GOAT: Djokovic rückt näher an Federer und Nadal heran

Von Jürgen Fritz, Di. 23. Feb 2021, Titelbild: YouTube-Screenshots

Durch seinen klaren Sieg im Finale der Australian Open über Daniil Medvedev hat Novak Djokovic die Frage neu befeuert, wer als der größte Tennisspieler aller Zeiten (GOAT) in die Geschichte eingehen wird. Das wichtigste Kriterium ist hierbei sicherlich die Zahl der gewonnenen Grand Slam-Turniere. Djokovic erhöhte sein Konto auf 18 gegenüber 20, die Federer und Nadal zu Buche stehen haben. Doch es gibt noch vier weitere wichtige Parameter.

Vorbemerkungen

Die Frage, wer der größte Spieler aller Zeiten ist, ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Federer und Nadal haben die meisten Grand Slam-Turniere im Einzel für sich entschieden, sagen die Einen. Federer und Djokovic haben aber im Gegensatz zu Nadal sechs- bzw. fünfmal die ATP Finals gewonnen, Nadal aber nie, sagen andere. Wieder andere halten dagegen: Ja, aber Nadal hat mit 13 Roland Garros-Siegen etwas Einmaliges geschaffen, zudem wie die beiden anderen auch jedes der vier A-Turniere mindestens einmal gewonnen und im Gegensatz zu Federer und Djokovic, auch zu Sampras und Borg, die olympische Goldmedaille im Einzel gewonnen und zusätzlich auch noch im Doppel. Zudem gewann er auch noch fünfmal mit Spanien des Davis Cup, Federer, Djokovic, Borg, Lendl und Connors aber nur einmal.

Dafür hat Djokovic aber sechsmal die Saison als Nr. 1 abgeschlossen, Federer und Nadal „nur“ fünfmal. Der Serbe führt das ATP Ranking ab Mitte März länger an als jeder andere zuvor und diesen Rekord können Federer und Nadal kaum nochmal einholen. Außerdem gewann Djokociv mehr B-Turniere (Master 1000) als Nadal und Federer, nämlich 36 gegenüber 35 von Nadal und 28 von Federer. Ja, aber Federer bewegt sich viel eleganter und ist bei den Fans viel beliebter als Djokovic, meinen dann die nächsten. Und die Nadal-Fans erwidern sodann, dass Rafa einen einzigartigen Kampfgeist und eine einmalige Mentalität habe und dass er ja als Sandspieler zudem enorm im Nachteil sei, weil ja von den fünf wichtigsten Turnieren des Jahres nur eines auf Sand gespielt werde, aber drei auf Hartplatz, wenn olympische Spiele stattfinden, dann sogar meist vier von sechs auf Hartplatz, was der bevorzugte Belag von Djokovic ist.

Kurzum es gibt viele Argumente, so dass es sinnvoll erscheint, all diese Faktoren irgendwie zusammen in eine Formel zu bringen. Genau dies habe ich versucht. Dabei sei betont: Es geht mir hier nicht um solche Dinge wie: Wer ist bei den Fans der Beliebteste?, Wer spielt das attraktivste Tennis? Denn dies sind doch stärker subjektive Geschmacksfragen und weniger sportliche Kriterien. Auch wer die höchsten Werbeverträge hat oder wer die schönste oder beste Vor- oder Rückhand, den härtesten Aufschlag oder den elegantesten Volley spielt, soll hier nicht bewertet werden. Es geht bei dem Folgenden rein um die Bewertung der sportlichen Leistungen und Erfolge, die recht gut messbar sind, die aber irgendwie zahlenmäßig zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen. Dazu werde ich exakt fünf Kriterien heranziehen, mehr nicht, und diese zahlenmäßig gewichten.

Fünf Kriterien: Grand Slam-Titel – ATP Finals-Titel – olympische Goldmedaillen – Davis Cup-Titel – Jahre als Nr. 1, 2 oder 3

Auch das ist natürlich nicht trivial und auch hier kann man sich im Detail streiten und die Formel sicher auch ein wenig anders gestalten. Ich will versuchen zu begründen, warum es mir adäquat erscheint, es so zu machen, wie ich es anschließend aufschlüsseln werde. Eine wichtige Vorentscheidung von mir ist, die Master 1000-Turniere (B) nicht mit in die Bewertung aufzunehmen. Das scheint mir aus zwei Gründen sinnvoll.

Erstens ist so die Vergleichbarkeit zu den 1980er, 1970er Jahren und auch der Zeit davor leichter gegeben, da es diese Turnierserie inklusive ihrer Vorgänger erst seit 1990 gibt. Zweitens glaube ich, dass es bei der Frage nach dem GOAT letztlich nicht entscheidend ist, ob man 35 oder 25 B-Turniere gewonnen hat. Entscheidend sind vor allen Dingen die Grand Slam-, die A-Turniere. Wer die gewinnt, der geht in die Geschichtsbücher ein. Dies gilt für B- und sowieso für C- und D-Turniere (500er und 250er Serie) nicht. Für viele absolute Top-Spieler sind die neun Master 1000 letztlich doch nur wichtige Vorbereitungsturniere für die vier Majors. Daher habe ich diese nicht mit aufgenommen. Das könnte man sicherlich auch anders machen und das hätte wohl auch ein klein wenig Einfluss, aber doch nicht sehr viel.

Wichtiger als die neun Master 1000-Turniere sind dagegen – und dies ist zugleich das zweite Kriterium – die ATP Finals (B+) und als drittes die olympischen Spiele (B+). Denn beide Turniere gibt es nur einmal im Jahr beziehungsweise sogar nur alle vier Jahre. Auch hier gilt: Wer so ein Turnier gewinnt, geht in die Tennisgeschichte ein. Und darum geht es ja letztlich bei der Frage nach dem GOAT. Ähnliches gilt für den traditionsreichsten und wichtigsten Nationenwettbewerb, den Davis Cup. Daher nehme ich die Siege dort als viertes Kriterium.

