Die Linke fällt erstmals seit über einem Jahr hinter die FDP zurück

Von Jürgen Fritz, So. 28. Feb 2021, Titelbild: © JFB

Sieben Monate vor der Bundestagswahl zeigt sich die FDP im Aufwind, steigt wieder auf fast 8 Prozent. Die Linke dagegen, die bis Mitte 2018 Werte um die 11 Prozent erreichte, fällt inzwischen unter 7,5 Prozent und liegt damit erstmals seit über einem Jahr auf dem letzten Platz der sechs Bundestagsfraktionen. Und die Union liegt erstmals seit Anfang April 2020 klar unter 35 Prozent.

FDP überholt erstmals seit mehr als einem Jahr Die Linke

Aktuell liegen von allen neun Instituten repräsentative Umfragen vor, die in den letzten drei Wochen durchgeführt wurden. Die Erhebungen zeigen: Die Zustimmung zur Union bewegt sich die letzten Wochen erstmals seit Anfang April 2020 klar unter die 35 Prozent-Marke.

Die FDP befindet sich dagegen seit Oktober klar im Aufwärtstrend, steigt von damals knapp über 5 auf nun fast 8 Prozent. Damit kann sie erstmals seit Januar 2020 Die Linke überholen, welche seit Mitte 2018 von ca. 11 auf nun unter 7,5 Prozent zurückfällt.

Die AfD bleibt im einstelligen Bereich und die SPD schafft es weiterhin nicht, sich deutlich über 15 Prozent nach oben zu entwickeln. Die Grünen entfernen sich ein klein wenig weiter von der 20 Prozent-Marke.

So würden die Deutschen heute wählen

Angegeben ist für jede Partei der Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute,  die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen repräsentative Erhebungen durchführten. Dies waren alle neun großen Meinungsforschungs-Institute. Aufgeführt ist für jede Partei der niedrigste und der höchste Wert dieser neun einbezogenen Institute (es wurde jeweils nur die neueste Umfrage herangezogen) sowie fettgedruckt das arithmetische Wahl-O-Matrix-Mittel aller neun Werte:

  1. CDU/CSU: 33 – 37 % ==> 34,5 %
  2. GRÜNE: 17 – 20 % ==> 18,8 %
  3. SPD: 15 – 17 % ==> 15,9 %
  4. AfD: 811 % ==> 9,8 %
  5. FDP: 79 % ==> 7,8 %
  6. LINKE: 69 % ==> 7,4 %
  7. Sonstige: 4,5 – 7 % ==> 5,8 %
2021-02-28

(c) JFB

Erläuterung: Diese Werte sind so zu verstehen, dass es für jede Partei bzw. für jede Bundestagsfraktion ein Fenster gibt, innerhalb dessen sie derzeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit läge. Die aufgeführten Zahlen stellen die Mitte dieses Fensters dar. Kleine Abweichungen von dieser Fenster-Mitte von ein bis zwei Prozent sind also jeweils in beide Richtungen möglich, bei größeren Parteien auch drei Prozent, wobei die Wahrscheinlichkeit, je weiter man sich von der Mitte des Fensters weg bewegt, immer mehr abnimmt und zwar drastisch. Abweichungen von fünf bis zehn Prozent sind daher nahezu ausgeschlossen. Dies läge weit außerhalb des Fensters.

Weiterhin deutet alles auf eine kommende schwarz-grüne Bundesregierung hin

Für eine Mehrheit der Sitze im Bundestag wären mit diesen Ergebnissen zum derzeitigen wegen der ca. 5,8 Prozent für sonstige Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, nicht über 50, sondern etwas über 47,1 Prozent der Stimmen notwendig. Folgende Koalitionen wären zu erwarten:

  • SchwarzGrün: 53,3 %
  • SchwarzRot: 50,4 %
  • GrünRotGelb (Ampel): 42,5 %
  • SchwarzGelb: 42,3 %
  • GrünRotDunkelrot: 42,1 %

Zum heutigen Stand hätten also sowohl Schwarz-Grün als auch Schwarz-Rot deutlich über 47,1 Prozent der Stimmen und damit eine klare Mehrheit der Sitze im Parlament. Mit der FDP zusammen würde es derzeit für die Union dagegen nicht reichen für eine Mehrheit. Ebenso hätte eine von den Grünen angeführte Regierungskoalitionen derzeit kaum Aussichten. Dies galt sowohl für eine Ampelkoalition aus Grünen + SPD + FDP als auch für Grüne + SPD + Linkspartei (Grün-Rot-Dunkelrot).

Die Bürger wünschen sich am ehesten Schwarz-Grün

Da die SPD kaum ein viertes Mal in fünf Legislaturperioden in eine schwarz-rote Koalition eintreten wollen wird, welche sie immer mehr verzwergt hat, deutet weiter alles auf eine schwarz-grüne Bundesregierung hin nach der Bundestagswahl am 26. September 2021.

Schwarz-Grün ist laut ZDF-Politbarometer (Forschungsgruppe Wahlen) auch die am ehesten bevorzugte Koalition der wahlberechtigten Bürger. 19 Prozent würden sich diese Regierungskoalition wünschen, wenn sie wählen könnten:

  1. SchwarzGrün: 19 %
  2. SchwarzRot: 17 %
  3. GrünRot: 10 %
  4. SchwarzGelb: 9 %

Gewünschte Koalitionen - null. null

Nur 28 Prozent der Wahlberechtigten halten den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet als Kanzler für geeignet

Dass die Grünen den nächsten Kanzler stellen werden, gilt nach heutigem Stand als eher unwahrscheinlich. Dass der nächste Bundeskanzler aus der SPD kommt, noch unwahrscheinlicher. Die Frage wird wohl eher sein, mit wem die Union koalieren kann und will und wen sie als Kanzlerkandidat nominieren soll. Und hier hat die CDU offensichtlich ein massives Problem. Denn vieles deutet darauf hin, dass die Wahl Armin Laschets zum Bundesvorsitzenden, wie zuvor schon die Wahl Kramp-Karrenbauers, ein herber Fehlgriff war und ist.

