Die Kunst der Diskrimination

Von Jürgen Fritz, 28. Sep 2017, Titelbild: ZDF-Screenshot

Am Anfang war die Diskrimination, die Fähigkeit zur Unterscheidung des Unterschiedlichen.

Am Anfang war die Diskrimination

Jeder Denkprozess, jeder Akt der Intelligenz beginnt mit der Fähigkeit zur Diskrimination, der Fähigkeit zur Unterscheidung des Unterschiedlichen. Um den logischen oder faktischen Zusammenhang zwischen A und B erkennen zu können, muss ich zunächst einen Begriff von A und von B haben. Ich muss begreifen, was A ist. Einen Begriff bilden heißt aber nichts anderes als: A von allem, was nicht A ist, abgrenzen. Hierzu benötige ich: die Fähigkeit zur Diskrimination.

Wer also Grenzenlosigkeit zum Ideal erhebt, wer nach grenzenloser Entgrenzung strebt, gibt sich der Selbstverdummung hin und erhebt diese zur moralischen Pflicht. Dagegen muss die politische Vernunft, dagegen muss der Redliche, dagegen muss der echte Intellektuelle opponieren.

Entscheidend ist die Urteilskraft, diese baut auf auf der Kunst der Diskrimination

Wesentlich für die politische, ja überhaupt jede Vernunft ist die Urteilskraft. Urteilskraft bezeichnet ein Vermögen, eine transzendentale Bedingung für die Möglichkeit, zu Erkenntnissen gelangen zu können. Sie meint nicht das instinkthafte Gespür dafür, Macht zu erwerben, immer mehr zu erweitern und zu sichern, also die  machiavellistische, die mohammedanische oder merkelsche Raffiniertheit. Sie meint auch nicht die politische oder ethische Klugheit (phronesis) des Aristoteles.

Nach Kant kann man den Verstand lehren, nach Regeln zu denken. Die Urteilskraft hingegen ist ein Vermögen, welches man zwar durch Übung verbessern, verfeinern kann, entscheidend ist aber die natürliche Begabung dafür, die Kunst der Diskrimination zu erlernen und zu beherrschen.

Das Wesen der Dummheit

„Der Mangel an Urteilskraft ist eigentlich das, was man Dummheit nennt, und einem solchen Gebrechen ist gar nicht abzuhelfen“, weiß bereits Kant. Sogar stumpfe Köpfe könnten es bis zur Gelehrsamkeit bringen, denn diese sei eine Frage der Verstandesfunktionen. Daher treffe man nicht selten auf gelehrte Menschen mit eingeschränkter Intelligenz.

Denken Sie etwa an jenen Mediziner, der alle möglichen Krankheitsbilder in ihrer Symptomatik herunterbeten, zugleich aber kaum ein komplexeres Krankheitsbild richtig erkennen und diagnostizieren kann. Denken Sie an den fürchterlichen Phrasendrescher Martin Schulz, der Floskel an Floskel maschinenhaft aneinanderreiht, der nicht sauber Durchdachtes formuliert, sondern Phrasen, um deren Wirkung er weiß, fabuliert. Oder denken Sie an all die postmodernen neulinken Pseudointellektuellen bis hinauf zu ihrem Gott Jürgen Habermas. Selbst der beherrscht die genannte Kunst nur rudimentär.

Virtuosität in der Kunst der Diskrimination

Oder aber denken Sie umgekehrt an Helmut Schmidt, an Dr. House, gerne auch an Sherlock Holmes. Was diese auszeichnet ist vor allen Dingen a) ihre genaue Beobachtungsgabe und b) ihre Urteilskraft. Sie beherrschen die Kunst der Diskrimination nahezu in Vollendung. Helmut Schmidt besaß die Gabe, die Dinge exakt auf den Punkt formulieren zu können. Weshalb konnte er das? Weil er über eine enorme gedankliche Klarheit verfügte, weil er die Kunst der Diskrimination beherrschte.

Auch Dr. House und Sherlock Holmes finden stets heraus, was der jeweilige Patient wirklich hat respektive wer der tatsächliche Täter war. Sie sind Meister im Aufspüren und benennen der Wahrheit.