Und schließlich kommt als fünfter und von der Bedeutung als zweitwichtigtigster Faktor hinzu, wie oft ein Spieler die Saison als Nr. 1 oder als Nr. 2 oder als Nr. 3 abschloss, sprich wie viele Jahre er sich  an und in der absoluten Weltspitze halten konnte. In diesem Faktor stecken natürlich auch die Erfolge bei den B-Turnieren stark mit drin, die ja von ATP im Verhältnis zu den Grand Slam-Events noch immer zu hoch respektive die Majors im Verhältnis zu allen anderen Turnieren noch immer zu niedrig gewichtet werden.

Einige Bemerkungen zur ATP und ihrem Ranking

Dazu muss man wissen, dass die 1972 gegründete ATP (Association of Tennis Professionals) in gewisser Weise in Konkurrenz steht zur ITF (International Tennis Federation), die viel älter ist. Die ITF wurden schon 1913 gegründet. Sie veranstaltet alle Grand Slam-Turniere, außerdem den Davis Cup und die Olympischen Spiele. Die ATP, welche das ATP Ranking führt, ist aber sehr stark daran interessiert, ihre eigene Turnierserie, die B-, C- und D-Turniere (Masters 1000, 500er und 250er Serie) zu promoten und gewichtet ihre eigenen Turniere tendenziell zu hoch, die der ITF entweder zu niedrig oder im Falle der Olympischen Spiele und des Davis Cup gar nicht mehr. Wer also die olympische Goldmedaille gewinnt und dabei absolute Top-Spieler schlägt, bekommt dafür von der ATP nicht einen einzigen Punkt für ihre Weltrangliste.

Das Gleiche gilt für Siege beim Davis Cup. Als Nadal Ende November 2019 mit Spanien den Davis Cup gewann, dabei alle seine fünf Einzel gewann, erhielt er dafür von der ATP nicht einen Weltranglistenpunkt. Als aber Djokovic wenige Wochen später Anfang Januar 2020 mit Serbien den weniger bedeutenden ATP Cup gewann, schrieb die ATP ihm hierfür 665 Weltranglistenpunkte zu. Für ihren 2020 neu geschaffenen eigenen Nationenwettbewerb schüttet die ATP also für jeden Sieg reichlich Punkte aus, für den Davis Cup und die olympischen Spiele inzwischen dagegen gar keine mehr, da sie von der ITF veranstaltet werden.

Strukturelle Fehler und Schwächen im ATP Ranking

Diese strukturellen Fehler im System sind zwar in den letzten Jahrzehnten besser geworden, in den 1980ern und 1970ern war dies noch wesentlich extremer und vor allem die Grand Slam-Turniere waren im Ranking-System zum Teil völlig unterbewertet, aber diese Schwächen bestehen noch immer. Diese Systemfehler waren früher teilweise so extrem, dass die ATP ihrem eigenen Ranking nicht vertraute.

1975 führte die ATP in ihrem Ranking am Jahresende Jimmy Connors auf 1. Sie selbst zeichnete aber Arthur Ashe, den die meisten als wahre Nr. 1 ansahen, als ATP Spieler des Jahres aus, obschon er in ihrem eigenen Ranking nur auf Position 4 war. 1976 sahen die meisten Connors als Nr. 1, so auch das ATP Ranking. Die ATP kürte jedoch aus unerklärlichen Gründen Borg zum ATP Spieler des Jahres. 1977 wurden Borg und Vilas von den meisten auf 1 gerankt. Die ATP Weltrangliste führte aber Connors auf 1, Vilas auf 2 und Borg auf 3. Und wieder kürte die ATP entgegen ihrem eigenen Ranking Borg zum Spieler des Jahres. 1978 sahen die meisten Borg als die Nr. 1 an. Das ATP Ranking sah aber wieder Connors ganz vorne. Gleichwohl kürte die ATP wie auch die ITF Borg zum Spieler des Jahres.

1982 sahen die meisten Connors als Nr. 1 an. Das ATP Ranking wies aber McEnroe als Nr. 1 aus. Und wieder entschied sich die ATP gegen ihr eigenes Ranking und kürte wie die ITF Connors zum Spieler des Jahres. 1989 waren die meisten einig, dass Boris Becker der Spieler des Jahres war. Das ATP Ranking hatte jedoch Lendl auf 1 und Becker nur auf 2. Gleichwohl entschied sich die ATP wieder gegen ihr eigenen Ranking und kürte wie auch die ITF Becker zum Spieler des Jahres.

Diese Beispiele sollen zeigen, dass das ATP Ranking und auch die Auszeichnung ATP Player Of The Year zwar sehr hilfreich und wichtig, aber auch ein wenig mit Vorsicht zu genießen sind. Dies gilt daher auch für Betrachtungen, wer wie viele Wochen auf 1, 2 oder 3 stand. Wichtiger ist hier – und darum ziehe ich nur diese Daten heran -, wer am Ende einer Saison ganz vorne steht. Hierbei ist das ATP Ranking die wichtigste Hilfe, aber nicht die einzige. Weitere Informationen dazu siehe hier.

Nun also zum wichtigsten Kriterium von allen, das ca. 60 Prozent der Gesamtpunktzahl ausmacht: den Grand Slam-Titeln. Hier ist zunächst ein Hinweis wichtig.

