Polizeigewerkschaftler zu Stuttgart: Diese Exzesse wird es künftig in großen Metropolen geben, dann in Kleinstädten

Von Jürgen Fritz, Mi. 24. Jun 2020, Titelbild: YouTube-Screenshot

Die Stuttgarter Gewaltexzesse haben ganz Deutschland erschüttert. Immer mehr Menschen ahnen: Was hier am letzten Wochenende geschah, war gleichsam eine Menetekel für das, was uns die nächsten Jahre und Jahrzehnte bevorsteht, war womöglich sogar nur ein zarter Vorgeschmack dessen. Von seiten der Politik kommen wie immer nach schlimmen Ereignissen viele Lippenbekenntnisse und Bürgerberuhigungspillen, doch von seiten der Verfassungsschützer und Polizisten werden die Worte und Mahnungen langsam eindringlicher.

 Ein „Anschlag auf den inneren Frieden“ und ein „Alarmsignal für den Rechtsstaat“

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Die Grünen) bezeichnete die Stuttgarter Gewaltübergriffe auf Polizisten und Rettungsdienste sowie die Plünderungen von Geschäften in der Nacht von Samstag auf Sonntag als „Anschlag auf den inneren Frieden“, der nicht mit Corona-Frust zu rechtfertigen sei. Das gesamte Kabinett stehe hinter der Polizei, so Kretschmann. Und mit Blick auf Unruhen in den USA gegen rassistische Polizeigewalt meinte er: „Die Polizei in Stuttgart hat in der Nacht besonnen und umsichtig reagiert – es gibt bei uns keine amerikanischen Verhältnisse.“ 

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) meldete sich zu Wort und bezeichnete die die Ausschreitungen in Stuttgart als „Alarmsignal für den Rechtsstaat“. Er erwarte, dass die Justiz gegen die beteiligten Täter eine „harte Strafe“ ausspreche, als ob die Erwartungen eines Ministers vor Gericht irgendeine Relevanz hätten. Man müsse deutlich machen, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter der Polizei stehe. Das sei für die Beamten wichtig. Es gehe dabei um die „Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats“. Nach den Ereignissen dürfe es nun „nicht bei Entrüstung bleiben“, so Seehofer.

Die Vorgänge in Stuttgart müssten zudem in die Entwicklung in der Bundesrepublik insgesamt eingebettet werden, meinte der für die innere Sicherheit des Landes verantwortliche Bundesinnenminister. Seit einiger Zeit nehme die Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte „stetig“ zu. Es gebe offenbar Menschen, die „nicht repräsentativ seien“ und die Beamten als „Feinde“ sähen.

Fünf Stunden Anarchie und Chaos: Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte, Polizeifahrzeuge und dann Plünderungen

In der Nacht von Samstag auf Sonntag herrschte in der Innenstadt von Suttgart fünf Stunden Anarchie und Chaos. Bei der Kontrolle eines 17-Jährigen wegen eines Rauschgiftdeliktes hatten sich sofort 100 bis 200 Personen mit dem 17-Jährigen solidarisiert und haben die Polizeibeamten massiv angegriffen, sie mit Steinen- und Flaschen beworfen. Die Gruppe der Gewalttäter wuchs dann schnell auf 400 bis 500 Personen, die auch den Rettungsdienst angriffen und mit Flaschen bewarfen.

Anschließend zogen 400 bis 500 Randalierer stundenlang durch die Stadt, beschädigten und zerstörten mindestens 40 Geschäfte, plünderten mindestens neun. Außerdem beschädigten sie mit Steinwürfen und Stangen, die sie als Schlagwaffen benutzen, mindestens zwölf Polizeieinsatzfahrzeuge, die teilweise Totalschaden erlitten. Dabei waren bei einigen der Randalierer und Verbrecher deutlich „Allahu Akbar“-Rufe zu hören („Allah ist größer“ bzw. „Allah ist am größten“). 

Obwohl fast 300 Polizeibeamte im Einsatz waren – 200 aus Stuttgart, 100 weitere mussten aus ganz Baden-Württemberg zur Verstärkung herangezogen werden -, gelang es der Polizei mindestens fünf Stunden lang nicht, Herr der Lage zu werden. Der Stuttgarter Polizeivizepräsident Thomas Berger sagte am Sonntag: „Solche Szenen hat es in Stuttgart sicher noch nie gegeben“. Und der Polizeipräsident Frank Lutz pflichtete dem bei, meinte, dass er solche Vorkommnisse in 46 Jahren Polizeidienst noch nicht erlebt habe. Was hier stattgefunden habe, sei eine nie dagewesene Dimension von offener Gewalt gegen Polizeibeamte und Sachbeschädigungen und Plünderungen.

Polizeigewerkschaftler: Diese Exzesse wird es künftig vor allem in großen Metropolen geben, dann aber rasch auch in Kleinstädten

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund Rainer Wendt äußerte sich zu den Ereignissen in Stuttgart inzwischen wie folgt: Die TAZ werde vermutlich schreiben, dass „die Polizei daran gescheitert ist, mit den jungen Männern, die sich in einer psychosozialen Ausnahmesituation befanden, auf Augenhöhe ins Gespräch zu kommen und die Eskalation zu vermeiden.“

Frau Esken von der SPD, „unsere oberste polizeiliche Einsatztaktikerin“, werde sehr schnell herausfinden, welche Fehler die Polizei gemacht habe und wie sie die Lage bereinigt hätte. Grüne Polizeiexperten werden erstmal ganz dolle schockiert sein, dann über Polizeigewalt schwadronieren und anschließend Polizeibeauftragte, Kennzeichnungspflicht und Diskriminierungsgesetze fordern. „Das alles kennen wir“, so Wendt. Er habe als erste Reaktion auf erfolgte Anfragen folgende Bewertung abgegeben:

„Niemand darf sich darüber wundern, wenn sich gewaltbereite Gruppen dazu ermuntert fühlen, sich auf diese Weise auszutoben, wenn sich die deutsche Politik wochenlang mit Gespensterdiskussionen über angeblichen strukturellen Rassismus in der Polizei oder Polizeigewalt beschäftigt. Wenn den Menschen sogar durch eine Parteivorsitzende der SPD suggeriert wird, die Feinde unseres Rechtsstaates säßen in der Polizei, schwächt diese Politik den Staat und stärkt seine Gegner.

Ganz offensichtlich haben sich in Stuttgart verschiedene Gruppierungen aus unterschiedlichen Milieus ermutigt gefühlt, ihre Gewaltbereitschaft mit brutaler Gewalt und hoher krimineller Energie zu demonstrieren. Diese Exzesse wird es künftig vor allem in großen Metropolen geben, sich dann aber rasch auch in Kleinstädten zeigen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt zu recht vor dem Entstehen eines neuen Linksterrorismus. Diese Auswüchse in Stuttgart sind deutliche Warnzeichen dafür. Die Politik ist aufgerufen, endlich die richtigen Weichen zu stellen, um zu starken staatlichen Strukturen in den Sicherheitsbehörden, in der Justiz und dem Justizvollzug zu kommen, wenn staatlicher Kontrollverlust nicht zum Wesensmerkmal deutscher Lebenswirklichkeit werden soll.“

Die unterschätzte Gefahr von linksaußen

Soweit Wendt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat jüngst eine 22-seitige Analyse vorgelegt, in der die Verfassungsschützer zu der Einschätzung gelangen, dass abgeschottete linksextreme Kleingruppen eine steigende Gewaltbereitschaft an den Tag legen und selbst der Schritt hin zur gezielten Tötung politischer Gegner inzwischen nicht mehr undenkbar sei.

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