Kanzlerfrage: Kramp-Karrenbauer bekommt nicht mal halb so viele Stimmen wie Habeck

Von Jürgen Fritz, Di. 04. Jun 2019, Update: Do. 06. Jun 2019, Titelbild: Tagesschau-Screenshot von Annegret Kramp-Karrenbauer und Jung&naiv-Screenshot von Robert Habeck

Was, wenn das Volk den Kanzler direkt wählen könnte? Wen würden die Deutschen dann derzeit am ehesten wählen? Die WELT führt seit gestern zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey eine entsprechende Umfrage durch und stellt die Vorsitzenden der beiden Parteien zur Auswahl, die derzeit mit großem Abstand führend sind, was die Wählergunst anbelangt: die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und einen der beiden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck. Viele Tausende gaben bereits ein Votum ab und Civey wertet die Ergebnisse repräsentativ aus. Das Zwischenergebnis ist nicht nur eindeutig, nein es ist überdeutlich!

Mehr als doppelt so viele wollen Habeck als Kanzler im direkten Vergleich zu Kramp-Karrenbauer

„Für wen würden Sie sich bei einer direkten Kanzlerwahl eher entscheiden: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) oder Robert Habeck (Grüne)?“, so lautete die Fragestellung und sechs Möglichkeiten waren vorgegeben:

  • Eindeutig Annegret Kramp-Karrenbauer
  • Eher Annegret Kramp-Karrenbauer
  • Weder noch
  • Eher Robert Habeck
  • Eindeutig Robert Habeck
  • Weiß nicht

Und hier das Zwischenergebnis nach 69.411 Stimmabgaben:

K-Frage

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kommt insgesamt, wenn wir „eindeutig AKK“ und „eher AKK“ zusammenfassen, gerade mal auf etwa 21 Prozent, obwohl ja nur zwei Personen zur Auswahl gestellt wurden. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie es aussähe, würde man drei, vier oder fünf Kandidaten vorschlagen. Nicht einmal jeder Vierte, ja kaum mehr als jeder Fünfte würde sie im direkten Duell mit Habeck wählen.

Robert Habeck (Grüne) kommt dagegen immerhin auf insgesamt über 43 Prozent, mehr also doppelt so viele Stimmen. (Bei den Rohdaten – ohne Korrekturfaktoren – bekommt sie sogar nur 16,7 Prozent der Kreuze, er ca. 34,5.)

Grüne schießen auch in den Nach-EU-Wahl-Umfragen nach oben

Damit hätten wir wohl zugleich ein Kriterium, wenngleich natürlich nur eines von vielen, warum Die Grünen derzeit so erfolgreich sind. Das hat mit Sicherheit eine Reihe von Gründen, einer besteht aber offensichtlich auch im Spitzenpersonal der Partei. Seit Bündnis 90/Die Grünen mit Habeck und Baerbock antreten, die etwas anderes ausstrahlen als ihre Vorgänger, hat sich quasi das Gesicht der Partei verändert und sie kommen zusätzlich zum Klimahype, Greta, Fridays for Future, Rezo etc. noch besser an, vor allem bei jüngeren Wählern, aber nicht nur da.

Bei der EU-Wahl am 26.05.2019 erreichten sie sensationelle 20,5 Prozent und lagen damit bereits fast 5 Punkte vor der SPD und fast 10 vor der AfD. Doch inzwischen haben sie in aktuellen Umfragen, die nach der EU-Wahl durchgeführt wurden, sogar noch weiter zugelegt. Das umstrittene Forsa-Institut (2.001 vom 27.05. bis 31.05.2019 per Telefon Befragte), bei dem die Zahlen oft mit etwas Vorsicht zu genießen sind, wies Die Grünen vor drei Tagen bezüglich dem Bundestagswahltrend mit 27 Prozent auf Platz 1 vor CDU/CSU mit 26 Prozent aus. Dies war die erste Umfrage, die komplett nach der EU-Wahl durchgeführt wurde. Hier dürfte der Effekt sichtbar werden, dass Menschen oftmals sich lieber den Gewinnern als den Verlierern anschließen.

INSA hat am 03.06. in einer ganz aktuellen Umfrage (1.000 am 03.06.2019 per Online-Panel Befragte) die Forsa-Zahlen zwar nicht exakt, aber von der Tendenz her bestätigt. Hier steigen die Grünen auf 25 Prozent und liegen damit nur einen Punkt hinter CDU und CSU zusammen, die auch hier auf 26 Prozent kommen.

Und Forschungsgruppe Wahlen (1.297 vom 03.06. bis 05.06 telefonisch Befragte) hat am 06.06.2019 die Zahlen ebenfalls weitgehend bestätigt. Hier steigen Die Grünen von 20 auf 26 Prozent, CDU/CSU fallen von 30 auf 27 und die SPD von 16 auf 13 Prozent.

Ebenso bestätigt Infratest dimap (1.500 vom 03.06. bis 05.06 telefonisch Befragte) diese Entwicklung. Auch hier steigen Die Grünen von 20 auf 26 Prozent, die Union fällt von 28 hier sogar auf 25 und die SPD von 18 auf 12 Prozent.

Die AfD sehen sowohl INSA als auch Forschungsgruppe Wahlen und Infratest dimap bei 13 Prozent. Nur der Forsawert von 11 Prozent, der etwas wenig glaubhaft wirkt, fällt hier aus der Reihe. Die FDP sehen alle zwischen 7 und 8 Prozent aber näher bei 8, Die Linke dagegen eher bei 7 Prozent. Die sonstigen Parteien werden zwischen 6 und 9 Prozent taxiert.

Aktueller Bundestagswahltrend

Fassen wir die drei bisher einzigen bundesweiten Umfragen, die nach der EU-Wahl durchgeführt wurden (die Emnid-Befragung erfolgte zu zwei Drittel vor der EU-Wahl), zusammen und bilden das arithmetische Mittel aus beiden, so kommen wir aktuell auf etwa folgende Zahlen:

  1. CDU/CSU: 26 %
  2. GRÜNE: 26 %
  3. SPD: 12,75 %
  4. AfD: 12,5
  5. FDP: 7,75 %
  6. LINKE: 7,25 %
  7. Sonstige: 7,75 %

2019-06-06

Fazit

Wir sehen hier also: Der Vorsprung der Grünen vor der SPD hat sich seit der EU-Wahl von knapp 5 auf nunmehr über 13 Punkte vergrößert. Die SPD würde derzeit auf jeden Fall wohl unter 15 Prozent fallen und müsste sogar damit rechnen, bald näher bei 10 als bei 15 zu sein.

Die Grünen sind inzwischen etwa doppelt so stark wie die SPD und mit der Union auf Augenhöhe, so dass die WELT-Umfrage bezüglich der Kanzlerpräferenz, Kramp-Karrenbauer oder Habeck, als durchaus berechtigt erscheint. Und hier könnte wiederum Habeck, Stand heute, mit ca. doppelt so vielen Stimmen rechnen wie AKK, dürfte das Volk den Regierungschef direkt wählen. Ein vernichtendes Ergebnis für Annegret Kramp-Karrenbauer.

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