Die Australian Open sind erst seit 1992 mit den drei anderen Grand Slam-Turnieren gleichwertig

Die Australian Open waren hierbei bis Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre nicht gleichwertig mit den anderen Grand Slam-Turnieren. Bis 1981 wurde in Australien nicht in einem 128er Feld über sieben Runden gespielt, sondern in einem 64er Feld mit nur sechs Runden. Ab 1982 erhöhte man zunächst auf ein 96er Feld, dann ab 1988 auf ein 128er Feld.

Bis 1984 traten die meisten Top Ten-Spieler die Reise auf den fünften Kontinent gar nicht erst an. Bei Jimmy Conners Sieg Anfang 1974 waren nur 64 Spieler am Start und davon nur zwei Top-Ten-Spieler, neben ihm selbst nur noch John Newcombe. Im Endspiel stand Connors Phil Dent, der Nr. 49 der Welt gegenüber. Im Jahr darauf, 1975, reiste Connors nochmals nach Down Under, dann aber bis zu seinem Karriereende 1992 nie wieder. Uns so war es bis Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre bei sehr vielen Spielern. Björn Borg spielte die Australian Open nur ein einziges Mal, Anfang 1974 als 17-Jähriger, dann nie wieder. John McEnroe spielte in den 16 Jahren seiner aktiven Karriere nur fünfmal in Australien, in seiner starken ersten Hälfte bis 1984 in acht Jahren nur ein einziges Mal.

Als Johan Kriek 1982 die Australian Open in einem 96er Feld gewann, war kein einziger Top-Ten-Spieler am Start. Insofern kann ein solcher Autralian-Open-Titel natürlich nicht mit den anderen Grand Slam-Titeln jener Zeit gleichgesetzt werden, bei denen 128 Spieler am Start waren und davon meist 7 bis 10 Top-Ten-Spieler. Daher wurden Australian Open-Titel wie folgt bewertet:

  • Bei einem Teilnehmerfeld von weniger als 128 (96 oder 64): ein Abzug von 0,1,
  • bei einem Teilnehmerfeld von weniger als 64: ein Abzug von 0,2 Punkte.

Zusätzlich ein Abzug von

  • 0,1, wenn nur 5 bis 6 Top-Ten-Spieler am Start waren
  • 0,2, wenn nur 3 bis 4 Top-Ten-Spieler starteten und
  • 0,3, wenn 0 bis 2 Top-Ten-Spieler an dem Turnier teilnahmen.

Im Falle von Jimmy Connors Australian Open-Sieg 1974 bedeutet das, dass dies statt einem nur 0,6 Punkte gibt, da inklusive ihm selbst nur 2 Top-Ten-Spieler starteten (minus 0,3) und es kein 128er-Feld war, sondern nur eine 64er (minus 0,1). Mats Wilander erhält für seine zwei Australian Open-Titel von Ende 1983 und 1984 jeweils 0,7 Punkte (96er Feld: minus 0,1 und inklusive ihm nur 3 Top-Ten-Spieler am Start: minus 0,2). Stefan Edberg erhält dagegen für seine zwei Siege in Australien Ende 1985 und Anfang 1987 jeweils 0,8 Punkte, da nun in dem 96er Feld (minus 0,1) immerhin 6 Top-Ten-Spieler am Start waren (minus 0,1).

Für ihre Turniersiege 1988 bis 1991 erhalten Mats Wilander (1988), zweimal Ivan Lendl (1989,1990) und Boris Becker (1991) dann jeweils 0,9 Punkte, da ab nun in einem 128er Feld gespielt wurde, man also nicht mehr sechs, sondern sieben Runden zum Turniersieg brauchte, und weil jetzt jeweils 5 bis 6 Top-Ten-Spieler (minus 0,1) am Start waren.

Ab 1992 gibt es für Siege bei den Australian Open dann die volle Punktzahl, da jetzt immer in einem 128er Feld gespielt wurde und nun regelmäßig 7 bis 10 Top-Ten-Spieler starteten.

Die erfolgreichsten Grand Slam-Spieler in der Open Era seit 1968

Somit kommen wir also, wenn wir die Siege bis 1991 bei den Australian Open entsprechend gewichten für die Grand Slam-Siege seit 1968 auf folgende Punktzahlen:

  1. Roger Federer: 20 (mehr Gand Slam-Endspiele als Nadal)
  2. Rafael Nadal: 20
  3. Novak Djokovic: 18
  4. Pete Sampras: 14
  5. Björn Borg: 11
  6. Andre Agassi: 8
  7. Ivan Lendl: 7,8 (statt 8)
  8. Jimmy Connors: 7,6 (statt 8)
  9. John McEnroe: 7
  10. Mats Wilander: 6,3 (statt 7)
  11. Boris Becker: 5,9 (statt 6)
  12. Stefan Edberg: 5,6 (statt 6)
  13. Rod Laver: 4,7 (statt 5)

Diese Erfolge sind der mit Abstand wichtigste Faktor für die großen Tennisspieler, die sich an keinem anderen Kriterium so sehr messen, wie an ihren Erfolgen bei diesen vier A-Turnieren. Seit Wimbledon 2003 dominieren hier drei Spieler das Welttennis vollkommen, die 58 der letzten 70 Grand Slam-Turniere (83 Prozent) für sich entschieden: Federer, Nadal und Djokovic.

(c) JFB

Die Zahlen aus der Zeit vor der im April 1968 beginnenden Open Era sind dagegen mit etwas Vorsicht zu genießen, weil bis dahin professionelle Spieler, die seit den 1930er, 1940er meist deutlich besser spielten als die Amateure, nicht spielberechtigt waren. Schon seit Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre kam es aber immer mehr zu einem Professionalisierungsprozess im Tennissport, der dazu führte, dass die besten Spieler der Welt nun immer öfter ins Profi-Lager wechselten, so dass bei den Grand Slam-Turnieren die besten Fünf bis Zehn zum Großteil fehlten.

