Auf einen Rechtsextremisten kommen in Hamburg 4 linke Extremisten und 5 Islamisten

Von Jürgen Fritz, Mo. 06. Jul 2020, Titelbild: Screenshot Hamburger Verfassungsschutzbericht 2019

In Teil eins wurde aus der historischen Erfahrung des Untergangs der Weimarer Republik heraus verdeutlicht, warum eine freiheitliche Demokratie wehrhaft sein muss. In Teil zwei wurde aufgezeigt wie die Begriffe Radikalismus, Extremismus, Terrorismus, Islamismus und Salafismus zu verstehen sind und wer die Wertentscheidungen unserer Verfassung beseitigen möchte. In Teil drei werden nun die verfassungsfeindlichen Personenpotenziale in Hamburg genau beziffert, insbesondere die der Reichsbürger, der Scientology Organisation, der Rechtsextremisten, der extremistischen Bestrebungen mit Auslandsbezug, vor allem aber der Linksextremisten und der Islamisten.

Personenpotenziale in Hamburg

Das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg benennt in seinem Verfassungsschutzbericht 2019 die Größe des jeweiligen Personenpotenzials, welche die Wertentscheidungen unserer Verfassung ablehnen und diese aktiv bekämpfen. Hier nun in steigender Reihenfolge – von klein nach groß – dargelegt und genau beziffert.

1. Reichsbürger

In Hamburg werden 165 Personen (Stand: 31. Dezember 2019) der Reichsbürgerszene zugerechnet. Rund zehn Prozent wiesen davon Überschneidungen zum Rechtsextremismus auf. Im Vergleich zu den Vorjahren (2018: 145 Personen) ist ein weiterer Anstieg des Hamburger Personenpotenzials festzustellen. Der Anstieg ist mit der fortschreitenden Aufklärung der Szene und der damit verbundenen konsequenten Aufhellung des Dunkelfeldes durch den Verfassungsschutz zu erklären. Seit Beginn der bundesweiten Szenebeobachtung im Jahr 2016 hat es in Hamburg sechs Entziehungen waffenrechtlicher Erlaubnisse bei Reichsbürgern gegeben. Bundesweit wurden seit 2016 mehrere hundert waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen.

2. Scientology Organisation

»Aufgrund der seit Jahren andauernden erfolgreichen Aufklärungsarbeit staatlicher Stellen, insbesondere der Verfassungsschutzbehörden, hat die Scientology Organisation (SO) Schwierigkeiten, ihr Ansehen einer wertekonformen Organisation aufrecht zu erhalten und ihren schlechten Ruf abzulegen. Dies macht sich auch in den Mitgliederzahlen bemerkbar: Für die SO ist es schwierig, neue Interessenten zu rekrutieren oder zu halten. Es gelingt ihr nicht, die Zahl der Aussteiger durch neue und junge Mitglieder auszugleichen. Der Hamburger SO wurden Ende 2019, wie im Vorjahr, circa 300 Anhänger zugerechnet.«

3. Rechtsextremismus

Ähnlich klein ist das rechtsextremistische Personenpotenzial in Hamburg. Dieses ging 2019 zurück von 340 auf 330, davon 130 gewaltbereit.

»Das bundesweite Personenpotenzial stieg 2019 auf 32.080 an (2018: 24.100). Grund dieses Anstiegs ist die Einbeziehung von im BfV und mehreren Landesämtern im Jahr 2019 als Verdachtsfälle bearbeiteten Teilstrukturen der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), die selbst derzeit kein Beobachtungsobjekt ist. Es handelt sich dabei um die „Junge Alternative“ und „Der Flügel“. Ein Anstieg auf 13.000 ist bei den gewaltorientierten Rechtsextremisten zu verzeichnen (2018: 12.700).

2019 wurden in Hamburg 330 Personen der rechtsextremistischen Szene zugerechnet (2018: 340). Am Rückgang der Zahl der in Hamburg in parteiunabhängigen und parteiungebundenen Strukturen organisierten Personen auf 100 (2018: 120) zeigt sich der Bedeutungsverlust fester Organisationsstrukturen. Dagegen ist beim weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial, zu dem vor allem subkulturell geprägte Rechtsextremisten und rechtsextremistische Gewalttäter ohne Szeneanbindung gerechnet werden, ein leichter Anstieg auf 120 (2018: 110) zu verzeichnen. Von den 330 Hamburger Rechtsextremisten stuft das LfV Hamburg mit rund 130 so viele Personen wie im Jahr 2018 als gewaltorientierte Rechtsextremisten ein.

4. Extremistische Bestrebungen mit Auslandsbezug: auf einen Rechtsextremisten kommen 2,4 Extremisten mit Auslandsbezug

Die in Hamburg zahlenmäßig und politisch bedeutsamsten Vereinigungen sind

  • die kurdische Arbeiterpartei PKK („Partiya Karkerên Kurdistan“) sowie
  • die linksextremistische türkische „Revolutionäre Volksbefreiungsfront“ (DHKP-C).

Beide Organisationen werden seit 2002 von der Europäischen Union auf der Liste der terroristischen Organisationen geführt. Der Verfassungsschutz beobachtet zudem die Aktivitäten

  • türkisch-nationalistischer Rechtsextremisten wie der „Ülkücü“-Bewegung.

