Ulf Poschardt: Nach der Wahl werden wir sehr schnell eine rot-grün-rote Regierung haben

Von Jürgen Fritz, Di. 21. Sep 2021, Titelbild: WELT-Screenshot

Angesichts der Umfragen habe Annalena Baerbock in einem TV-Triell nichts verloren gehabt, sagt der Chefredakteur von WELTN24 Ulf Poschardt. Die ganze Kandidatur sei „ein Witz“. Deutschland drohe in einen provinziellen Etatismus abzugleiten und damit wie Ende der 1990er zum Problemfall Europas zu werden. Seine Befürchtung: Nach der Wahl werden wir sehr schnell eine rot-grün-dunkelrote Regierung haben.

Rote Ampel, Jamaika, RGD oder eine rote GroKo, was wird kommen?

Nach heutigem Stand wird es nach der Bundestagswahl am Sonntag vier mögliche, realistische Regierungskoalitionen geben:

  1. eine rote Ampel (SPD, Grüne, FDP) mit Olaf Scholz als Kanzler,
  2. eine Jamaika-Koalition (CDU/CSU, Grüne, FDP) mit Armin Laschet als Kanzler,
  3. Rot-Grün-Dunkelrot (SPD, Grüne, Die Linke) mit Scholz als Kanzler oder
  4. eine rote (oder doch noch schwarze) GroKo (SPD, CDU/CSU), nach heutigem Stand mit Scholz als Kanzler.

Das heißt, die SPD wird nach der Wahl höchstwahrscheinlich eine Auswahl aus mindestens drei Optionen haben, in denen sie, wenn sie am Sonntag vor der Union landet, in allen drei Fällen die Regierung anführen und den Kanzler stellen könnte. Damit hätte sie mit Abstand die besten Karten in der Frage der Regierungsbildung. CDU/CSU hätten dann nur die Option einer Jamaika-Koalition, um die Regierung weiter anzuführen. Dazu müssten aber Die Grünen das linke bis linksradikale Lager verlassen und in die politische Mitte wechseln. Warum aber sollten sie das tun, wenn sie gleich zwei Möglichkeiten haben, mit der SPD zu koalieren, die ihnen sehr viel näher steht?

Genau dies war im dritten TV-Triell vorgestern Abend überdeutlich zu sehen. Annalena Baerbock will nicht mit der Union koalieren, welche sie in die Opposition schicken will, wie sie sagte. Der Schulterschluss zwischen SPD und Grüne war förmlich greifbar. Rot-Grün will Deutschland endlich wieder regieren. Dazu wird man anders als 1998 bis 2005 aber einen dritten Partner brauchen und die Frage wird dann sein: Wen nehmen mir ins Boot, die FDP oder Die Linke (SED)?

Ulf Poschardt: Annalena Baerbock hat in dem TV-Triell nichts verloren

Dazu äußerte sich Ulf Poschardt, der Chefredakteur von WELTN24, wie folgt: Das dritte TV-Triell sei das Ende der Jamaika-Koalition gewesen. Wenn wir davon ausgehen, dass die Union hinter der SPD landet, dann sei die Hoffnung, dass CDU/CSU zusammen mit den Grünen und der FDP „eine Regierung der Vernunft“ irgendwo in der Mitte bauen könne, die sei erledigt. Rot und Grün seien „ein Herz und eine Seele“.

„Das Gespenstische“ an dem TV-Triell sei einerseits gewesen, dass da mit Annalena Baerbock jemand gestanden habe, der da nichts verloren hat angesichts der Umfragen“. Die grüne Kanzlerkandidat sei „ein Witz“ gewesen. Gleichwohl habe Baerbock ein Drittel der Sendezeit bekommen, so Poschardt.

Es war etwas weniger als ein Drittel, aber im Prinzip hat Poschardt natürlich völlig Recht. Baerbock hatte in dieser Sendung überhaupt nichts zu suchen, worauf ich bereits am 9. September explizit hingewiesen und dies ausführlich begründet habe. Dies ist natürlich Teil der Manipulation der Wahl im Vorfeld der Bundestagswahl durch die extrem grün-links affinen Massenmedien, insbesondere im deutschen TV (92,2 Prozent der ARD-Volontäre wählen Grün-Dunkelrot-Rot).