Dies änderte sich schlagartig im April 1968 mit dem Beginn der Open Era. Ab nun waren bei den Grand Slam- und auch auch einigen anderen Veranstaltungen die Turniere für alle offen, Amateure wie Profis. Daher der Name „Open“. Und es gibt im Tennissport nichts Größeres, Wichtigeres, Bedeutenderes als ein Sieg im Einzel bei einem Grand Slam-Turnier, zumal wenn wirklich die Besten der Welt (fast) alle am Start sind. Neben der Anzahl der Grand Slam-Siege, die sicherlich das wichtigste Kriterium von allen ist, wenn es um die Frage nach den größten Spielern aller Zeiten geht, gibt es aber noch eine Reihe weiterer Faktoren, die für die Frage nach den größten Spielern aller Zeiten wichtig sind.

Der Karriere Grand Slam: 0,5 Zusatzpunkte – 0,7, wenn alle vier Turniere in zwölf Monaten gewonnen wurden

Wenn ein Spieler es schafft, jedes Grand Slam-Turnier mindestens einmal zu gewinnen (Karriere-Grand Slam), so gebe ich hierfür nochmals 0,5 Zusatzpunkte, da dies zum einen eine besondere Leistung darstellt und zum anderen die Vielseitigkeit des Spielers zeigt.

Sollte es ein Spieler schaffen, alle vier A-Turniere in einer Saison zu gewinnen (Grand Slam), dann gebe ich einen ganzen Zusatzpunkt. Dies schaffte in der Open Era nur Rod Laver 1969. Laver gewann aber anschließend nie wieder überhaupt irgendein Grand Slam Turnier. Ja er erreichte nach 1969 – und er war bei seinem letzten Grand Slam-Sieg 1969 gerade erst 31 Jahre alt geworden – nie wieder auch nur ein Halbfinale bei einem Major. Zudem waren die Australian Open Anfang 1969 nicht ganz mit den anderen Grand Slam-Turnieren zu vergleichen. Denn es starteten dort nicht 128, sondern nur 48 Spieler, davon 28 Australier. Das heißt, von den fünf anderen Kontinenten waren nur 20 Spieler beteiligt und Laver musste keine sieben Runden zum Turniersieg bestreiten, sondern nur fünf.

Kurzum die Zahlen vor den French Open 1968 können nicht eins-zu-eins übernommen werden. Doch bleiben wir bei den erfolgreichsten Grand Slam-Spielern seit 1968. Seither schafften es bei jeweils voller Konkurrenz fast aller Spieler von allen Kontinenten, inklusive der Profis, nur diese vier jedes A-Turnier mit einem 128er Feld über sieben Runden mindestens einmal zu gewinnen, wofür ich einen halben Zusatzpunkt vergebe.

Dabei ist Djokovic der Einzige, der die vier Grand Slam-Turniere von Mitte 2015 bis Mitte 2016 innerhalb von zwölf Monaten alle vier nacheinander gewann. Dies werte ich nochmals etwas höher mit 0,7 Punkten.

  1. Rod Laver (1969): 1,0
  2. Novak Djokovic (2016): 0,7
  3. Andre Agassi (1999), Roger Federer (2009), Rafael Nadal (2010): 0,5

Olympische Spiele: Goldmedaille im Einzel 0,6 Punkte, im Doppel 0,2

Das fünftwichtigste Tennisturnier dürfte wohl Olympia sein – zusammen mit den ATP Finals -, weil die olympischen Spiele nur alle vier Jahre stattfinden und es für die meisten Spieler eine besondere Ehre ist, hier für ihr Land spielen zu dürfen und im Idealfall eine Goldmedaille zu holen. Im Herreneinzel schaffte das von den zwölf erfolgreichsten Grand Slam-Siegern nur Andre Agassi 1996 in Atlanta und Rafael Nadal 2008 in Peking. Dafür gebe ich nicht einen ganzen Punkt, weil Olympia im Tennis doch nicht ganz die Bedeutung hat wie ein Grand Slam-Sieg. Ein Olympiasieg im Herreneinzel ist in etwa gleichzusetzen mit einem Sieg bei den ATP Finals (0,5 Punkte) bzw. minimal höher. Eine Goldmedaille im Einzel werte ich mit 0,6 Punkten, im Doppel mit 0,2 Punkten.

Das Demonstrationsturnier 1984 in Los Angelos, das Stefan Edberg im Einzel gewann, wird dabei noch nicht gewertet, da es quasi außer Konkurrenz lief und auch nicht in die Nationenwertung einging.

Punkte für olympische Goldmedaillen im Einzel und Doppel:

  1. Andy Murray: 1,2 + 0 = 1,2
  2. Rafael Nadal: 0,6 + 0,2 = 0,8
  3. Andre Agassi: 0,6 + 0 = 0,5
  4. Boris Becker und Roger Federer: 0 + 0,2 = 0,2

Andy Murray gewann als einziger Spieler zweimal, 2012 und 2016, olympisches Gold im Herreneinzel, erhält hierfür 1,2 Punkte. Murray hat aber mit nur drei Grand Slam-Siegen keine Chancen mit den zwölf erfolgreichsten Grand Slam-Spielern seit 1968 mitzuhalten. Rafael Nadal ist der Einzige der zwölf größten Spieler seit 1968, der sowohl im Einzel (2008) wie auch im Doppel (2016) eine Goldmedaille für sein Land holte.

