Von Jürgen Fritz, So. 14. Nov 2021, Titelbild: Buchcover-Ausschnitt
„Das neue Buch von Ralph Ghadban ist die erste wissenschaftliche Abhandlung über Islamkritik in der Vergangenheit und in der Gegenwart“, schreibt Hamed Abdel-Samad. „Ein gutrecherchiertes und auch gut lesbares Buch“. Ghadban komme zum Ergebnis, dass Islamkritik in der arabischen Welt heute von den Intellektuellen als Aufklärung zelebriert, in Europa aber als „Islamophobie“ diffamiert werde. „Ein sehr empfehlenswertes Buch!“, so Abdel-Samad.
Reaktionärer Kulturmarxismus: zurück hinter die Moderne, ja sogar hinter die antike griechische Aufklärung
Das Ganze ist wohl ein weiteres Beispiel, dass wir uns seit Jahrzehnten schon in einer Ära der zunehmenden und immer tiefer sich in die westliche eingrabende Gegenaufklärung befinden, in der die hegemonialen neomarxistischen gesellschaftlichen Kräfte hinter die Moderne, hinter die Aufklärung, ja, nicht nur hinter das 18. Jahrhundert, sondern hinter Sokrates (470-399 v.u.Z.), hinter die antike griechische Aufklärung zurückwollen.
Sie sanktionieren Religionskritik, sofern diese sich auf bestimmte, privilegierte metaphysisch spekulative Weltanschauungen bezieht, ganz besonders bei einer solchen, die im krassesten Widerspruch zur Aufklärung, zur Moderne und zu den universalen Menschenrechten steht, die aber von den Kulturmarxisten als eines ihrer neuen Revolutionssubjekte auserkoren wurde. Und neomarxistische Revolutionssubjekte bekommen nicht nur alle möglichen Privilegien, sie dürfen vor allen Dingen nicht substantiell kritisiert werden. Sie werden quasi für sakrosankt erklärt. Hier zeigt sich die enge Verbindung zum religiösen, voraufgeklärten „Denken“.
Die neomarxistischen „Ideologiekritiker“ entziehen also bestimmte ihnen sympathische oder ihnen nützlich erscheindende Ideologien der Kritik und sanktionieren Kritiker aufs Empfindlichste. Die Kulturmarxisten wollen – man muss dies so deutlich herausstellen – tatsächlich zurück hinter die antike griechische Aufklärung, hinter die moderne solche sowieso.
Zum Autor
Dr. phil. Ralph Ghadban, geboren 1949 im Libanon, ist ein deutscher Islamwissenschaftler, Politologe und Publizist. Er arbeitet in der politischen Bildung und hält Vorträge zum Thema Islam und Migration. Ghadban studierte von 1966 bis 1972 in Beirut Philosophie. 1972 ging er nach Europa und ließ sich in West-Berlin nieder. Dort studierte er Islamwissenschaft sowie Politikwissenschaft und promovierte als Politologe.
Ghadban ist Gründungsmitglied des 2015 gegründeten Muslimischen Forums Deutschland, eine Plattform von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die nach eigenen Angaben den humanistisch orientierten Muslimen in Deutschland eine Stimme geben will. Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützte die Gründung. Zu den Erstunterzeichnern gehörten u. a. Mouhanad Khorchide, Ralph Ghadban, Ahmad Mansour, und Düzen Tekkal. Zum Sprecher wurde der Psychologe Ahmad Mansour gewählt.
Nach einer TV-Sendung und einem Interview mit Ralph Ghadban im libanesischen Fernsehen zu seinem Buch Arabische Clans – Die unterschätzte Gefahr haben libanesische Familienclans in Deutschland Anfang Mai 2019 „eine breite Hasskampagne gegen den für sie höchst unbequemen Berliner Islamwissenschaftler und Publizisten Ralph Ghadban angezettelt.“, wie die WAZ berichtete. In „Hass-Videos sollen sogar indirekte Todesdrohungen enthalten“ sein. Eine führende Rolle spielt dabei offenbar „die in Essen ansässige Familien-Union, ein einflussreicher Dachverband von mehr als zwei Dutzend libanesisch-kurdischen Großfamilien.“
Ghadban bezeichnet die Hass-Reaktion als ein typisches Stammesverhalten, welches insbesondere die Gruppe der libanesischen Familienclans seit Jahrhunderten prägt, egal wo sich deren Mitglieder befinden. Aktuell hätten sie die Rudelbildung als eines ihrer effektivsten Einschüchterungsinstrumente erstmals in der digitalen Welt angewandt; moderne Netzwerke verstärkten damit archaische Strukturen.