Provinzielle etatistische Politikentwürfe: Deutschland droht zum Problemfall Europas zu werden

Das zweite Gespenstische sieht Poschardt in einer auf Deutschland fixierten Kombination aus soziale Wohltaten und ökologischer Anmutung, die den Rest der Welt einfach vollkommen ausblende. Dies sei ein sehr provinzieller Angang deutscher Politik und in diesem Umfeld schlügen sich SPD und die Grünen natürlich sehr gut, während es Armin Laschet, so Recht er habe, einfach nicht gelinge, das so auszuspielen, dass die Leute sagen: Den wähle ich.

Außenpolitik sei wieder einmal kaum ein Thema gewesen, weil Außenpolitik kaum jemanden interessiere (bei den Wählern – Horizontproblem). Diese Art von „auf uns selbst fixiert sein“ sei schon kurios, denn die Hoffnung sei ja, dass Deutschland Europa ziehen könnte. Dabei rutsche Deutschland immer wieder zurück in einen Etatismus (der Glaube, dass ökonomische, soziale oder ökologische Probleme durch staatliches Handeln zu bewältigen seien). Dabei waren es ja gerade Rote und Grüne, die (zu Beginn des 21. Jahrhunderts) Sozialreformen machen mussten, weil wir 1999 der „kranke Mann Europas“ („Sick man of Europe“) waren. Und Poschardt sieht uns wieder genau in diesen Status hineinrutschen: „Wir werden zum Problemfall in Europa“.

Horrorszenarium: Nach der Wahl werden wir sehr schnell eine rot-grün-dunkelrote Regierung haben

An eine rote Ampel (SPD, Grüne, FDP) glaubt Poschardt dabei nicht, „weil FDP kann da nicht mitmachen“ und erst Recht Rot-Grün-Dunkelrot sei „katastrophal für den Standort Europa“. Auch die Art, wie Debatten geführt werden, sei katastrophal.

Das wirklich Interessante habe nach dem TV-Triell bei Anne Will stattgefunden. Da sei zu sehen gewesen, wie Robert Habeck, der ein ganz anderes gesellschaftspolitisches Modell als Baerbock habe, sich mit Christian Lindner sich die Bälle zugespielt habe, in Abgrenzung zur großen Koalition, darin sieht Poschardt einen kleiner Hoffnungsschimmer, dass es doch so etwas wie einen Aufbruch geben könne, dass wir ein innovationsfreudiges, mutiges und auch ehrgeiziges Land sein können, und nicht ein Land, in dem einfach nur umverteilt werde, in der geglaubt werde, dass man alles vom Staats (genauer: der Staatsgewalt) her regeln könne, dass man in Europa Geld drucke, das dann einfach verteilt werde, in der Hoffnung, dabei käme irgendwas Gutes heraus.

Diese TV-Trielle hätten, in der Art und Weise, in der da über Politik gesprochen werde und mit einer Annalena Baerbock, die dort nichts verloren hatte, seien für ihn deprimierend gewesen.

Zur Frage der kommenden Regierungskoalition meinte der WELTN24-Chefredakteur: Rot-Grün sei quasi gesetzt, die Frage sei nur: Wer kommt dazu? Aber ob Rot-Grün irgendeine Art finden könnten, die FDP da reinzuholen für eine Ampel-Koalition, da ist er sehr skeptisch: „Ich seh’s nicht“, so Poschardt wörtlich. „Ich seh‘ es einfach überhaupt nicht.“ 

Er glaube viel mehr, zusammen mit der Linkspartei werden Rot-Grün einen Block bilden und Die Linke werde dann bei Steuern und Umverteilung immer noch eine Schippe drauflegen. „Und dann wird man sehr schnell eine rot-rot-grüne (genauer: eine rot-grün-dunkelrote) Regierung haben.“

Ulf Poschardt: „Die grüne Kanzlerkandidatur ist ein Witz“

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