Von Jürgen Fritz, Sa. 25. Apr 2020, Titelbild: SWR-Screenshot
Ein gängiges Argumentationsmuster in der Coronakrise lautet: hier Gesundheit und Menschenleben einer Minderheit, dort die Psyche aller sowie die Interessen der Wirtschaft. Diese Kontrastierung ist meines Erachtens völlig falsch und irreführend. Weshalb? Hier der Versuch einer Erklärung.
Ein zweiter, deutlich heftigerer Lockdown wäre viel verheerender als ein wenige Wochen längerer einmaliger Lockdown
Wenn es zu einem erneuten exponentiellem Anwachsen der Zahl der Infizierten und der Todesfälle kommen sollte, dann unweigerlich zu einem zweiten, viel längeren und vielleicht sogar härterem Lockdown als jetzt, so wird das beide Bereiche betreffen: a) Zum einen die Gesundheit nicht der Mehrheit, aber doch sehr vieler Menschen, inklusive tausender und abertausender neuer Todesfälle. Bisher sind wir hier inklusive der Dunkelziffer mit wohl nicht mal zehntausend Toten recht glimpflich davon gekommen.
b) Zum anderen wird ein zweiter, womöglich schärferer und längerer Lockdown aber auch die Psyche aller und die Wirtschaft noch viel mehr treffen, die dann völlig einzubrechen droht. Man stelle sich vor, was das für die Geschäfte, die Firmen, die Unternehmen und auch die Psyche der Menschen bedeuten wird, wenn man gerade alles wieder angeworfen hat und nur wenige Wochen später muss alles noch radikaler runtergefahren werden!
Die richtige Fragestellung lautet also nicht: Gesundheit und Leben einiger versus Psyche aller und florierende Wirtschaft, sondern die Frage lautet: ein einmaliger, etwas längerer Lockdown (ca. 3 Wochen, nun nach den ersten verfrühten Lockerungen wohl schon etwas länger) oder mehrere, immer härtere und längere Lockdowns.
Es geht um Disziplin, Klugheit und Umsicht oder weniger Disziplin, weniger Klugheit und weniger Umsicht
Armit Laschet, die FDP und die AfD, auch Teile der Grünen, sind also weniger besonders wirtschafts-, freiheits- und menschenfreundlich, wenn sie möglichst schnell, möglichst viele Lockerungen fordern, sondern unter Umständen – und das steht zu befürchten! – besonders kurzsichtig und besonders wenig rational. Das ist der Punkt.
Es geht nicht um Wirtschaft und Psyche aller versus Gesundheit und Menschenleben derjenigen, welche die Infektion mit SARS-CoV-2 besonders hart treffen wird und die das teilweise nicht überleben werden, sondern es geht um a) Disziplin, Klugheit und umsichtiges Agieren versus b) weniger Disziplin, weniger kluges, weniger umsichtiges Agieren mit womöglich katastrophalen Folgen für die physische Gesundheit nicht der Mehrheit, aber doch sehr vieler Menschen, für die Psyche aller UND für die Wirtschaft.
Es sei denn, die tatsächliche Gefahr ist sehr viel geringer als angenommen, was ja einige behaupten. Aber wehe, wenn nicht.
P.S.
Mehr als zwei Drittel der Deutschen (ca. 68 bis 69 Prozent) steht übrigens laut einer aktuellen Civey-Befragung grundsätzlich noch immer eher auf der Seite der Disziplin, der Klugheit, der Um- und Vorsicht. Nur gut ein Viertel halten die Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechts nicht mehr für verhältnismäßig.
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