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Sinsheim: 13-Jähriger ermordet, Tatverdächtiger (14) stach vor kurzem erst auf anderes Kind ein

Von Jürgen Fritz, So. 28. Feb 2021, Titelbild: RTL-Screenshot

Diese Tat schockiert ganz Sinsheim. Am Mittwochnachmittag wurde am Waldrand in einem Feldgebiet bei Sinsheim-Eschelbach ein 13-jähriger Junge aufgefunden, der mit mehreren Messerstichen getötet worden war. Neben der Leiche stand ein 14-Jähriger blutverschmiert, mit einem Messer in der Hand sowie ein 13-jähriges Mädchen. Vor drei Monaten erst versuchte der mutmaßliche Mörder, damals noch 13, ein anderes Kind mit einem Messer zu töten und verletzte es dabei schwer.

Erstochener 13-Jähriger aufgefunden

Am Mittwochnachmittag zwischen 16 und 17 Uhr wurde in Sinsheim-Eschelbach in einem Feldgebiet am Waldrand ein 13-jähriger Junge tot aufgefunden. Kurz nach der Tat (um 16:08 Uhr) wurde die Polizei zum Tatort gerufen und traf dort offensichtlich sehr schnell ein. Den Beamten bot sich ein grausames Bild: Das Opfer habe auf dem Boden gelegen, der mutmaßliche Täter habe mit blutverschmierten Kleidern und dem Messer in der Hand daneben gestanden. Außerdem habe ein Mädchen (13) habe neben der Leiche gestanden. Der 14-jährige Tatverdächtige wurde noch vor Ort festgenommen.

Der Tatort

Bei dem Messer handelte es sich um ein Küchenmesser, von dem man ausgeht, dass es sich um die Tatwaffe handelt, mit welcher der 13-Jährige erstochen wurde. Der 14-jährige Junge leistete keinen Widerstand und ließ das Messer nach Aufforderung der Polizisten fallen. Der Tatverdächtige wurde sofort verhört. Die Ermittler vermuten, dass Eifersucht zwischen den beiden Jungen in Bezug auf das Mädchen als Tatmotiv in Frage komme.

Mit mehreren Stichen in den Oberkörper umgebracht, zuvor wohl heimtückisch an den Waldrand gelockt

Der 13-Jährige sei unter einem Vorwand an den Tatort gelockt worden, sagte Siegfried Kollmar, Leiter der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg. Dann sei er von dem 14-Jährigen mit mehreren Stichen in den Oberkörper ermordet worden. Zuvor könnte es einen „kurzen Kampf“ zwischen den beiden Jugendlichen gegeben haben, so Kollmar. Bezüglich des Mädchens werde eine Tatbeteiligung geprüft.

Der Tatverdächtige soll die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser, schon zum Treffpunkt mitgebracht haben, was darauf hindeutet, dass die Tat schon vorher geplant war. Nach einem kurzen Spaziergang soll er dann mehrfach auf sein Opfer eingestochen haben. Das vermutete Motiv: Eifersucht. Die Ermittlungsbehörden gehen bei der Tat nicht nur von Totschlag nach § 212 StGB, dem klassischen Tötungstatbestand, aus, sondern von dem verschärften Tötungsdelikt Mord nach § 211 StGB. Denn der mutmaßliche Täter brachte das Messer mit zum Treffpunkt und hat das Kind heimtückisch in einen Hinterhalt gelockt, womit ein verschärfendes Tatbestandsmerkmal gegeben wäre.

Nicht der erste Messerangriff des mutmaßlichen Mörders auf ein anderes Kind

Dabei ist der mutmaßliche Mörder kein Unbekannter. Bereits im November, also vor drei Monaten, hat er – damals noch 13 Jahre alt und somit strafunmündig – einen Mitschüler niedergestochen. Diese Tat ist also gerade erst ein viertel Jahr her. Damals hatte der Junge an der Östringer Thomas-Morus-Realschule – etwa zwölf Autominuten von Sinsheim-Eschelbach entfernt – einen 13-Jährigen mit seinem Messer schwer verletzt. Der Messerstecher kam nach der Pause in das Klassenzimmer des anderen Jungen und fügte ihm mehrere Stichverletzungen am Oberkörper zu. Der schwer verletzte Schüler musste mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik geflogen werden, konnte aber gerettet werden.