Die unvermeidliche Kollision zwischen Macht und Wahrheit

Ziel der vor allem an Macht orientierten Neuen Linken – aber auch unserer neuen „Freunde“ aus dem nahen Osten, so sie Anhänger einer bestimmten, ungemein mächtigen metaphysisch-spekulativen politisch-totalitären Weltanschauung sind, ist nicht die Erkenntnis, nicht die Wahrheit. Denn die Wahrheit ist der Feind der Macht. Jede einzelne Wahrheit begrenzt die Möglichkeiten des Handelns schmerzlich. Zu erkennen, dass ich etwas nicht kann, zum Beispiel einen Stern vom Himmel herunterholen oder alle Armen und Elenden dieser Welt zu retten, schränkt meine Handlungen, schränkt meine Macht und meine Handlungspotenz radikal ein. „Vom Standpunkt der Politik gesehen ist Wahrheit despotisch.“ (Hannah Arendt)

Die Kollision der Politiker, der machtbesessenen Neuen Linken, die sich von der alten Linken und der Aufklärung losgesagt haben, aber auch der religiösen Eiferer, ganz besonders jener der Anhänger des Mohammed, mit den Wahrheitssuchenden und Wahrheitsorientierten ist daher unvermeidlich. Um den Wahrheitsliebhaber ein für alle mal auszuschalten, hat der Neue Linke daher einen perfiden Plan entwickelt. Und Donald Trump ist übrigens deshalb so irritierend für die nicht mehr an der Aufklärung orientierten Neuen Linken, weil er ihre Technik der Loslösung von Realität und Wahrheit übernimmt, sie quasi spiegelt und dann sogar noch steigert und auf die Spitze treibt. Das Prinzip ist dasselbe: es wird eine Hyperrealität erzeugt, in dem Fall eine konträre.

Der perfide Plan der Neuen Linken

Wo es keine Wahrheit mehr gibt, da auch keine Wahrheitssucher, keine Wahrheitsliebhaber und Wahrheitsinsistierer. Also muss die Geliebte selbst ausgeschaltet werden. Der Weg zur Wahrheit verläuft aber neben der Intuition vor allem über das Denken. Denken wiederum ist ein Operieren mit Begriffen (mentale Konzepte). Und Begriffe kommen zustande durch Begrenzung, indem A von allem, was nicht A ist, abgegrenzt wird. Und die transzendentale Bedingung der Begriffsbildung, die Bedingung der Möglichkeit dieser, ist ist die Diskrimination , die die Grundlage von Denken und Wahrheitssuche bildet.

Wer also die Kunst der Diskrimination zerstört, zerstört damit gleichsam die Möglichkeit der sauberen Begriffsbildung, damit die Grundlage des Denkens und beschädigt damit die Wahrheitsfindung, die die Macht gefährdet. Übrig bleiben dann Blindbegriffe, also Worte ohne klaren Inhalt, ohne klaren Sinn, ohne klare Bedeutung.

Kampfansage

Genauer: Übrig bleiben gar keine Begriffe mehr, sondern Phrasen und Floskeln, die so aneinandergereiht werden, dass sie bestimmte Konnotationen, Assoziationen und Gefühle erzeugen, die man genau so haben möchte, ähnlich wie bei der Dressur von Hunden, welche weniger auf den semantischen Inhalt von Worten reagieren als auf Klang, Stimme und Tonfall, welche gleichsam wie bei Reiz-Reaktions-Maschinen gewünschte Assoziationen, gewünschte Vorstellungen und dann folgend gewünschte Handlungen evozieren sollen.

Ein solches Reduzieren des Menschen auf das Instinkthafte und Rudimentäre ist aber der Würde des Menschen nicht adäquat, ja ist eine Beleidigung dieser. Mithin ist jeder echte Intellektuelle und jeder Wahrheitsliebende, jeder Integere, jeder Redliche, jeder Wahrhaftige aufgerufen, dem machtversessenen Neuen Linken und seinem Bruder im Geiste aus Mekka respektive Medina den Kampf anzusagen. Dies sei hiermit getan.