Siege bei den ATP Finals: 0,5 Punkte

In Nicht-Olympia-Jahren sind sicherlich die ATP Finals (früher Tennis Masters Cup, ATP-Weltmeisterschaft oder Masters Grand Prix genannt), also das Jahresabschlussturnier der acht Saisonbesten, das fünftwichtigste Turnier, direkt nach den vier Grand Slam-Events. Für jeden Turniersieg bei den ATP Finals vergebe ich 0,5 Punkte. Das heißt, zwei Siege bei diesen Turnier haben in etwa das Gewicht eines Grand Slam-Titels. Der erfolgreichste Spieler ist hier Roger Federer mit sechs Siegen, vor Lendl, Djokovic und Sampras mit jeweils fünf.

  1. Roger Federer: 6 x 0,5 = 3
  2. Ivan Lendl: 5 x 0,5 = 2,5
  3. Novak Djokovic: 5 x 0,5 = 2,5
  4. Pete Sampras: 5 x 0,5 = 2,5
  5. Boris Becker: 3 x 0,5 = 1,5
  6. John McEnroe: 3 x 0,5 = 1,5
  7. Björn Borg: 2 x 0,5 = 1
  8. Andre Agassi: 1 x 0,5 = 0,5
  9. Stefan Edberg: 1 x 0,5 = 0,5
  10. Jimmy Connors: 1 x 0,5 = 0,5
  11. Rafael Nadal: 0
  12. Mats Wilander: 0
  13. Rod Laver: 0

Wenn zwei Spieler die ATP Finals (Tennis Masters Cup, ATP-Weltmeisterschaft oder Masters Grand Prix) gleich oft gewonnen haben, ist zuerst der Spieler aufgeführt, der öfters das Endspiel erreichte. Auf die Punkte hat dies jedoch keinen Einfluss, nur auf die Reihenfolge in der Auflistung.

Davis Cup-Siege: 0,3 Punkte

Der wichtigste Wettbewerb für Nationalmannschaften im Herrentennis ist der Davis Cup. Dieser ist ähnlich traditionsreich wie die Grand Slam-Turniere, wird seit 1900 ausgetragen ist damit noch älter als die Australian Open, die 1905 erstmals ausgetragen wurden. Auch dieses Turnier ist für viele Spieler emotional von großer Bedeutung, wenngleich dies in den letzten Jahren etwas nachgelassen hat. Daher vergebe ich hier für einen Sieg nur noch 0,3 Punkte.

Die erfolgreichsten Davis Cup-Spieler unter den zwölf erfolgreichsten Grand Slam-Siegern sind Rafael Nadal und John McEnroe, die mit ihrem Land, Spanien bzw. USA, je fünfmal die „hässliche Salatschüssel“ gewannen. Die beste Siegquote in Davis Cup-Einzeln hat Rafael Nadal mit fast 97 Prozent, gefolgt von Boris Becker und Björn Borg, die auf fast 93 Prozent kamen. Alle anderen liegen unter 84 Prozent.

  1. Rafael Nadal: 5 x 0,3 = 1,5 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 29-1, Siegquote: 96,7 %)
  2. John McEnroe: 5 x 0,3 = 1,5 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 41-8, Siegquote: 83,7 %)
  3. Stefan Edberg: 4 x 0,3 = 1,2 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 35-15, Siegquote: 70 %)
  4. Andre Agassi: 3 x 0,3 = 0,9 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 30-6, Siegquote: 83,3 %)
  5. Mats Wilander: 3 x 0,3 = 0,9 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 36-16, Siegquote: 69,2 %)
  6. Boris Becker: 2 x 0,3 = 0,6 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 38-3, Siegquote: 92,7 %)
  7. Pete Sampras: 2 x 0,3 = 0,6 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 15-8, Siegquote: 65,2 %)
  8. Björn Borg: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 37-3, Siegquote: 92,5 %)
  9. Roger Federer: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 40-8, Siegquote: 83,3 %)
  10. Novak Djokovic: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 34-7, Siegquote: 82,9 %)
  11. Rod Laver: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz: 16-4, Siegquote: 80 %)
  12. Jimmy Connors: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 10-3, Siegquote: 76,9 %)
  13. Ivan Lendl: 1 x 0,3 = 0,3 (Einzel-Bilanz im Davis Cup: 18-11, Siegquote: 62,1 %)

Damit kommen wir nun zur letzten Kategorie, die auf jeden Fall eine Rolle spielt und zwar eine sehr wichtige: Wer ist am Ende einer Saison der Spieler des Jahres, die Nr. 1 der Welt?

Die Nr. 1, 2 oder 3 am Jahresende: 1 Punkt – 0,5 Punkte – 0,3 Punkte

Roger Federer ist der einzige Spieler in der gesamten Geschichte des Tennissports seit 1877, der es 15 mal schaffte, am Jahresende unter den Top-Drei der Welt zu stehen.

  1. Roger Federer: 15 Jahre
  2. Ken Rosewall: 14 Jahre
  3. Rafael Nadal: 12,6 Jahre (Pandemiejahr 2020 wird zu 60 Prozent gezählt)
  4. Novak Djokovic: 12,6 Jahre (Pandemiejahr 2020 wird zu 60 Prozent gezählt)
  5. Pancho Gonzales: 11 Jahre
  6. Bill Tilden: 11 Jahre
  7. Jimmy Connors: 11 Jahre
  8. Ivan Lendl: 10 Jahre

Dabei ist es natürlich nicht gleichgültig, ob man die Nr. 1, die Nr. 2 oder die Nr. 3 der Welt ist. Am Jahresende die Nr. 1 der Welt zu sein, hat für viele Spieler eine sehr große Bedeutung, die in etwa vergleichbar ist mit einem Grand Slam-Sieg. Daher vergebe ich hierfür einen vollen Punkt. Die Nr. 2 am Ende der Saison erhält noch einen halben Punkt und die Nr. 3 bekommt 0,3 Punkte.