Vor der blutigen Eskalation soll es über Monate hinweg Streit zwischen den Jungen, zwei Siebtklässlern, gegeben haben. Wegen dieser Tat wurde wegen eines versuchten Tötungsdeliktes gegen den Angreifer ermittelt. Da dieser damals aber noch knapp unter 14 Jahre alt war, war er zu dem Zeitpunkt nach deutschem Recht noch nicht strafmündig, so dass er nicht bestraft werden konnte.

Wie das Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises am Freitagnachmittag schriftlich mitteilte, hat der damals noch 13-jährige Messerstecher nach der Attacke auf seinen Mitschüler im November 2020 mehrere Wochen stationär in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie verbracht. Dort habe er auch ein Anti-Aggressionstraining begonnen. Die Familie wurde weiterhin durch das Kreisjugendamt betreut und unterstützt.

Täter und Opfer haben türkischen Hintergrund

Doch nur drei Monate später hat es den nächsten Mitschüler erwischt, ein 13-jähriges Kind, welches die neuerliche Messerattacke nicht überlebte. Laut Siegfried Kollmar, Leiter der Kripo Heidelberg, liegt das Mordmerkmal der Heimtücke vor. Die Tat soll geplant gewesen sein und das Opfer wurde wohl in einen Hinterhalt gelockt. Und inzwischen liegt auch das Ergebnis der Obduktion vor. Demnach starb das 13-jährige Kind an „Verbluten nach innen“.

Wie Siegfried Kollmarweiter sagt, handelt es sich bei Täter und Opfer jeweils um Jungen mit türkischem Hintergrund. „Beide, Opfer und mutmaßlicher Täter, hatten einen türkischen Migrationshintergrund“, so Kollmar. Die Frage, woher die beiden Jugendlichen stammten, wollte er nicht beantworten, weil „wir nicht möchten, dass jemand dort anfängt zu ermitteln.“

Der 14-Jährige gibt die Tat bislang nicht zu

Zum Tathergang: Das spätere Opfer ist wohl bewusst und gezielt in den Wald gelockt worden. Wahrscheinlich hat es einen kurzen Kampf gegeben. Dies vermutet man, weil der mutmaßliche Täter bei seiner Festnahme schmutzige und blutverschmierte Kleidung an hatte. Ob das strafunmündige Mädchen, das womöglich Auslöser dieses Dramas ist, an der Tat beteiligt war, weil es womöglich unter Druck gesetzt wurde, sei derzeit noch unklar. Die 13-Jährige wurde auf jeden Fall ebenfalls in der Nähe des Tatorts angetroffen.

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg teilte am Freitag mit, dass der dringend tatverdächtige 14-Jährige die Tat bestreiten, sonst aber wohl schweigen würde. Er habe seine Unschuld bei der Eröffnung des Haftbefehls beteuert.

Jugendamt hat nach dem versuchten Tötungsdelikt im November das Familiengericht nicht eingeschaltet

Das zuständige Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises hat nach dem ersten Messerangriff im November das Familiengericht nicht eingeschaltet. Nach Angaben des dafür zuständigen Landgerichts Heidelberg wird das Familiengericht mit Fällen von Gefahr für das Kindeswohl befasst. Im diesem Fall seien aber wahrscheinlich aus Sicht des Jugendamtes weder Sorgerechtsentzug für die verwitwete Mutter noch Zwangsunterbringung des Jungen nötig gewesen, sagte der Gerichtssprecher. Für solche schwerwiegenden Schritte sei eine richterliche Genehmigung erforderlich.

