AKK gibt auf, verzichtet auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz: Was nun?

Von Jürgen Fritz, Mo. 10. Feb 2020, Titelbild: ARD-Screenshot

Die Ereignisse in Thüringen haben deutlich gemacht, dass Christian Lindner (FDP) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in ihren Ämtern als Parteivorsitzende sichtlich überfordert sind. Letztere, die allerdings auch schon seit Monaten permanent in der Kritik stand und der die Führungskompetenz mehr und mehr abhanden kam, hat nun heute morgen reagiert und ihren Rückzug angekündigt. Sie wolle weder Kanzlerkandidatin werden noch den CDU-Vorsitz über den Sommer hinaus behalten.

AKK gibt auf

Damit reagiert die Saarländerin auf das Chaos, welches wir seit letztem Mittwoch in Thüringen nach der Wahl des neuen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich gesehen haben, der inzwischen schon wieder zurückgetreten ist. Kramp-Karrenbauer war es trotz größter Bemühungen nicht gelungen, die Thüringer CDU auf die von ihr gewünschte Linie zu bringen, was einmal mehr zeigte, welch großes Autoritätsproblem sie seit vielen Monaten innerhalb ihrer Partei hatte. Folgerichtig zog sie nun heute die Reißleine.

Angesichts der letzten Wochen halte sie es für „offensichtlich“, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft oder eben auch die Kanzlerkandidatur in eine Hand gehörten. Den Prozess der Kanzlerkandidatur will sie in den nächsten Monaten noch organisieren, sich dann aber vom Parteivorsitz zurückziehen respektive diesen abgeben. Weiter erklärte sie als Begründung des Rückzugs sowohl vom Amt der CDU-Chefin als auch als mögliche Nachfolgerin von Angela Merkel im Bundeskanzleramt, dass viele Teile ihrer Partei ein ungeklärtes Verhältnis zur AfD und zur Linken hätten. Dagegen habe sie sich immer wieder ausgesprochen.

Carsten Linnemann, der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und auch Tilman Kuban, der Bundesvorsitzende der Jungen Union und CDU-Bundesvorstandsmitglied, hatten Kramp-Karrenbauer Ende letzter Woche Führungsschwäche vorgeworfen: „Statt die Dinge laufen zu lassen, hätte die Parteispitze gut daran getan, Führung zu zeigen“, meinten sie. Auch den Ruf Kramp-Karrenbauers nach einer Neuwahl in Thüringen halten sie für falsch, da hierdurch nur die politischen Ränder rechts und links gestärkt daraus hervorgehen würden.

Angela Merkel (CDU) sprach sich dafür aus, dass die scheidende CDU-Chefin ihr Amt als Verteidigungsministern behalten solle. Sie habe Kramp-Karrenbauer zudem ihren großen Dank ausgesprochen. AKK ist seit Dezember 2018 Bundesvorsitzende der CDU. Nachdem die damalige Ministerin im Juli 2019 zur Präsidentin der Europäischen Kommission (quasi zur EU-Kanzlerin) gewählt worden war, übernahm Kramp-Karrenbauer zusätzlich auch das Amt der Verteidigungsministerin, obschon sie sich zuvor immer ausdrücklich dagegen ausgesprochen hatte, dass eine CDU-Vorsitzende zugleich im Bundeskabinett und damit die Untergebene von Angela Merkel sein könne.

Wer könnte die Nachfolge von AKK antreten und wer wird der Kanzlerkandidat der Union?

Als CDU-Vorsitzende galt AKK bisher als eine mögliche Unions-Kanzlerkandidatin und damit Nachfolgerin von Merkel auch im Kanzleramt. Schon länger gab es Zweifel, ob diese Aufgaben nicht ein bis zwei Nummern zu groß waren respektive gewesen wären für die 57-Jährige. Neben ihr waren als Kanzlerkandidaten von CDU und CSU vor allem Friedrich Merz, Armin Laschet und Jens Spahn im Gespräch, zuletzt auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder. Im CDU-Präsidium heute morgen soll keiner der Anwesenden seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur angemeldet haben, meldet die dpa. Armin Laschet war heute allerdings nicht anwesend.

Friedrich Merz äußerste sich zunächst zurückhaltend: „In so einer Situation ist kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden“, ließ der ehemalige Unionsfraktionschef im Deutschen Bundestag seinen Sprecher mitteilen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zollt Kramp-Karrenbauer heute vormittag Respekt für ihren Rückzug und deutet zwischen den Zeilen an, dass die Trennung von Parteiführung und Kanzlerschaft keine gute Regelung ist, die Arbeit von AKK zumindest deutlich erschwerte:

Jens Spahn-Twitter-Respektsbekundung

Auch Markus Söder zollt Kramp-Karrenbauer Respekt für ihre Entscheidung und bekundet, dass es ihm persönlich leid tue, er mit ihr „sehr vertrauensvoll“ zusammenarbeitete. Zugleich mahnt er an, dass es jetzt notwendig sei, „die inhaltliche und personelle Aufstellung der CDU grundsätzlich zu klären“.

Söder-Respektsbekundung

Von CDU-Vize Armin Laschet gab es heute Vormittag noch keine Stellungnahme zu Kramp-Karrenbauers Rückzug.

SPD wünscht sich Armin Laschet als CDU-Vorsitzenden – Werteunion für Friedrich Merz als nächster Kanzler

Ein bemerkenswerter Vorschlag kam heute morgen sogleich aus den Reihen der SPD, die ja, so haben immer mehr Beobachter den Eindruck, der CDU zunehmen genau sagt, was sie sich von dieser wünscht und was diese zu tun hat, Stichwort: Entlassung von Christian Hirte und nicht nur das. Thomas Oppermann, der SPD-Vizepräsident des Deutschen Bundestages, forderte nämlich sofort Armin Laschet auf, den CDU-Vorsitz zu beanspruchen, ansonsten sei er „ein Papiertiger“:

Oppermann-Laschet

Alexander Mitsch, der Vorsitzende der konservativen Werteunion, begrüßte dagegen den Verzicht von Kramp-Karrenbauer auf die Kanzlerkandidatur und den Parteivorsitz ausdrücklich:

„Ich finde es sehr lobenswert, dass sie ihre eigenen Karrierepläne hintanstellt und nicht aus machtpolitischen Gründen auf dieser Kandidatur besteht, sondern den Weg freimacht für eine Lösung, die für die Union Erfolg versprechend ist.“

sagte Mitsch heute Vormittag der dpa. Die CDU habe nun die Möglichkeit, sich neu aufzustellen und alle Strömungen zu integrieren.

„Wichtig wäre, dass der jahrelange Linkskurs der vorherigen Vorsitzenden Merkel nun nachhaltig korrigiert wird. Wir sind der Meinung, dass Friedrich Merz ein hervorragender Kanzlerkandidat wäre.

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