Wenn wir dies so gewichten, dann kommen wir für Federer auf 5 x 1 + 6 x 0,5 + 4 x 0,3 = 9,2 Punkte. Dies ist der zweithöchste Wert aller Zeiten, seit der ersten Austragung der Wimbledon Championships 1877. Nur Pancho Gonzales, der überragende Spieler der 1950er Jahre, kommt auf ein höheren Wert, nämlich: 8 x 1 + 2 x 0,5 + 1 x 0,3 = 9,3.

Federer liegt damit sogar vor dem großen Bill Tilden (7 – 3 – 1 ==> 8,8), dem überragenden Spieler von 1920 bis Mitte der 1930er Jahre, der als größter Spieler aller Zeiten galt, bis Pancho Gonzales kam. Gonzales und Tilden, sind die Einzigen, die hier mit Federer, Nadal und Djokovic mithalten können. Schon Ken Rosewall (3,5 – 6,5 – 3,5 ==> 7,8) der von 1957 bis 1972 zur absoluten Weltspitze gehörte, William Renshaw (7 – 1 – 0 ==> 7,5), der überragende Spieler der 1880er Jahre, und Rod Laver (6 – 2 – 0 ==> 7,0), der mit Sampras gleichauf ist, liegen hinter Nadal und Djokovic zurück, hinter Federer sowieso.

Aber betrachten wir wieder nur die Zeit ab 1968. Bei der Berechnung gilt: Wenn zwei Spieler in einem Jahr beide zugleich auf 1 gerankt wurden, so erhält jeder von beiden 0,75 Punkte (1 + 0,5 geteilt durch 2) und wenn zwei Spieler zugleich auf 2 eingestuft wurden, erhält jeder 0,4 Punkte (0,5 + 0,3 geteilt durch 2). In Jahren, in denen drei Spieler z.B. auf 2 gerankt wurden, erhalten alle drei 0,5 + 0,3 Punkte geteilt durch drei, also 0,27 Punkte usw. Es werden also jedes Jahr immer exakt 1,8 Punkte vergeben (1 + 0,5 + 0,3), so dass jedes Jahr genau gleich gewichtet ist. Maßgeblich ist nicht allein das ATP Ranking, sondern auch andere Rankings, siehe hier.

  1. Roger Federer: 5 – 6 – 4 ==> 9,2
  2. Novak Djokovic: 6,1* – 2,5 – 4 ==> 8,55
  3. Rafael Nadal: 4,5 – 6,5 – 1,6* ==> 8,23
  4. Pete Sampras: 6 – 0,5 – 2,5 ==> 7,0
  5. Ivan Lendl: 3 – 4,33 – 1,83 ==> 5,7
  6. Jimmy Connors: 3 – 1,33 – 5,83 ==> 5,42
  7. Björn Borg: 3,5 – 2,83 – 0,33 ==> 5,0
  8. John McEnroe: 3 – 2 – 2 ==> 4,6
  9. Andre Agassi: 1 – 3,33 – 2,33 ==> 3,37
  10. Stefan Edberg: 2 – 1,5 – 1,5 ==> 3,2
  11. Rod Laver: 2,5 – 0,5 – 0 ==> 2,75
  12. Mats Wilander: 1 – 2,5 – 1,5 ==> 2,7
  13. Boris Becker: 1 – 1,33 – 2,33 ==> 2,4

*Im Pandemiejahr 2020 konnte knapp 25 Wochen kein Turnier gespielt werden. Wimbledon, der Davis Cup, sechs von neun Masters 1000 (B), sechs von 13 C-Turnieren (500er Serie) sowie über 20 von insgesamt knapp 40 D-Turnieren (250er) mussten komplett abgesagt werden. Daher kann diese Saison nur zu maximal 60 Prozent (0,6) gewertet werden. Weitere Erklärungen siehe hier. Und es zählen hier anders als im ATP Ranking für 2020 nur die Ergebnisse aus diesem Jahr, nicht die aus 2019, die ja schon in dem Jahresabschluss 2019 enthalten sind und hier natürlich nicht doppelt gezählt werden dürfen. Rein bezogen auf die 2020er Ergebnisse war Rafael Nadal anders als im ATP Ranking aufgeführt nicht die Nr. 2 (das war Dominic Thiem), sondern die Nr. 3 des Jahres.

Sollte Novak Djokovic, der das ATP Ranking derzeit anführt, das Jahr 2021 erneut als Nr. 1 abschließen, so würde er mit 9,55 Punkten an Roger Federer (9,2) und auch an Pancho Gonzales (9,3) vorbeiziehen. Er wäre dann in dieser Rubrik die absolute Nr. 1 sowohl der Open Era wie auch der gesamten Tennisgeschichte, vor Gonzales und Federer.

Allzeit-Weltrangliste: Die Top-Ten in der Open Era

Damit kommen wir, wenn wir nun alle Punkte für jeden Spieler aufaddieren, auf folgendes Ergebnis. Dies sind gemessen an ihren Erfolgen die größten Tennisspieler seit 1968:

Formel: a) Grand Slam-Siege (+ Karriere-Grand Slam 0,5 bzw. 0,7 Punkte, wenn alle vier Turniere zwar nicht in einer Saison, aber innerhalb von zwölf Monaten gewonnen wurden) + b) ATP Finals-Siege (0,5 Punkte) + c) Olympische Medaillen im Einzel (0,5 Punkte) und im Doppel (0,2 Punkte) + d) Davis Cup-Siege (0,3 Punkte) + e) am Jahresende die Nr. 1 (1 Punkt), die Nr. 2 (0,5 Punkte) oder die Nr. 3 (0,3 Punkte) = Gesamtpunktzahl.