Am Anfang war die Diskrimination

Jeder Denkprozess, jeder Akt der Intelligenz beginnt mit der Fähigkeit zur Diskrimination, der Fähigkeit zur Unterscheidung des Unterschiedlichen. Um den logischen oder faktischen Zusammenhang zwischen A und B erkennen zu können, muss ich zunächst einen Begriff von A und von B haben. Ich muss begreifen, was A ist. Einen Begriff bilden heißt aber nichts anderes als: A von allem, was nicht A ist, abgrenzen. Hierzu benötige die Fähigkeit zur Diskrimination.

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8 Antworten auf „Die Kunst der Diskrimination

  1. Sabrina

    Vielen Dank für Ihre wieder mal so klaren und einleuchtenden Darlegungen, die diese Gegebenheiten sehr gut verständlich machen, ganz ohne Rückgriff auf selbstgefällig-gespreizte Verschwurbelung!

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  2. Werner N.

    Werter Herr Dr. Fritz, auch Ihr Unterscheidungsvermögen (Diskrimination) scheint noch verbesserungsfähig. Natürlich ist die Fähigkeit zu unterscheiden, Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten und Intelligenz. Richtig ist auch, dass der Mangel daran verheerende Ausmaße bis in den Hochschulbereich annahm. Falsch ist jedoch, die `Postmoderne` dafür verantwortlich zu machen. Das würde heißen, sie existiert nicht nur, sondern wäre zumindest in diesem Bereich in kurzer Zeit sehr effektiv gewesen. Bewirkt haben diese Dekadenz vielmehr die Reduktions-, Gleichheits- und Monismus– Bestrebungen von `Aufklärung` und `Moderne`. Sie eliminier(t)en Unterschiede seit 250 Jahren. DAMIT wurde ..“die Kunst der Diskrimination und sauberen Begriffsbildung zerstört“.. oder besser geschmälert.

    Ihre Behauptung: ..“Der postmoderne Hang zur Selbstverdummung“.. wirft die Frage auf ob postmoderne Philosophen wie Lyotard, Foucault, Levinas, Derrida, Welsch, Sloterdijk u.A. Dummköpfe sind? Sie ließe sich mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Nicht länger „unter den Teppich kehren“ sollte man auch, dass Lyotard `Aufklärung` und `Marxismus` als „Metaerzählungen“, denen man keinen Glauben mehr schenken könne, ad acta legte. Anstatt die `Postmoderne` undifferenziert abzuwerten, wären klare Positionen besser – wegen der Begriffsklarheit. Man sollte eindeutig Stellung beziehen, ob ein Richtungs- und Blickwechsel sinnvoll ist oder nicht und dabei das „Wie“ und „Warum“ nicht vergessen. Dann wäre darauf hinzuweisen, dass gerade die Nachmoderne „Diversity“ anstrebt, um das beeinträchtigte Unterscheidungsvermögen zu schulen – was ihr prompt vom intellektuellen Establishment als „Beliebigkeit“ oder „anything goes“ vorgeworfen wurde.

    Weiter wird die `Postmoderne` inhaltlich falsch verortet, wenn man ihr einen Hang zu Grenzenlosigkeit oder Sozialismus / Kommunismus unterstellt. Grenzenlosigkeit und globaler Universalismus sind Leitbilder o.a. modernistischer Ideologien. Nur zwei kurze Zitate, wie sehr Postmodernisten dagegen temporär abgrenzen: ..“Für die Moderne ist der bloße Gedanke an eine `Postmoderne` illegitim und schockierend, weil ihrem Selbstverständnis gemäß der Nachfolger der Moderne nie ein anderer sein darf als wiederum die Moderne. (…) In ihr kann nichts mehr `postmodern` Epoche machen“.. (P. Sloterdijk in >Wege aus der ModerneBlickwechsel< 2012, S.207). M. E. führen die einst berechtigten Prämissen von `Aufklärung` und `Rationalismus` zu weiteren Fehlentwicklungen. Sie sind weitgehend zerbrochen oder befinden sich zumindest in einer Krise.

