Die Linke fällt unter 7 Prozent, Grün-Rot-Gelb vor Grün-Schwarz

Von Jürgen Fritz, So. 09 Mai 2021, Titelbild: © JFB

Vor knapp drei Wochen wurden Annalena Baerbock und Armin Laschet zu Kanzlerkandidaten nominiert. Seither haben sich die Umfragewerte der Grünen und der Union deutlich verändert, wobei die Unterschiede in den letzten sieben Tage etwas zurückgingen. Eine andere Partei befindet sich aber in einer Abwärtsbewegung und erreicht im Wahl-O-Matrix-Mittel aller Institute mit den niedrigsten Wert seit vielen Jahren: DIE LINKE.

DIE LINKE ist nun deutlich näher an fünf als an zehn Prozent

Jahrelang bewegte sich DIE LINKE (vormals Linkspartei.PDS, vormals PDS, vormals SED-PDS, vormals SED) im Korridor zwischen ca. 8 und 11 Prozent. Auch bei den letzten vier Bundestagswahlen lag sie immer in diesem Bereich, teilweise sogar etwas darüber:

  • 2005: 8,7 %
  • 2009: 11,9 %
  • 2013: 8,6 %
  • 2017: 9,2 %

Doch nun fällt sie im Mittel aller Institute erstmals seit vielen Jahren klar erkennbar unter 7 Prozent, nämlich auf nur noch 6,7 Prozent. Das dürfte zum Einen an dem neuen Führungsduo Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler liegen, hat aber wohl auch tiefere Gründe. Hinzu kommt die zunehmende Entzweiung mit der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag Sahra Wagenknecht. Fakt ist: DIE LINKE befindet sich auf einem Tiefpunkt und ist als einzige der sechs großen im Bundestag vertretenen Fraktionen (bestehend aus sieben Parteien) im einstelligen Bereich und inzwischen deutlich näher an fünf als an zehn Prozent.

Die steile Aufwärtsbewegung der Grünen nach der Nominierung von Baerbock und Laschet zu Kanzlerkandidaten der Grünen und der Union hat sich die letzte Woche nicht fortgesetzt, CDU/CSU sind sogar ein wenig näher an die Grünen herangerückt, liegen nicht mehr drei Punkte hinter diesen, sondern nur noch gut eineinhalb, aber die Grünen bleiben doch vorne auf Platz eins.

So würden die Deutschen heute wählen

Angegeben ist für jede Partei der Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute, die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen repräsentative Erhebungen durchführten. Dies waren sieben der neun großen Meinungsforschungs-Institute. Aufgeführt ist für jede Partei der niedrigste und der höchste Wert dieser sieben einbezogenen Institute (es wurde jeweils nur die neueste Umfrage herangezogen) sowie fettgedruckt das arithmetische Wahl-O-Matrix-Mittel aller sieben Werte:

  1. GRÜNE: 24 – 28 % ==> 25,74 %
  2. CDU/CSU: 23 – 27 % ==> 24,1 %
  3. SPD: 13 – 16 % ==> 14,6 %
  4. FDP: 11 – 12 % ==> 11,3 %
  5. AfD: 9 – 12 % ==> 10,7 %
  6. LINKE: 68 % ==> 6,7 %
  7. Sonstige: 67 % ==> 6,9 %
2021-05-09

(c) JFB

Erläuterung: Diese Werte sind so zu verstehen, dass es für jede Partei bzw. für jede Bundestagsfraktion ein Fenster gibt, innerhalb dessen sie derzeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit läge. Die aufgeführten Zahlen stellen die Mitte dieses Fensters dar. Kleine Abweichungen von dieser Fenster-Mitte von ein bis zwei Prozent sind also jeweils in beide Richtungen möglich, bei größeren Parteien auch drei Prozent, wobei die Wahrscheinlichkeit, je weiter man sich von der Mitte des Fensters weg bewegt, immer mehr abnimmt und zwar drastisch. Abweichungen von fünf bis zehn Prozent sind daher nahezu ausgeschlossen. Dies läge weit außerhalb des Fensters.

CDU/CSU verlieren in den letzten drei Wochen nochmals fast 5 Punkte – Schwarz-Rot meilenweit von einer Mehrheit entfernt

Veränderungen der letzten drei Wochen

Gegenüber dem 18.04.2021 (am 19. April wurde Baerbock von den Grünen zur Kanzlerkandidatin gekürt, am 20. April Laschet von der CDU im Alleingang, ohne die CSU) haben sich die Wahl-O-Matrix-Werte wie folgt verändert:

  1. GRÜNE: + 4,0 %
  2. FDP: + 1,8 %
  3. Sonstige: + 0,6 %
  4. AfD: – 0,3 %
  5. SPD: – 0,6 %
  6. LINKE:  – 0,8 %
  7. CDU/CSU: – 4,7 %

Mögliche Regierungskoalitionen

Die derzeitige Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD, die bei der Bundestagswahl 2013 noch eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit von 67,2 Prozent hatte (2017 waren es dann nur noch 53,4 Prozent) hat schon seit vielen Wochen keine Mehrheit mehr. CDU/CSU und SPD kämen zusammen derzeit gerade noch auf ca. 38,7 Prozent. Und das würde nicht annähernd reichen für eine Mehrheit im Parlament.