Das Familiengericht sei etwa eine Woche nach Erhalt der Akte der Staatsanwaltschaft Mitte Januar auf das Jugendamt zugegangen, um sich über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren. Wenige Tage vor der Tat sei eine weitere routinemäßige Anfrage an das Jugendamt ergangen. Das Schreiben habe die Behörde aber wahrscheinlich nicht mehr vor der Tat erreicht.

Als Jugendlicher kann der mutmaßliche Täter, so er überführt wird, maximal zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt werden

Gegen den Tatverdächtigen wurde Haftbefehl erlassen. Er sitzt nun in einer Jugendvollzugsanstalt in Untersuchungshaft. Da er aber erst 14 Jahre alt ist, findet das Jugendstrafrecht Anwendung und hier beträgt die absolute Höchststrafe zehn Jahre Jugendstrafe. Also selbst wenn der Junge die Tat tatsächlich beging, überführt werden kann und verurteilt wird, ist er spätestens, sofern er nicht vorzeitig entlassen wird, mit 24 Jahren wieder auf freiem Fuß. Wäre er bei Begehung der Tat auch nur einen Tag jünger als 14 gewesen, könnte er als strafunmündiges Kind überhaupt nicht bestraft werden.

Auch das andere Kind (13) sei vernommen worden, gegen das Mädchen bestehe jedoch bislang kein Verdacht, so die Polizei. Weil es erst 13 Jahre alt ist, ist es ohnehin nicht strafmündig.

Die Familie des Opfers sei „völlig aufgelöst“ und werde von einem Kriseninterventionsteam betreut, hieß es. Zwischendurch habe man auch die Polizei die Familie überwachen lassen, weil „starke Emotionen“ zu spüren gewesen seien. Generell sei man in Eschelbach, einem kleinen Dorf mit nur knapp 2.200 Einwohnern, das zu Sinsheim gehört, sehr geschockt über die Tat.

Anwohner: „Die ganzen Jugendlichen hatten Angst vor ihm“ 

RTL-Reporterin Romy Schiemann hat in Sinsheim-Eschelbach mit dem Cousin des Getöteten gesprochen. Die ganze Familie habe sich am Ort des Geschehens zum Trauern versammelt. „Man möchte mir derzeit nichts zu den Hintergründen sagen, der Cousin hat mir aber gesagt, dass die Familie noch überhaupt noch nicht fassen kann, was passiert ist und sie das jetzt erstmal gemeinsam begreifen wollen.“ Die Stimmung in Eschelbach sei gedrückt, die Bewohner seien „fassungslos und können sich die grausame Tat nicht erklären“.

Die BILD und der FOCUS berichten, dass sich Nachbarn des mutmaßlichen Mörders zu Wort gemeldet hätten. Ein Anwohner hätte gesagt: „Die ganzen Jugendlichen hatten Angst vor ihm. Er ist ein wahrer Teufel.“ Der 14-jährige Tatverdächtige mit türkischem Hintergrund soll mit seiner Mutter und seinen drei Geschwistern in einer Wohnung im Ortskern von Sinsheim gelebt haben. Laut BILD sei er in der Schule oft gemobbt worden.

Türkischer Elternverein Wiesloch trauert um den 13-jährigen toten Sinan

Der Türkischer Elternverein Wiesloch e.V. schreibt heute auf seiner Facebookseite ins Deutsche übersetzt:

„Sinan, ein 13-jähriges kleines Mitglied der Toptik Family of Sinsheimer Gewerbetreibenden, schloss leider nach einem Angriff eines 14-jährigen türkischen Teenagers die Augen. Wir sprechen allen Angehörigen, insbesondere Sinans Familie, unser tiefstes Beileid aus, der am Freitag zur letzten Reise geschickt wurde, und teilen ihre Sorgen 😔😔 Heute um 13:00 Uhr nimmt seine Familie Beileidsbekundungen an.“

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