Von Jürgen Fritz, Mo. 15. Mrz 2021, Titelbild: © JFB
In Baden-Württemberg triumphiert Winfried Kretschmann (Grüne), in Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (SPD). Die CDU fällt dagegen in beiden Landtagswahlen in bislang unvorstellbare Bereiche. Der größte Wahlverlierer ist aber zweimal die AfD, die 35 von 100 ihrer Wähler verliert, in absoluten Zahlen wegen der geringeren Wahlbeteiligung sogar über 40. Die Linke bleibt im Niemandsland, die FDP durchwachsen. Einen Überraschungserfolg erzielen dagegen die Freien Wähler.
CDU und AfD erzielen in Baden-Württemberg katastrophale Ergebnisse – Die Grünen triumphieren
Von knapp 7,67 Millionen Wahlberechtigen haben über 63,8 Prozent an der Wahl teilgenommen (2016 lag die Wahlbeteiligung noch über 70,4 Prozent). Knapp 4,68 Millionen (99,25 Prozent) haben gültig gewählt. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:
Die Grünen erzielen in Baden-Württemberg mit über 32,6 Prozent das beste Ergebnis aller Zeiten auf Bundes- oder Landesebene, die CDU mit 24,1 Prozent das schlechteste seit Bestehen des Bundeslandes. Ebenso die SPD, die gerade noch auf 11 Prozent kommt.
Der größte Wahlverlierer von allen ist wie in Rheinland-Pfalz so auch in Baden-Württemberg die AfD. Diese verliert anteilsmäßig von 100 ihrer Wähler 35 bis 36. Absolut gesehen absolut – auf Grund der geringeren Wahlbeteiligung – sogar 41 bis 42 von 100 ihrer Wähler.

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Die SPD gewinnt nochmals Rheinland-Pfalz, die CDU erzielt neuen historischen Tiefpunkt, AfD stürzt auch hier völlig ein
In Rheinland-Pfalz geben von knapp 3,04 Millionen Wahlberechtigten knapp 64,4 Prozent ihr Votum ab (2016 waren es knapp 70,4 Prozent). Davon wählen gut 98,8 Prozent = 1,935 Millionen gültig mit folgendem Ergebnis:
Die SPD kann dank dem Dreyer-Joker ihr gutes Resultat von 2016 fast wieder erreichen und kommt auf unerwartet hohe 35,7 Prozent. Die CDU dagegen, die fast drei Jahre lang in allen Umfragen vor der SPD lag, fällt erstmals in der Geschichte unter 30, ja sogar unter 28 Prozent und liegt acht Punkte hinter dem Wahlsieger. Ein absoluter historischer Tiefpunkt für die CDU. Von 1971 bis 1983 hatte sie in Rheinland-Pfalz, dem Helmut-Kohl-Land, immer über 50, bis zu 54 Prozent.
Der größte Wahlverlierer noch vor der CDU ist aber die AfD. Diese verliert anteilsmäßig von 100 ihrer Wähler 34 bis 35, absolut wegen der geringeren Wahlbeteiligung sogar über 40 von 100 ihrer Wähler.

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Was zeigen diese beiden Landtagswahlen?
1. Die Grünen sind so stark wie selten, vielleicht wie nie zuvor. Schon jetzt regieren sie in 11 von 16 Bundesländern und stellen in BW weiterhin den Ministerpräsidenten, jetzt sogar nochmals gestärkt, nachdem sie dort fast jede dritte Stimme geholt haben – natürlich dank Kretschmann, den sogar die CDU-Anhänger besser finden als alles, was ihre eigene Partei aufzubieten hat. Vielleicht hätte man ein paar Millionen in die Hand nehmen und die Ablösesumme aufwenden, Kretschmann aus seinem Vertrag bei den Grünen herauskaufen sollen. Hätte sich wohl gelohnt.
2. Die CDU befindet sich in der wohl tiefsten Krise seit ihres Bestehens. Werte von unter 30 Prozent in Rheinland-Pfalz und unter 25 Prozent in Baden-Württemberg waren über viele Jahrzehnte, eigentlich immer völlig undenkbar – bisher. Ob Armin Laschet der Richtige ist, um die CDU aus dieser Krise herauszuführen, darf bezweifelt werden. In Berlin merkt man jetzt wohl, dass der nächste Kanzler nicht zwingend wieder einer der Union sein muss. Die anderen haben zwar alle nicht viel drauf, aber die CDU eben auch nicht mehr und wenn die anderen sich zusammentun, reicht es vielleicht sogar für diese schwache Union. Das hat man jetzt wohl registriert im Konrad-Adenauer-Haus.
3. Die SPD konnte in Rheinland-Pfalz dank des Dreyer-Jokers nochmals reüssieren, in Baden-Württemberg aber erzielt sie mit gerade noch 11 Prozent einen schier unfassbaren Tiefpunkt. Sie wird sich wieder an dem RP-Ergebnis und an sich selbst berauschen, um auszublenden, was in Wahrheit aus ihr geworden ist. Olaf Scholz fühlt sich eh schon als künftiger Kanzler. Man munkelt, er habe monatelang an Autosuggestionskursen teilgenommen. Wäre eine Erklärung.
4. Die FDP kann von der Schwäche der CDU und der SPD kaum profitieren, in Rheinland-Pfalz verliert sie sogar noch Stimmen, was mir unerklärlich ist. Irgendwie weiß man nicht mehr so richtig, wofür diese Partei überhaupt gebraucht wird, außer für schnelle Lockerungen in der Corona-Krise, also genau das Verkehrte. Sonst bewirkt sie eher wenig, teilweise überhaupt nichts. Aber ganz ohne Gelb würde in der Farblandschaft irgendwie was fehlen. Vielleicht hat es eher ästhetischen Gründe, dass man nicht ganz auf sie verzichten will. Oder es ist schlicht die Gewöhnung.
5. Die Linke hat im Westen weiter nichts zu melden. Von einem Einzug in den Landtag war sie hier wie da meilenweit entfernt, wird teilweise schon unter „Sonstige“ geführt. Gut so!
6. Überraschung dieser Wahlen: die Freien Wähler, vor allem in Rheinland-Pfalz. Klar über fünf Prozent, wer hätte das gedacht?
7. Die AfD ist nicht nur der größte Verlierer von allen bei beiden Wahlen. Sie steckt nicht nur in einer Krise, sondern hier dürfte der Sterbeprozess nun eingeläutet sein – zumindest im Westen, der 85 Prozent von Deutschland ausmacht. Im 15 Prozent-Osten wird sie wohl noch eine Weile weiter Erfolge einfahren, sollte sich dort aber ehrlicherweise in NPD 2 umbenennen. Es dürfte sich weniger die Frage stellen, ob die AfD in fünf Jahren noch schlechter abschneiden wird in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, sondern eher, ob sie dann überhaupt noch existiert. Ab sofort kann gewettet werden.
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