Grün-Rot-Gelb (grüne Ampel) liegt nun vor Grün-Schwarz, aber auch Grün-Rot-Dunkelrot hätte jetzt eine Mehrheit

Für eine Mehrheit der Sitze im Bundestag wären mit diesen Ergebnissen wegen der ca. 6,9 Prozent für sonstige Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, nicht über 50, sondern ca. 46,6 Prozent der Stimmen notwendig.  Grün-Rot-Gelb, also eine grüne Ampel-Koalition hätte bei einem solchen Wahlergebnis dagegen eine Mehrheit im Parlament. Folgende Koalitionen wären denkbar:

  • GrünRotGelb (grüne Ampel): 51,6 %
  • Grün-Schwarz: 49,8 %
  • GrünRotDunkelrot: 47,0 %
  • Schwarz–Rot: 38,7 %
  • Schwarz–Gelb: 35,4 %

Damit gäbe es zum heutigen Stand drei Optionen: Sowohl Grün-Rot-Gelb (grüne Ampel) als auch Grün-Schwarz (mit den Grünen als Nr. 1 und CDU/CSU als Juniorpartner) kämen recht klar und Grün-Rot-Dunkelrot käme ganz knapp über 46,6 Prozent der Stimmen. Damit gäbe es drei mögliche Mehrheiten der Sitze im Deutschen Bundestag. Eine Regierung ohne respektive gegen CDU/CSU wäre gleich zweifach möglich (grüne Ampel oder Grün-Rot-Dunkelrot), aber nicht mehr gegen die Grünen (Schwarz-Rot-Gelb wäre natürlich rechnerisch auch eine Option, käme auf 50,0 Prozent, aber das wird die SPD auf keinen Fall mitmachen).

Die Bürger wollen gleichwohl keine von den Grünen angeführte Bundesregierung

Gleichwohl wollen aber laut Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer nur 39 Prozent der Bürger, dass die Grünen nach der Bundestagswahl die Regierung anführen. 50 Prozent wünschen sich dagegen eine CDU/CSU-geführte Regierung:

Diese klare Präferenz gilt für West wie Ost, dort aber sogar noch deutlich stärker:

Führung der Regierung-West-Ost

ZDF-Screenshot

Keiner der drei Kanzlerkandidaten erscheint den Wählern als geeignet, Laschet aber mit Abstand am wenigsten

Zwar können alle drei Kandidaten in der Beurteilung etwas zulegen, am meisten Baerbock, aber als Bundeskanzler geeignet erscheint den Bürgern keiner der drei Kandidaten, wobei Baerbock inzwischen sogar noch am besten abschneidet und Laschet am schlechtesten:

  1. Annalena Baerbock (GRÜNE): 43 % ja50 % nein ==> Saldo: minus 7 %
  2. Olaf Scholz (SPD): 42 % ja50 % nein ==> Saldo: minus 8 %
  3. Armin Laschet (CDU): 37 % ja56 % nein ==> Saldo: minus 19 %

In den eigenen Reihen hat den größten Rückhalt ebenfalls Baerbock, vor Scholz und Laschet. Als Bundeskanzler geeignet sehen:

  1. Annalena Baerbock: 85 % der Grünen-Anhänger
  2. Olaf Scholz: 73 % der SPD-Anhänger
  3. Armin Laschet: nur 55 % der CDU/CSU-Anhänger

Dies die Ergebnisse von Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer.

Die Erhebungen dieser Institute wurden von Wahl-O-Matrix für die Gesamtübersicht ausgewertet

Die sieben Institute, welche ausgewertet wurden, waren:

  • YouGov, mittlerer Tag der Befragung: 24./25.04.2021, internetbasierte Befragung von 1.643 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Forsa (RTL/ntv-Trendbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 30.04.2021, telefonische Befragung von 2.508 zufällig ausgewählten Personen
  • INSA (BILD), mittlerer Tag der Befragung: 01./02.05.2021, internetbasierte Befragung von 2.075 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Civey (SPIEGEL), mittlerer Tag der Befragung: 01./02.05.2021, netzwerkbasierte Panel-Rekrutierung + Teilnehmerverifizierung + quotierte Stichprobe unverzerrter Antworten + Echtzeitgewichtung, Stichprobe: 10.028 Befragte,
  • Kantar (BILD am Sonntag), mittlerer Tag der Befragung: 02.05.2021, telefonische Befragung von 1.910 zufällig ausgewählten Personen,
  • Infratest dimap (ARD-DeutschlandTrend), mittlerer Tag der Befragung: 04.05.2021, Befragung per Telefon und per Online-Panel von 1.351 Personen,
  • Forschungsgruppe Wahlen (ZDF-Politbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 05.05.2021, telefonische Befragung von 1.271 zufällig ausgewählten Personen.

Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool (von JFB gegründet), das mit seiner Prognose bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, wie auch schon bei der NRW-Wahl, mit 0,76 Prozent mittlerer Abweichung erneut näher am Ergebnis lag als sämtliche Umfrageinstitute (in Rheinland-Pfalz am drittnächsten, bei der EU-Wahl ebenfalls am drittnächsten und bei der Bundestagswahl am zweitnächsten) hat damit eine breite Datenbasis von insgesamt 20.786 Befragten.

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