Anmerkung zum Ausgang der Bundestagswahl

Von Jürgen Fritz, Sa. 02. Okt 2021, Titelbild: tagesschau-Screenshot

Die halb besoffene SPD hält sich nach der Bundestagswahl für so stark, dass sie kaum noch laufen kann. In Wahrheit ist sie exakt genauso schwach wir vor acht Jahren (von 25,7 auf 25,7 Prozent), mehr als 20 Punkte schwächer als zu ihren Glanzzeiten. Und selbst diese etwas geminderte Schwäche ist nur deshalb etwas geringer ausgefallen als die letzten drei Jahre, als sie …

Die SPD ist weiter eine schwache Partei, sie machte dieses Mal nur zwei Dinge besser

… bei 13 bis 16 Prozent dahin dümpelte, weil die Union und die Grünen mit völligen Fehlgriffen bei der Auswahl ihrer Kanzlerkandidaten die Wähler förmlich von sich weggetrieben haben, welche dann – in ihrer Not – nicht anders wussten, als dann eben ihr Kreuzchen bei der SPD zu machen, nicht weil Scholz so toll wäre, geschweige denn die SPD, die mit Esken oder Walter-Borjans bei 13 bis 16 Prozent geblieben wäre, sondern weil die Allermeisten den beiden Konkurrenten von Scholz (Laschet und Baerbock) das Amt überhaupt nicht zutrauten und zutrauen, deren Einzug ins Kanzleramt mithin verhindern wollten und daher das kleinere Übel wählten. Und das war dann eben die Scholz-SPD, nicht aber die Esken-, nicht die Walter-Borjans-, nicht die Mützenich-, nicht die Kühnert-SPD.

Das Einzige, was die Sozis, die sich seit Jahren immer mehr – und dies nach dieser Bundestagswahl wohl sogar noch verstärkt – wieder von der Marktwirtschaft und den Menschenrechten abwenden und dem marxistischen Sozialismus wieder annähern, dieses Mal gut machten, war a) die Kandidatenauswahl (eben kein radikaler marxistischer Sozialist, insofern eigentlich eine Mogelpackung in Form einer den Wähler täuschenden Gallionsfigur) und b) die Disziplin der der zunehmend marxistisch-sozialistischen Partei in den Monaten vor der Wahl, die ihrem in der Bevölkerung im Vergleich zu den anderen relativ beliebten Spitzenkandidaten dieses Mal nicht ständig in die Parade fuhr.

Im übrigen haben die Sozis permanent Probleme, zwischen a) die Wahl gewonnen und b) Stimmanteile dazugewonnen zu unterscheiden, oder aber wollen den Unterschied aus strategischen Gründen gezielt verwischen (Täuschung der Bevölkerung). Gemäß Artikel 63 Grundgesetz gewinnt die Kanzlerwahl (im ersten oder im zweiten Wahlgang), wer mehr als 50 Prozent der Stimmen der Abgeordneten im Deutschen Bundestag auf sich vereinigen kann (368 von 735), wer also eine sogenannte Kanzlermehrheit hat. In einem dritten möglichen Wahlgang wer mehr Stimmen hat als jeder andere (relative Mehrheit). Zu mehr als einem Wahlgang ist es aber seit 1949 noch niemals gekommen und wenn ein Bundeskanzler nur mit relativer Mehrheit gewählt würde (Minderheitsregierung), so muss der Bundespräsident den Gewählten nicht zum Kanzler ernennen, kann stattdessen auch den Bundestag auflösen.

Von 50 Prozent + X ist die SPD mit 206 von 735 Bundestagsabgeordneten (28 Prozent der Sitze) – nur 10 Abgeordneten mehr als die Union – aber sehr weit entfernt. Das Zepter haben daher die FDP und Die Grünen in der Hand. Diese haben zusammen 210 Sitze im Parlament, also mehr als die SPD. Sie entscheiden, wen sie zum Kanzler machen. Der Verhandlungsexperte Prof. Dr. Jack Nasher erklärt hier, worauf es jetzt ankommt und was alles möglich ist.

Die Fraktion von inzwischen trauriger Gestalt

Das größte Problem ist dabei derzeit natürlich die CDU/CSU, die nicht nur aktuell ein desaströses Bild abgibt und inzwischen sogar Auflösungserscheinungen zeigt, die vielmehr fast 17,5 Punkte verloren hat in den letzten acht Jahren (von 41,5 auf 24,1 Prozent). Diese Entwicklung ist also eine durchaus längere und das hat viele Gründe. Einer ist sicherlich in der Person Merkel zu sehen, welche die CDU womöglich dauerhaft zuschwerst schädigte.

Merkel wollte mit der Partei wohl nie wirklich viel zu tun haben, sondern benutzte diese quasi, um so ins Kanzleramt zu kommen. Wäre das mit einer anderen Partei leichter gewesen, hätte sie es mit dieser gemacht. Merkel hätte genauso gut in der SPD oder bei den Grünen sein können und sie war nicht der einzige, aber der vielleicht wichtigste Faktor, die CDU inhaltlich zu entkernen, sie ihrer Identität zumindest zum Großteil zu berauben, wobei da sehr viele mitgewirkt haben, die jetzt übrigens bei der Wahl oftmals bitter abgestraft wurden, so etwa die drei früheren engen Merkel-Vertrauten und Bundesminister Altmaier, Klöckner und Kramp-Karrenbauer, die alle drei ihren eigenen Wahlkreis als Direktkandidaten verloren haben.

Aber auch viele andere sind zu nennen: Schäuble und Bouffier, die Laschet mit Gewalt als Kanzlerkandidat durchsetzten, gegen den expliziten Willen der eigenen Parteibasis (400.000 CDU-Mitglieder!), gegen den Willen der Unionswähler (etliche Millionen) und gegen den Willen der CSU, so dass Söder, bei dem sich inzwischen wirklich auch charakterliche Defizite zeigen, sich jetzt gnadenlos rächt. Dann die tausend Parteifunktionäre, die zuerst Kramp-Karrenbauer (ein Totalausfall als Vorsitzende!) gegen Merz wählten, dann Laschet gegen Merz und Röttgen – immer gegen den Willen der eigenen Parteibasis – sowie all diejenigen, die sich jahrelang nicht trauten, gegen Merkel zu opponieren, weil ihnen ihre Karriere wichtiger war als das Land.

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