CDU fiel auf 14 Prozent. Doch in den letzten 50 Wochen verlor Die Linke fast ein Viertel ihrer Anhänger.

Das Landtagswahlergebnis von 2019, mit dem niemand etwas anfangen konnte und welches das Land in eine tiefe Krise stürzte

Viele werden sich noch erinnern: Nach der thüringischen Landtagswahl Ende Oktober 2019 kam es am 5. Februar 2020 bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten zu einer wahren Sensation, als der Landtag mit den Stimmen der CDU, der AfD und der FDP deren Kandidat Thomas Kemmerich zum neuen Regierungschef wählte. Das mutete insbesondere deswegen besonders verrückt an, da die FDP gerade so auf 5,0 Prozent der Stimmen gekommen, also mit Ach und Krach überhaupt nur den Einzug ins Parlament geschafft hatte.

Bei der Landtagswahl am 27. Oktober 2019 war Die Linke mit ihrem seit Dezember 2014 amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zwar auf 31,0 Prozent der Stimmen gekommen, Dunkelrot-Rot-Grün hatte aber mit 44,4 Prozent der Stimmen und nur 42 der 90 Sitze (42 zu 48) keine Mehrheit mehr im Parlament.

  1. LINKE: 31,0 %
  2. AfD: 23,4 %
  3. CDU: 21,7 %
  4. SPD: 8,2 %
  5. GRÜNE: 5,2 %
  6. FDP: 5,0 %
  7. Sonstige: 5,5 %

Kemmerich tritt zurück, AKK tritt zurück, Mohring tritt zurück

Nach diesem Wahlergebnis war lange nicht klar, wie es nun weitergehen sollte, denn nicht einmal Schwarz-Rot-Grün-Gelb hatte eine Mehrheit. Ohne Linkspartei und AfD war keinerlei Mehrheit möglich. Im dritten Wahlgang wählten dann die sowohl die AfD- als auch die CDU-Abgeordneten den FDP-Kandidaten Kemmerich.

Diese Ministerpräsidenten-Wahl evozierte einen wahren politischen Tsunami in ganz Deutschland und führte unter anderem zum Rücktritt von Kemmerich, den dieser schon ein Tag nach seiner Wahl, am 6. Februar ankündigte. Außerdem führten die Ereignisse jener Tage zum Rücktritt der CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, den diese am 10. Februar 2020 ankündigte. Kramp-Karrenbauer war es trotz größter Bemühungen nicht gelungen, die Thüringer CDU mit Mike Mohring an der Landesspitze auf die von ihr gewünschte Linie zu bringen, nicht zusammen mit der AfD für Kemmerich zu stimmen.

Mohring hatte in seiner CDU-Landesfraktion entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des CDU-Bundespräsidiums dafür geworben, den FDP-Mann Kemmerich zu wählen, wohl wissend, dass auch die AfD diesen aus strategischen Gründen statt ihres eigenen Kandidaten wählen könnte respektive dies sogar plane. Trotz des Besuches der CDU-Bundesvorsitzenden Kramp-Karrenbauer in Erfurt gelang es dieser nicht, die Landtagsfraktion davon zu überzeugen, Kemmerich nicht zu wählen. Kurze Zeit später kündigte Mohring seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz an.

CDU-Abgeordnete wählen einen Linken zum Ministerpräsidenten, woraufhin die CDU abstürzt und die Linkspartei auf 40 Prozent steigt

Schließlich entschied sich die CDU bei der Ministerpräsidentenwahl am 4. März 2020, bei der Wahl Ramelow mitzuhelfen. CDU-Abgeordnete wählten also einen Kandidaten der Linkspartei, der Rechtsnachfolgerin der SED, zum Ministerpräsidenten einer Minderheitsregierung statt einem FDP-Kandidaten, weil dieser auch die Stimmen der AfD bekommen hatte.

In den folgenden Tagen stürzte die CDU in der INSA-Umfrage vom 10.02. bis 13.02.2020, veröffentlicht am 14.02.2020 (wie auch in anderen Umfragen) fürchterlich ab von 21,7 auf ca. 14 Prozent, während Die Linke nun sogar von 31,0 auf 40 Prozent nach oben schoss:

  1. LINKE: 40 %
  2. AfD: 25 %
  3. CDU: 14 %
  4. SPD: 7 %
  5. GRÜNE: 6 %
  6. FDP: 4 %
  7. Sonstige: 4 %

Auch der FDP schadete dieses Manöver in der Wählergunst. Sie fiel bei INSA von 5 auf 4 Prozent, hätte bei einer sofortigen Neuwahl also wahrscheinlich den Einzug in den Landtag nicht wieder geschafft.

Die Linke fällt von 40 wieder auf 31 Prozent, die CDU steigt wieder auf 22 Prozent

Nun sind seit dieser INSA-Umfrage 50 Wochen vergangen und von INSA liegt eine ganz aktuelle Erhebung vor. Diese sieht wie folgt aus:

  1. LINKE: 31 %
  2. AfD: 23 %
  3. CDU: 22 %
  4. GRÜNE: 8 %
  5. SPD: 7 %
  6. FDP: 6 %
  7. Sonstige: 3 %

(c) JFB

Der große Gewinner der letzten 50 Wochen ist also die CDU, die von 14 wieder auf 22 Prozent stieg. Auch die Grünen können seither von 6 auf 8 Prozent zulegen und die FDP von 4 auf 6, womit sie den Einzug in den Landtag wieder schaffen würde. Die SPD ist wie vor 50 Wochen bei 7 Prozent, Die Linke aber mit ihrem Ministerpräsidenten, der jüngst ein desaströses Bild abgab, was seine Arbeitsmoral anbelangt, fiel von 40 auf 31 Prozent ist jetzt wieder genau dort, wo sie im Oktober 2019 war.

Damit hätten erneut weder Dunkelrot-Grün-Rot noch Schwarz-Grün-Rot-Gelb eine Mehrheit

Bei solch einem Ergebnis hätte Dunkelrot-Grün-Rot wieder keine Mehrheit, käme nur 46 Prozent der Stimmen, Blau-Schwarz-Gelb aber auf 51 Prozent. Aber auch Schwarz-Grün-Rot-Gelb hätte mit nur 43 Prozent keine Mehrheit.

Für den 26. September 2021 sind in Thüringen wieder Landtagswahlen geplant, zeitgleich mit der Bundestagswahl. Die CDU stünde also wieder vor dem gleichen Problem: Wen unterstützen?

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