Allzeit-Weltrangliste seit 1968: Top-Ten

  1. Roger Federer: (20 + 0,5) + 0,2 + 3 + 0,3 + 9,2 = 33,2
  2. Rafael Nadal: (20 + 0,5) + 0,8 + 0 + 1,5 + 8,23 = 31,03
  3. Novak Djokovic: (18 + 0,7) + 0 + 2,5 + 0,3 + 8,55 = 30,05
  4. Pete Sampras: 14 + 0 + 2,5 + 0,6 + 7 = 24,1
  5. Björn Borg: 11 + 0 + 1 + 0,3 + 5,0 = 17,3
  6. Ivan Lendl: 7,8 + 0 + 2,5 + 0,3 + 5,7 = 16,3
  7. John McEnroe: 7 + 0 + 1,5 + 1,5 + 4,6 = 14,6
  8. Jimmy Connors: 7,6 + 0 + 0,5 + 0,3 + 5,42 = 13,82
  9. Andre Agassi: (8 + 0,5) + 0,6 + 0,5 + 0,9 + 3,37 = 13,87
  10. Boris Becker: 5,9 + 0,2 + 1,5 + 0,6 + 2,4 = 10,6

Nicht ganz in die Top-Ten haben es geschafft:

11. Stefan Edberg: 5,6 + 0 + 0,5 + 1,2 + 3,2 = 10,5
12. Mats Wilander: 6,3 + 0 + 0 + 0,9 + 2,7 = 9,9
13. Rod Laver: (4.7 + 1) + 0 + 0 + 0.3 + 2.75 = 8,75

Rod Laver war zu Beginn der Open Era am 22.04.1968 bereits 29,7 Jahre alt. Er gehörte von 1963 bis 1970 durchgehend zu den drei Besten der Welt und gewann von März 1956 (mit 17,5 Jahren) bis Januar 1976 insgesamt 200 Turniere, zuletzt im Alter von 37,4 Jahren. Über die Hälfte seiner Karriere lag also zu Beginn der Open Era bereits hinter ihm (ca. 60 Prozent). Gleichwohl schafft er es mit nur rund 40 Prozent seiner aktiven Zeit in die Top-15. Hätte die Open Era zehn Jahre früher begonnen, hätte Laver es wohl in die Top-Five geschafft, noch vor Lendl und Borg, eventuell auch vor Sampras.

Ähnliches gilt für den nochmals knapp vier Jahre älteren Ken Rosewall, den ersten Grand Slam-Sieger der Open Era, der schon 33,4 Jahre alt war, als diese startete. Wären die Turniere zehn bis zwölf Jahre früher für professionelle Tennisspieler geöffnet worden, wäre Rosewall klar in den Open Era-Top-Ten. Noch mehr gilt dies für den alles überragenden Spieler der 1950er Jahre Pancho Gonzalez. Gonzales war zu Beginn der Open Era bereits 39,9 Jahre alt. Er erreichte – fast 20 Jahre nach seinem ersten Grand Slam-Sieg bei den U.S. Championchips 1948 – beim ersten Grand Slam-Turnier der Open Era, den French Open 1968, mit 40 Jahren das Halbfinale.

Boris Becker und Stefan Edberg liegen dabei sehr nah zusammen mit nur 0,1 Punkte Unterschied, also im Grunde gleichauf. Alle anderen haben unter 10 Punkte, beginnend mit Mats Wilander. Andy Murray kommt wegen seiner „nur“ drei Grand Slam-Siege (plus ein Sieg bei den ATP Finals, zwei Goldmedaillen im Einzel, einem Davis Cup-Sieg, einmal am Jahresende die Nr. 1, einmal die 2 und 1,5 mal die Nr. 3) auf: 3 + 0,5 + 1 + 0,3 + 1,95 = 6,75 Punkte.

Fazit: Federer, Nadal und Djokovic sind klar die drei Größten der Open Era und werden den GOAT unter sich ausmachen

Diese Punktzahlen verdeutlichen sehr schön, dass Federer, Nadal und Djokovic, die alle bei um die oder sogar über 30 Punkten liegen, in einer ganz eigenen Liga spielen, in deren Nähe ansonsten nur noch Pete Sampras mit über 24 Punkten heran reicht. Alle anderen kommen nicht mal in die Nähe von 20 Punkten. Ein Federer, Nadal oder Djokovic wäre im Tennisquartett quasi zwei Borg, Lendl, McEnroe oder Agassi wert und drei Edberg, Becker oder Wilander.

Die Frage, wer The Greatest Of All Time werden wird, mindestens für die Zeit der Open Era, aber wahrscheinlich auch insgesamt, wird sich die nächsten Jahre zwischen Federer, Nadal und Djokovic entscheiden, die alle drei sicherlich noch weitere große Titel gewinnen können. Vor allen Dingen Djokovic scheint weiter hungrig und in bestechender Form. Zudem ist er mit 33 Jahren der Jüngste von den Dreien. Aber vielleicht auch Nadal (34), vor allem bei den French Open, könnte noch weitere A-Titel gewinnen. Eventuell könnte sogar der inzwischen 39-jährige Federer, insbesondere in Wimbledon nochmals zuschlagen. Es bleibt also spannend und die Frage, wer gemessen an den sportlichen Erfolgen als GOAT in die Geschichte eingehen wird, ist weiter offen.

Quellen:

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Nachtrag 1: Was, wenn man die B-Turniersiege mit aufnähme in das Allzeit-Ranking?

