Von Jürgen Fritz, Sa. 27. Nov 2021, Titelbild: Our World in Data
In Deutschland steigt die Zahl der COVID-19-Todesfälle erstmals seit April wieder Richtung 2.000 pro Woche. Die 2.000er Marke wurde bisher nur einmal überschritten, von Ende November 2020 bis Anfang März 2021. Russland zählt inzwischen 8.500 Todesfälle pro Woche. Offiziell.
1.790 COVID-19-Tote in den letzten sieben Tagen
Zum Stand gestern waren es in Deutschland laut John Hopkins University (aktuellere Zahlen als das RKI) bereits 1.790 COVID-19-Todesfälle in den letzten sieben Tagen. Diese Zahl dürfte die nächsten Tage, wahrscheinlich sogar Wochen weiter steigen, denn die Sieben-Tage-Inzidenz, die Zahl der Neuinfektionen steigt weiter (laut Our World in Data und John Hopkins University auf fast 485 pro 100.000 am Freitag, den 26.11.2021).
Und die Neuinfektionen von heute, gestern und vorgestern sind zu einem bestimmten Prozentsatz die schweren Erkrankungen, Hospitalisierungen, invasiven Beatmungen und Todesfälle einige Wochen später. Je höher also die Inzidenz bei gleichen Randbedingungen, desto höher die Zahl der Todesfälle einige Wochen darauf, wobei Impfungen diesen Prozentsatz zwar nicht auf null drücken können, ihn im Schnitt aber auf ca. ein Zehntel gegenüber Ungeimpften reduzieren. Das Risiko einer schweren Erkrankung mit Hospitalisierung sinkt also durch vollständige Impfungen um grob etwa 90 Prozent. Zumindest für einige Monate, bis die Wirkung der Impfung nachlässt.
Über 4.300 Personen in intensivmedizinischer Behandlung, mehr als die Hälfte davon muss bereits invasiv beatmet werden
Die Zahl der COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung stieg gestern (26.11.2021, 12:15 Uhr) laut DIVI Intensiv Register (siehe Tagesreport-pdf) von 4.202 auf 4.326. Mehr als die Hälfte davon (2.217) muss bereits invasiv beatmet werden.
Patienten, die so schwer erkrankt sind, dass sie invasiv beatmet werden müssen, überleben das in fast 50 Prozent der Fälle nicht. Sie kann selbst diese Maßnahme nicht mehr retten. Bei älteren Patienten, vor allem über 80, ist das Verhältnis Überleben-Sterben trotz Beatmung noch deutlich ungünstiger. Man kann sich zumindest in etwa vorstellen, was das für das Klinikpersonal bedeutet, die tage- und wochenlang um die Menschen kämpfen und dann fast in der Hälfte der Fälle diesen Kampf verlieren. Und das jeden Tag, jede Woche, jeden Monat … , manche seit nunmehr 20 Monaten.
Russland liegt inzwischen bei offiziell ca. 8.500 COVID-19-Todesfällen pro Woche
Russland (73 Prozent mehr Einwohner als Deutschland), das bis Juni noch niemals die 4.000er Marke erreicht hat, meldete die letzten sieben Tage offiziell ca. 8.500 COVID-19-Todesfälle.
Die tatsächlichen COVID-19-Todesfälle liegen dabei in Russland meist deutlich höher als in den offiziellen Zahlen bekannt gegeben. Ende Dezember 2020 korrigierten russische Behörden die Corona-Todesfallzahlen intern auf das Drei- bis Vierfache nach oben: von 55.000 auf 186.000. In Russland weiß man also nie so genau, ob die offiziellen Zahlen, die international gemeldet werden, tatsächlich auch nur annähernd stimmen. Sprich die tatsächlichen Todesfälle könnten sogar noch wesentlich höher sein.
In Deutschland liegt die Impfquote bei unter 68 Prozent Vollgeimpfter
Die Impfquote liegt in Deutschland bezogen auf Vollimpfungen bei unter 68 Prozent an vollständig Geimpften, wobei die Wirkung des Vakzins je nach Lebensalter – bei älteren Personen schneller als bei jüngeren – nach ca. vier bis sechs Monaten deutlich nachlässt. Deshalb ist die Booster Impfung so wichtig, welche mehr ist als eine „Auffrischung“ ist. Der Schutz, darauf deuten alle Daten hin, ist nach der Booster Impfung höher als er nach der Zweitimpfung jemals war. Es wird also nicht nur „aufgefrischt“, sondern ein höheres Maß an Impfschutz erzielt.
Knapp 68 Prozent Impfquote sind bei der inzwischen dominanten Delta-Variante von SARS-CoV-2 deutlich zu wenig. Beim ursprünglichen Wildtyp des neuartigen Coronavirus, das eine Basisreproduktionszahl R0 von ca. 2,5 hatte (100 Infizierte steckten ohne Gegenmaßnahmen ca. 250 andere an) hätte das wahrscheinlich bereits ausgereicht, die inzwischen dominante Delta-Variante ist aber weitaus ansteckender. Hier liegt R0 bis ca. 7, das heißt, 100 Infizierte stecken bei Delta ohne Gegenmaßnahmen nicht 250, sondern ca. 700 andere Personen an.
In Russland liegt die Impfquote bei unter 38 Prozent Vollgeimpfter, halb so hoch wie in Uruguay
In Russland, wo ein eigener Impfstoff entwickelt wurde (Sputnik V), der gar nicht schlecht und sogar länger wirksam sein soll als die mRNA-Wirkstoffe (eher sechs bis acht statt vier bis sechs Monate), dem die eigene Bevölkerung aber nur wenig zu trauen scheint, wie sie wohl allgemein dem eigenen Gesundheitswesen und der Staatsgewalt Russlands nur wenig traut, liegt die Impfquote bei Vollimpfungen (nicht Booster, sondern nur Erst- und Zweitimpfung) aber nicht einmal annähernd bei 68, sondern sogar unter 38 Prozent (!), halb so hoch wie in Uruguay und deutlich niedriger als in Brasilien, der Türkei, Thailand, dem Iran und Mexiko.
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