In Hamburg ist die Anzahl der Anhänger ausländischer extremistischer Vereinigungen auf 790 Personen (2018: 845) zurückgegangen:

  • PKK: 550 Personen (2018: 600)
  • Türkische Linksextremisten: 130 Personen (2018: 135)
  • Anhänger türkisch-nationalistischer Strömungen: 110 Personen (2018: 110)

Der Rückgang bei der PKK ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen wird eine stärkere Repression bei Reisen in die Türkei oder dort lebende Angehörige durch den türkischen Staat befürchtet. Zum anderen ist aber auch bei der jüngeren Generation eine nachlassende Bindungswirkung zu beobachten. Dies äußert sich in zurückgehenden Teilnehmerzahlen an PKK-Veranstaltungen und in einem geringeren Engagement in den sozialen Medien.

5. Linksextremisten: auf einen Rechtsextremisten kommen 3,9 Linksextremisten, davon 73 Prozent gewaltorientiert

Das linksextremistische Personenpotenzial in Hamburg blieb im Jahr 2019 mit rund 1.290 Personen (2018: 1.335) in etwa konstant (auf sehr hohem Niveau: auf einen Rechtsextremisten kommen in Hamburg 3,9 Linksextremisten, Anm. JFB).

Der autonomen sowie der antiimperialistischen Szene gehörten 865 Personen an. Darüber hinaus blieb die Zahl von gewaltorientierten dogmatischen Linksextremisten mit 25 Personen genau auf dem Niveau des Vorjahres (2018: 25). Das LfV Hamburg stuft 2019 somit 940 Personen (2018: 935) als gewaltorientierte Linksextremisten ein, das sind mehr als 70 Prozent aller Linksextremisten in Hamburg (73 Prozent, JFB).

6. Islamismus: auf einen Rechtsextremisten kommen 4,9 Islamisten

Die Zahl des Personenpotenzials extremistischer Bestrebungen von Islamisten stieg 2019 von 1.565 auf 1.631 (auf einen Rechtextremisten kommen in Hamburg damit fast fünf Islamisten, JFB).

a) Salafismus/Jihadismus

Seit 2018 geht das salafistische Personenpotenzial in Hamburg zurück. Diese Tendenz resultiert vor allem aus fehlenden Führungspersonen, Themen und Aktionsmöglichkeiten (Stopp der Ausreisen Richtung Syrien und Irak, Verbot
der Info-Stände). Darüber hinaus zeigen auch die konsequente Strafverfolgung sowie die Information der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz Wirkung. Dennoch hat Hamburg nach wie vor mit 740 Salafisten (davon 384 Jihadisten) eine vergleichsweise starke Szene (Stand: Frühjahr 2020). Ausreisen Richtung Syrien und Irak sind im Jahr 2019 fast vollständig zum Erliegen gekommen. In Hamburg lag die Zahl der in Richtung Syrien und Irak ausgereisten Personen Anfang 2020 bei 86, darunter 17 Frauen. Gut ein Drittel der Ausgereisten ist nach vorliegenden Erkenntnissen ums Leben gekommen. Zurückgekehrt sind 33 Personen.

b) Hizb-ut Tahrir und Furkan-Gemeinschaft

In Hamburg wurden der Hizb ut-Tahrir (HuT) rund 250 (2018: 220) deutsche oder afghanisch-und türkischstämmige Anhänger zugerechnet, die sich in Privaträumen und zu geschlossenen Veranstaltungen, in Restaurants oder anderen Lokalitäten treffen. Furkan-Anhänger in Deutschland sind 2019 insbesondere in Berlin, Dortmund, München und auch Hamburg aufgefallen. Das Personenpotenzial der Furkan-Gemeinschaft betrug Ende 2019 in Hamburg 170 Personen (2018: 150). Gründe des Anstiegs sind der weitere Zulauf in die Szene sowie die konsequente Aufhellung des Dunkelfeldes durch den Verfassungsschutz.

c) Iranische Islamisten

In Hamburg befindet sich eine wichtige proiranische Einrichtung, die an der Außenalster gelegene schiitische „Imam Ali-Moschee“, deren Trägerverein das „Islamische Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH) ist. Das IZH ist eines der wichtigsten Zentren seiner Art in Europa, das von schiitischen Muslimen verschiedener Nationen als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt wird. Das IZH strebt den „Export der islamischen Revolution an, unter anderem mittels einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit. Die Inhalte sind dabei moderat formuliert und bieten nur selten Angriffsflächen.

Nach außen stellt sich das IZH als rein religiöse Einrichtung dar, die keine politischen Aktivitäten gestattet. Üblicherweise wird eine öffentliche Verbindung oder Identifizierung mit der iranischen Staatsführung vermieden. Dennoch ist das Staats- und Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt. Proiranische Einrichtungen in Deutschland sind grundsätzlich als Instrumente der iranischen Staatsführung zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist.

Das LfV Hamburg berichtet über das IZH seit der Veröffentlichung des ersten gedruckten Verfassungsschutzberichtes vor rund drei Jahrzehnten. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wäre diese Berichterstattung in den vergangenen Jahren auch ohne eine Beteiligung des IZH (Funktionäre oder Besucher) am Quds-Tag in Berlin erfolgt.«

Zusammenfassung: auf einen Rechtsextremisten kommen vier Linksextremisten und fünf Islamisten

Damit verzeichnet das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg folgende antiliberalen, verfassungsfeindlichen Personenpotenziale:

  1. Islamisten: 1.631 = 36,2 % aller Extremisten
  2. Linksextremisten: 1.290 = 28,6 %
  3. Extremisten mit Auslandsbezug: 790 = 17,5 %
  4. Rechtsextremisten: 330 = 7,3 %
  5. Extremistische Scientology-Anhänger: 300 = 6,7 %
  6. Reichsbürger: 165 = 3,7 %

Damit machen die ersten drei Gruppen – Islamisten, Linksextremisten und Extremisten mit Auslandsbezugüber 82 Prozent aller Verfassungsfeinde aus.

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