Wenn man die B-Turniersiege mit einbeziehen würde, was man natürlich machen könnte, zum Beispiel dergestalt, dass man pro Masters 1000-Turniersieg 0,1 oder 0,2 Punkte zusätzlich vergibt und dies ebenso für in etwa vergleichbare Turniere vor 1990 machen würde, dann sähe das Ergebnis wie folgt aus. Addiere ich pro B-Turniersieg nochmals 0,2 Punkte auf und zusätzlich 0,1 Punkte wenn jemand in seiner Karriere alle neun Masters 1000 mindestens einmal gewonnen hat (Masters-Karriere-Slam) und 0,2 Punkte, wenn jemand, wie Djokovic, alle B-Turniere mindestens zweimal gewonnen hat (doppelter Masters-Karriere-Slam), dann kämen als sechster Summand folgende Punktzahlen hinzu:

  1. Novak Djokovic: 36 x 0,2 + 0,2 Bonus für doppelten Masters 1000 Slam = 7,4
  2. Rafael Nadal: 35 x 0,2 = 7,0
  3. Roger Federer: 28 x 0,2 = 5,6
  4. Ivan Lendl: 22 x 0,2 = 4,4
  5. John McEnroe: 19 x 0,2 = 3,8
  6. Jimmy Connors: 17 x 0,2 = 3,4
  7. Andre Agassi: 17 x 0,2 = 3,4
  8. Björn Borg: 15 x 0,2 = 3,0
  9. Andy Murray: 14 x 0,2 = 2,8
  10. Boris Becker: 13 x 0,2 = 2,6
  11. Pete Sampras: 11 x 0,2 = 2,2
  12. Stefan Edberg: 8 x 0,2 = 1,6
  13. Mats Wilander: 8 x 0,2 = 1,6

An der Reihenfolge der größten Spieler der Open Era ändert sich dadurch fast nichts, außer dass Ivan Lendl Björn Borg überholt und sich bei den anderen die Punktzahlen und Abstände wie folgt verändern würden.

Allzeit-Weltrangliste seit 1968 inkl. B-Turniersiege seit 1970

  1. Roger Federer: 38,8
  2. Rafael Nadal: 38,03
  3. Novak Djokovic: 37,45
  4. Pete Sampras: 26,3
  5. Ivan Lendl: 20,7
  6. Björn Borg: 20,3
  7. John McEnroe: 18,4
  8. Andre Agassi: 17,27
  9. Jimmy Connors: 17,22
  10. Boris Becker: 13,2

Nicht in die Top-Ten der größten Tennisspieler in der Open Era (st. 1968) schaffen es auch dann nicht:

11. Stefan Edberg: 12,1
12. Mats Wilander: 11,5
13. Rod Laver: 10,55
14. Andy Murray: 9,55

Boris Becker wäre dann nicht hauchdünn, sondern relativ klar vor Stefan Edberg in den Top-Ten. Es ist allerdings für Ende der 1960er, die 1970er und die 1980er Jahre nicht ganz einfach, genau zu bestimmen, welche Turniere man in die B-Kategorie einzuordnen hat, da das Turniersystem damals noch nicht so klar strukturiert war wie ab 1990.

Nachtrag 2: Was, wenn man für B-Turniersiege 0,1 Punkte vergibt?

Vergibt man für B-Turniersiege 0,1 statt 0,2 Punkte, dann bleibt Björn Borg mit 18,8 Punkten vor Ivan Lendl mit 18,5 Punkten auf Position fünf. Und ich neige aus sachlichen Gründen nach wir vor eher dazu, die B-Turniere im Allzeit-Ranking nicht mit aufzunehmen, sondern „nur“ die fünf von mir genannten, erläuterten und begründeten Kriterien: a) Grand Slam-Titel, b) ATP Finals-Titel, c) olympische Goldmedaillen, d) Davis Cup-Titel und e) abgeschlossene Jahre als Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 3 der Welt.

Nachtrag 3: Was, wenn man B-Turniersiege mit 0,2 Punkten mit aufnimmt und C-Turniersiege mit 0,1 Punkten?

Auch hier ist es schwierig, für die Zeit von 1968 bis 1989 genau zu bestimmen, welche Turniere in die C-Rubrik einzuordnen sind. Ab 1990 ist das leicht, denn 1990 wurden die ATP Championship Series eingeführt, die heute ATP Tour 500 heißt. Wenn man für jeden B-Turniersieg 0,2 Punkte vergeben und dies als sechsten Summanden in die All-Time-Ranking-Formel mit aufnehmen möchte, dann könnte man auch für jeden C-Turniersieg 0,1 Punkte vergeben und dies als siebten Summanden mit aufnehmen. Die erfolgreichsten ATP 500-Spieler seit 1990 waren:

  1. Roger Federer: 24 x 0,1 = 2,4
  2. Rafael Nadal: 21 x 0,1 = 2,1
  3. Novak Djokovic: 14 x 0,1 = 1,4
  4. Pete Sampras: 12 x 0,1 = 1,2
  5. David Ferrer: 10 x 0,1 = 1,0
  6. Boris Becker: 9 x 0,1 = 0,9 (plus etliche C-Turniersiege vor 1990)
  7. Juan Martin Del Potro: 9 x 0,1 = 0,9
  8. Andy Murray: 9 x 0,1 = 0,9
  9. Stefan Edberg: 8 x 0,1 = 0,8 (plus C-Turniersiege vor 1990)
  10. Goran Ivanisevic: 7 x 0,1 = 0,7

Die Kennziffern der Top-Vier würden sie dadurch wie folgt verändern.

Allzeit-Weltrangliste seit 1968 inkl. B-Turniersiege seit 1970 und C-Turniersiege seit 1990

  1. Roger Federer: 41,2
  2. Rafael Nadal: 40,13
  3. Novak Djokovic: 38,85
  4. Pete Sampras: 27,5

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