Mit der Wahl von Armin Laschet, den weder die rund 17 Millionen Unionswähler noch die 400.000 CDU-Mitglieder wollten, hat die CDU der Demokratie einen schweren Schaden zugefügt. Demokratie lebt von klaren, starken, deutlich voneinander abgegrenzten Alternativen, so dass die wahlberechtigten Bürger auch inhaltlich eine wirkliche Auswahl haben. Eine Laschet-CDU ist aber keine klare Alternative zu Grün-Rot-Dunkelrot. Damit lässt man Millionen Wähler, die weder mit der AfD noch mit GRR etwas zu tun haben wollen, außen vor, die sich dann innerlich zunehmend von dieser Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt und praktisch gestaltet wird, zurückziehen (sehr gefährlicher Entfremdungsprozess).

Die Ablehnung gegenüber Laschet hat sich auch in den letzten Wochen nicht signifikant geändert. Eine klare Mehrheit von 57 Prozent der wahrberechtigten Bürger hält Laschet als Bundeskanzler für ungeeignet. Nur gut jeder Vierte hält ihn für dieses hohe Amt für geeignet, während 53 Prozent den CSU-Vorsitzenden Markus Söder hierfür für geeignet erachten.

Als Bundeskanzler wäre geeignet ... - null. null

Selbst 55 Prozent der Unions-Anhänger halten Laschet für ungeeignet

Noch schlimmer aber aus CDU-Sicht: Sogar die Unionsanhänger halten Laschet mehrheitlich für ungeeignet als Kanzler! Kaum mehr als jeder dritte CDU/CSU-Wähler traut Laschet dieses Amt zu. Ein verheerender Wert! Eine klare Mehrheit von 55 Prozent sagt: Der kann das nicht.

Als Bundeskanzler wäre geeignet, die Anhänger der CDU/CSU ... - null. null

Damit kommen CDU und CSU in eine brenzlige Situation. Mit Laschet wird bei der Bundestagswahl kein Blumentopf zu gewinnen sein. Ergo wird man überlegen müssen, ob man nicht den Vorsitzenden der kleinen Schwester und bayerischen Ministerpräsidenten als gemeinsamen Kanzlerkandidaten nominiert, zumal der in der Bevölkerung derzeit sehr angesehen ist. Der CSU-Vorsitzende hat aber traditionell die Aufgabe, bayerische Interessen gegenüber dem Bund zu vertreten. Wird Söder Kanzler, so muss er aber primär die gesamtdeutschen Interessen vertreten, was zu einer Schwächung der CDU in Bayern führen kann. Dies ist aber die Hausmacht der CSU, die niemals verloren gehen darf.

Dieser schwache CDU-Vorsitzende, den sich kaum jemand als Kanzler vorstellen kann, bringt also womöglich die gesamte Union in eine schwierige Situation. Ob die Wahl Laschets entgegen dem ausdrücklichen Willen von Unionswählern und CDU-Mitgliedern auch dafür verantwortlich ist, dass CDU/CSU erstmals seit über zehn Monaten unter 35 Prozent gefallen sind oder ob hier auch das zunehmend als planlos empfundene Agieren der Union in der Coronakrise stärker zu den Verlusten beitrug, ist im Moment noch nicht sicher zu sagen.

Die Erhebungen dieser Institute wurden ausgewertet

Die neun Institute, die (bezogen auf den mittleren Tag der Befragung) in den letzten drei Wochen Erhebungen durchführten, welche ausgewertet wurden, waren:

  • Allensbach, mittlerer Tag der Befragung: 10./11.02.2021, persönlich-mündliche Befragung von 1.082 nach Quotenvorgaben ausgewählten Personen,
  • GMS, mittlerer Tag der Befragung: 12./13.02.2021, telefonische Befragung von 1.005 zufällig ausgewählten Personen
  • Civey (SPIEGEL), mittlerer Tag der Befragung: 12./13.02.2021, netzwerkbasierte Panel-Rekrutierung + Teilnehmerverifizierung + quotierte Stichprobe unverzerrter Antworten + Echtzeitgewichtung, Stichprobe: 10.075 Befragte
  • Infratest dimap (ARD-DeutschlandTrend), mittlerer Tag der Befragung: 16.02.2021, telefonische Befragung von 1.025 zufällig ausgewählten Personen
  • Forsa (RTL/ntv-Trendbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 19.02.2021, telefonische Befragung von 2.505 zufällig ausgewählten Personen
  • YouGov, mittlerer Tag der Befragung: 20.02.2021, internetbasierte Befragung von 1.619 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • INSA (BILD), mittlerer Tag der Befragung: 20./21.02.2021, internetbasierte Befragung von 2.075 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Kantar (BILD am Sonntag), mittlerer Tag der Befragung: 21.02.2021, telefonische Befragung von 1.869 zufällig ausgewählten Personen
  • Forschungsgruppe Wahlen (ZDF-Politbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 24.02.2021, telefonische Befragung von 1.202 zufällig ausgewählten Personen

Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool (von JFB gegründet), hat damit eine breite Datenbasis von insgesamt 22.457 Befragten.

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