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    1. Jürgen Fritz

      Kann sein, dass ich irre, aber ich halte Ihren Ansatz für komplett falsch, Werner N. Das Problem ist natürlich nicht die Moderne, sondern die Postmoderne. Beispiel: der ethische und der Kulturrelativismus. Vielleicht der Grundzug überhaupt der Postmoderne, so ich richtig sehe. Die Aufklärung will vernichten, alles vernichten, was falsch und unwürdig ist. Für die Postmoderne gibt es kein falsch und unwürdig. Damit beginnt das Grundübel.

      Sloterdijk würde ich nie mit den anderen in einen Topf werfen wollen. Diesen halte ich für einen Denker von wirklichem Format.

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      1. Werner N.

        Wie zu erwarten, hatten Sie nicht den Mut, die aufgeführten postmodernen Philosophen als „Dummköpfe“ zu bezeichnen. Man kennt das von „Aufgeklärten“; wenn es um Klarheit geht, ist meist Fehlanzeige. Immerhin lassen Sie Prof. Peter Sloterdijk gelten, der wohl von allen Genannten Kants Vernunft–Prinzipien und die „verproletarisierte“ `Aufklärung` am harschesten kritisierte. In seiner >Kritik der zynischen VernunftBlickwechsel< (Reclam 2012): ..„Eine Fortschreibung oder Erneuerung der modernen Programmatik – etwa im Sinne einer `Zweiten Moderne` – reichen nicht mehr aus: ..“Sie muss sogar über die bisherige Kritik der Postmodernisten hinausgehen“.. Allerdings weist er auch darauf hin, dass ..“die eigentliche Revision der `Moderne` noch bevorstehe“.. Pauschale Abwertungen („Der postmoderne Hang zur Selbstverdummung“), sind unwissenschaftlich und reichen nicht mehr aus.

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  3. Werner N.

    Da bei der Übertragung wiederum Sätze entfielen, ein erneuter Versuch:

    Wie zu erwarten, hatten Sie nicht den Mut, die aufgeführten postmodernen Philosophen als „Dummköpfe“ zu bezeichnen. Man kennt das von „Aufgeklärten“; wenn es um Klarheit geht, ist meist Fehlanzeige. Immerhin lassen Sie Peter Sloterdijk gelten, der wohl von allen Genannten Kants Vernunft–Prinzipien und die „verproletarisierte“ `Aufklärung` am harschesten kritisierte. In seiner „Kritik der zynischen Vernunft“ (1983) sagt er, dass die aufklärerischen Denkprinzipien „Verdüsterungen“ (S. 47) im Bewusstsein bewirken, nachdem Horkheimer bereits eine „Verdunkelung“ ausmachte. Weiter spricht er vom „Idiotismus der Nachaufklärung“, „die nicht mehr haltbar ist“ (S. 156); ferner von einer “aufgeklärten Verhinderung der Aufklärung“ (S. 161); vom „falschen aufgeklärten Bewusstsein“ und vom „Stillstand der Vernunft in modernen Bewusstseinszuständen“ (S. 399). Dies nur als einige Punkte.

    Bloß wegen der Klarheit: Die Postmoderne hat eine Menge an der `Moderne` und ihrem einseitigen Rationalismus auszusetzen. Prof. Wolfgang Welsch (den Sie ja unausgesprochen zu den „Dummköpfen“ rechnen), verlangt einen „Blickwechsel“ (Reclam 2012): ..„Eine Fortschreibung oder Erneuerung der modernen Programmatik – etwa im Sinne einer `Zweiten Moderne` – reichen nicht mehr aus: ..“Sie muss sogar über die bisherige Kritik der Postmodernisten hinausgehen“.. Allerdings weist er auch darauf hin, dass ..“die eigentliche Revision der `Moderne` noch bevorstehe“.. Pauschale Abwertungen („Der postmoderne Hang zur Selbstverdummung“), sind unwissenschaftlich und reichen nicht mehr aus.

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