Als Folge der massiven Drohungen aus dem Clan-Milieu steht Ghadban unter permanentem Polizeischutz.
Zum Buch: „Unzensiert und schonungslos – ein Islam, den wir nicht kennen“
Der Herder-Verlag schreibt dazu: „Ein neues, überraschendes und unzensiertes Bild des Islams. Ghadban blickt dorthin, wohin sonst keiner schauen will. Streitbares und mutiges Buch eines aus den Medien bekannten Autors.
Kritik an der eigenen Religion und ihren führenden Protagonisten ist untrennbar mit der Geschichte des Islams verbunden. Ebenso aber auch ihre vehemente Zurückweisung, Eindämmung und schließlich völlige Unterdrückung durch konservative und reaktionäre Kräfte. Mit dem Scheitern sowohl des arabischen Nationalismus wie auch des politischen Islams hat sich spätestens seit dem Arabischen Frühling eine neue innerislamische Islam- und Religionskritik herausgebildet. Ralph Ghadban erläutert ihre Wurzeln, nennt ihre Protagonisten und erklärt ihre Themen. Und er zeigt, warum es gerade für uns im Westen äußerst wichtig ist, diese Stimmen wahrzunehmen.“
Ralph Ghadban: Allahs mutige Kritiker – Die unterdrückte Wahrheit über den Islam, Verlag Herder, 1. Auflage 2021, Gebunden mit Schutzumschlag, 320 Seiten, EUR 22,00 (eBook: 16,99)
Hartmut Krauss: Feindbild Islamkritik
Zum Thema Diffamierung von Islamkritikern siehe auch Hartmut Krauss, der bereits 2010 sein Buch Feindbild Islamkritik vorlegte. Hartmut Krauss schreibt:
»Um das innereuropäische Protestpotenzial gegenüber der islamischen Herrschaftskultur möglichst schon im Keim zu ersticken, haben muslimische Verbände mit staatlicher und medialer Unterstützung sowie im Verbund mit Konvertiten und islamophilen Kräften eine weit verzweigte Drohkulisse aufgebaut. Diese „Szene“ ist darauf ausgerichtet, Kritik am Islam per se in die Verdachtszone des „Rassismus“ und der „Fremdenfeindlichkeit“ zu rücken, um so von der Tatsache abzulenken, dass der Islam selber das religiös-ideologische Fundament einer autoritären, repressiven und reaktionären Herrschaftsformation bildet.
Andererseits ist die Diskursmacht der kritischen Islamanalyse, d.h. ihre Fähigkeit und Möglichkeit, angesichts einer überwältigenden Fakten- und Ereignislage größere Teile der Gesellschaftsmitglieder von der Richtigkeit und Angemessenheit ihrer Positionen und Einsichten zu überzeugen, in der letzen Zeit zweifellos gewachsen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei das Internet als basisdemokratisches Informations- und Kommunikationsforum einer kritischen Gegenöffentlichkeit. Im Kontext dieses Mediums ist es gelungen, die selektiven Informationsblockaden, Ausgrenzungsregeln und Bewertungsklischees der postdemokratischen Mainstream-Medien zu konterkarieren und ein Stück weit zu überwinden.
Dieser Terraingewinn neuer fortschrittlich-emanzipatorischer Kräfte, die im Sinne einer universalistischen Orientierung auch nichtwestliche Herrschaftssysteme, Kulturen und Ideologien kritisch analysieren, hat nun – wie nicht anders zu erwarten – hysterische Reaktionen seitens der unterschiedlichen Interessenfraktionen der „Islambeschützer“ hervorgerufen. In deren Antworten geht es im Grunde immer um ein und dasselbe, nämlich um die pauschale Diffamierung von Islamkritik als „rassistisch“, „fremdenfeindlich“, „islamophob“ etc. bei gleichzeitiger Ausblendung, Verkennung oder Dementierung der enormen reaktionären Herrschafts- und Gewaltpotenziale, die dem orthodoxen Islam untrennbar eingeschrieben sind.
In Auseinandersetzung mit dieser Front der Islamapologetik gilt es immer auch zu beachten, dass nicht nur der Rassismus ein Wahn ist. Auch der Rassismusvorwurf selbst stellt in zahlreichen Fällen ein aggressives Wahngebilde dar, das eigens zu dem verleumderischen Zweck eingesetzt wird, Kritik an einer radikal antiemanzipatorischen und menschenrechtsfeindlichen Ideologie mit Mitteln der negativen Etikettierung abzuwehren.«
Hartmut Krauss: Feindbild Islamkritik – Wenn die Grenzen zur Verzerrung und Diffamierung überschritten werden, Osnabrück 2010, Paperback, 364 Seiten, EUR15,00
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