Von Jürgen Fritz, Fr. 14. Feb 2020, Titelbild: © JFB
Zehn turbulente Tage liegen nach der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten hinter uns, welche das ganze Land regelrecht erschütterten. Inzwischen liegen drei Umfragen von drei verschiedenen Instituten vor, die nach der Ministerpräsidentenwahl und seiner Rücktrittsankündigung durchgeführt wurden. Deren Ergebnisse sind recht eindeutig. Demnach will eine klare Mehrheit der Bürger in Thüringen Neuwahlen. Bei solchen gäbe es einen ganz großen Gewinner, einen ganz großen Verlierer und eine Partei flöge sogar komplett aus dem Landtag heraus.
Rund 60 Prozent der Bürger in Thüringen wollen Neuwahlen
Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP hat letzte Woche bundesweit für ein wahres Erdbeben gesorgt, in dessen Folge die CDU-Vorsitzende Annegret Kamp-Karrenbauer und nun auch der thüringische CDU-Chef Mike Mohring ihren Rückzug vom Parteivorsitz angekündigt haben. Und auch der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner, der in seiner Partei bereits die Vertrauensfrage stellte, sieht sich weiterhin heftiger Kritik ausgesetzt.
Neun Tage später ist noch immer unklar, wie genau es weitergehen soll. Eine Frage, die dabei immer wieder diskutiert wird, lautet: Sollen Neuwahlen durchgeführt werden? Zwei ganz aktuelle Umfragen kommen hierbei in Bezug auf die Bürger zu einem klaren Bild: Laut Infratest dimap sind 63 Prozent der Thüringer für Neuwahlen, laut INSA wollen 57 Prozent der Thüringer die Landtagsauflösung und Neuwahlen. Damit stellt sich die Frage: Wie würde sich dadurch die Zusammensetzung des Landtages verändern? Wie würden die Bürger in Thüringen jetzt wählen?
So würden die Thüringer jetzt wählen
Dies fragte zunächst am Donnerstag, den 06.02.2020, einen Tag nach der MP-Wahl Forsa per Telefon 1.003 Personen, dann vom Freitag, den 07.02. bis Montag, den 10.02.2020 Infratest dimap ebenfalls telefonisch 1.007 wahlberechtigte Thüringer und dann vom Montag, den 10.02. bis Donnerstag, den 13.02.2020 INSA in einer Mix–Befragung per Telefon und per Online-Panel 1.014 Thüringer. Die repräsentativen Ergebnisse sahen dabei wie folgt aus. Angegeben sind für jede Partei die Werte von: a) Forsa, b) Infratest dimap, c) INSA sowie d) fettgedruckt die Wahl-O-Matrix-Mittelwerte aus a bis c (in Klammern die Veränderungen zur Landtagswahl am 27.10.2029):
- LINKE: 37 % – 39 % – 40 % ==> 38,7 % (+ 7,7)
- AfD: 24 % – 24 % – 25 % ==> 24,3 % (+ 0,9)
- CDU: 12 % – 13 % – 14 % ==> 13,0 % (– 8,7)
- SPD: 9 % – 10 % – 7 % ==> 8,7 % (+ 0,5)
- GRÜNE: 7 % – 5 % – 6 % ==> 6,0 % (+ 0,8)
- FDP: 4,0 % – 4 % – 4 % ==> 4,0 % (– 1,0)
- Sonstige: 7 % – 5 % – 4 % ==> 5,3 % (+ 0,2)

(c) JFB
DIE LINKE und die AfD kämen zusammen auf ca. 63 Prozent, CDU, SPD, Grüne und FDP zusammen gerade noch auf ca. 31,7 Prozent, also zu viert auf ungefähr halb so viel wie Linkspartei und AfD alleine.
Ein ganz großer Gewinner und zwei Verlierer
- LINKE: + 7,7 %
- AfD: + 0,9 %
- GRÜNE: + 0,8 %
- SPD: + 0,5 %
- Sonstige: + 0,2 %
- FDP: – 1,0 %
- CDU: – 8,7 %
Der ganz große Gewinner wäre die Linkspartei, die derzeit von 31 auf ca. 38,7 Prozent steigen würde. Leicht zulegen könnten wahrscheinlich auch die AfD, Die Grünen, die SPD und die Kleinparteien (Sonstige), diese aber alle unter ein Prozent, wobei dies auch im Bereich der Fehlertoleranz liegt.
Die FDP würde im Moment wahrscheinlich nicht viel mehr als einen Prozentpunkt verlieren, doch wäre dieser bei ihr natürlich entscheidend, schaffte sie es doch im Oktober 2019 gerade so mit 5,00 Prozent die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Und ein Prozentpunkt bei fünf Prozent bedeutet natürlich, dass rund jeder fünfte FDP-Wähler abspringen würde. Kurzum, die FDP wäre höchstwahrscheinlich raus aus dem Landtag, sollte es in Kürze zu Neuwahlen kommen.
Der zweite große Verlierer wäre mit Sicherheit die CDU, die mit Einbußen von 8 bis 9 Prozentzpunkten rechnen müsste und von 21,7 auf wahrscheinlich um die 13 Prozent fiele. Dies wäre nicht nur mit großem Abstand das schlechteste Landtagswahlergebnis aller Zeiten in Thüringen für die CDU, sie hätte damit innerhalb von nur gut 20 Jahren fast drei Viertel ihrer Wähler verloren. Denn bei der Landtagswahl 1999 kam sie in Thüringen noch auf sage und schreibe 51 Prozent.
Dunkelrot-Rot-Grün käme bei Neuwahlen auf fast 60 Prozent der Landtagsmandate
Dunkelrot-Rot-Grün hatte damit eine ganz klare Mehrheit von ca. 53,4 Prozent der Stimmen statt 44,4 Prozent im Oktober 2019. Die Sitzverteilung im Erfurter Landtag sähe damit in etwa wie folgt aus. Von den insgesamt 90 Mandaten entfielen auf:
- LINKE: 38 bis 39
- AfD: 24
- CDU: 13
- SPD: 8 bis 9
- GRÜNE: 6
Von den 90 Landtagssitzen entfielen auf Dunkelrot-Rot-Grün damit nicht nur 46, die für eine absolute Mehrheit notwendig wären, sondern sogar 53 Sitze (ca. 59 Prozent der Mandate).
Bodo Ramelow hätte dann, sollte er weiterhin für die Linkspartei antreten, eine noch viel größere Mehrheit als in den letzten Jahren und wäre auf keine Minderheitsregierung angewiesen, wie das nach der regulären Landtagswahl im Oktober 2019 noch der Fall war.
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