Gleichberechtigung – Gleichwertigkeit – Gleichstellung

Von Jürgen Fritz, Sa. 29. Mai 2021, Titelbild: © JFB

Gleichberechtigung, gleich wertvoll (Gleichwertigkeit) und Gleichstellung sind drei verschiedene Dinge, drei verschiedene Begriffe. Altlinke, denen wir die Errungenschaften der Aufklärung, die universalen Menschenrechte, die freiheitliche Demokratie, die Abschaffung der Ständegesellschaft mit ihren privilegierten Ständen (Klerus und Adel), das weltweite Verbot der Sklaverei und vieles mehr zu verdanken haben, kämpften für Gleichberechtigung.

Altlinke kämpften nicht für Gleichstellung oder Gleichwertigkeit, sondern für Gleichberechtigung

Altlinke kämpften insbesondere auch für die Befreiung der Wissenschaften vom Gängelband der metaphysischen Spekulanten, freie Forschung, also genau das, was in (nahezu) allen islamisch dominierten Ländern bis heute weitgehend fehlt. Diese Altlinken, die all das entwickelten und in schweren Kämpfen endlich durchsetzen konnten, teils unter massivsten Verlusten!, kämpften nicht für Gleichwertigkeit oder Gleichstellung, sie kämpften für Gleichberechtigung: Gleichheit an Würde (nicht Gleichwertigkeit!) und Gleichheit an Rechten, Gleichheit vor dem Gesetz: Verbot der sachlich nicht zu rechtfertigenden Diskriminierung auf Grund äußerer Merkmale wie Hautfarbe (Rassismus), Geschlecht (Sexismus) etc. Nur davon ist auch in den Menschenrechtsdeklarationen von 1789 (siehe Bild) und 1948 sowie dem Grundgesetz von 1949 die Rede.

Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789

Menschenrechtsdeklaration 1789 - Art. 1+2

Menschenrechtsdeklaration 1789 - Art. 3+4

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948

Menschenrechtserklärung von 1948 - Art. 1+2

Menschenrechtserklärung von 1948 - Art. 3-5

Grundgesetz vom 23. Mai 1949

Grundgesetz Art. 1

GG Art. 2

GG Art. 3

Marxisten und Neomarxisten interpretieren Menschenrechte und Grundgesetz ihrer Ideologie entsprechend um und entstellen sie damit

Die Ausdrücke ‚Gleichwertigkeit‘ und ‚Gleichstellung‘ kommen in allen drei Texten – beiden Menschenrechtsdeklarationen und dem Grundgesetz – meines Wissens nicht ein einziges Mal vor. Mittlere Linke (Marxisten) und Neue Linke (Neomarxisten) können oder wollen diese drei Dinge, diese drei Begriffe – sei es aus kognitiven Gründen oder aus bewusster und gezielter Verzerrung der Menschenrechte und des Grundgesetzes aus ideologischen Gründen (falsches Bewusstsein durch (neo)marxistische Deformation) – nicht auseinander halten.

Die etwas Schlaueren vermengen sie womöglich sogar ganz gezielt, um so ihr ideologisches Konzept in die Menschenrechtsdeklarationen und das Grundgesetz quasi unter der Hand reinzuschieben. Die Naiveren, Schlichteren können das Unterschiedliche gedanklich nicht so richtig sortieren. Für sie ist das alles irgendwie das Gleiche.

Rechtsradikale und Rechtsextremisten lehnen universale Menschenrechte und den moralischen Universalismus ab

Alte und neue Rechtsradikale und Rechtsextremisten lehnen die universalen Menschenrechte natürlich ohnehin ab. Sie negieren den moralischen Universalismus, der den Menschenrechten und unserer Verfassung zu Grunde liegt:

Jeder Mensch, egal wo, hat Würde – eine empirisch nachweisbare innere Eigenschaft des Menschen, deswegen steht im GG die Formulierung „ist unantastbar“, eben weil es eine innere Eigenschaft ist, nämlich die Fähigkeit zur moralischen Beurteilung seiner selbst und anderer und damit die Fähigkeit zur Selbstgesetzgebung als Individuum (Mensch) und als Teil der Gesellschaft (Bürger) -, eine innere Eigenschaft, die es von jedem zu achten und von der Gemeinschaft zu schützen gilt: „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Art. 1, Abs. 1 GG).

Jeder Mensch hat ferner das Recht auf Freiheit, das Recht auf Erwerb von Eigentum und Streben nach Glück, nach Gestaltung seines Lebens, so wie er möchte, inklusive freie Partnerwahl (was natürlich voraussetzt, dass der andere auch will, nicht dass der eine sich jemanden kauft: Kinderzwangsehen), freie Berufswahl, freie Wahl des Wohnortes, der Weltanschauung, somit auch des freien Austritts aus einer Weltanschauungsgemeinschaft, ohne dafür verfolgt zu werden.

Sklaverei als extreme Form der Menschenrechtsfeindlichkeit, ihre Freunde und ihre Gegner

Zum moralischen Universalismus gehört insbesondere die Freiheit von Sklaverei (Verdinglichung, Degradierung der Person, des selbstbestimmungsfähigen Subjekts zum Objekt, was der Würde = Fähigkeit zur Selbstbestimmung, zur Moralität, zur Selbstgesetzgebung widerspricht), siehe beispielsweise Artikel 4 der Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.

Exkurs: Es waren übrigens die Europäer und Nordamerikaner, welche die Sklaverei insbesondere gegen den Willen und Widerstand der islamischen Welt in zähen Kämpfen weltweit durchgesetzt haben, wobei hier einige christlichen Gruppen ganz entscheidend waren im Kampf gegen die Sklaverei. Saudi-Arabien, die Heimat des „Propheten“ schaffte die Sklaverei offiziell erst 1963 ab. Und in der ‚Islamischen Republik Mauretanien‘ im nordwestlichen Afrika, die seit 1960 unabhängig ist, gestaltete sich die Abschaffung der Sklaverei als besonders schwierig. Es wurden im 20. Jahrhundert zwar mehrfach Dekrete (erstmals 1905 durch die Franzosen) und Gesetze erlassen, doch an der Praxis änderte sich nicht viel. 2003 wurde ein Gesetz gegen den Menschenhandel erlassen, im welchem das Wort Sklaverei aber vermieden wurde. Und im August 2007 verabschiedete der damalige Präsident Sidi Mohamed Ould Cheikh Abdallahi ein Gesetz, das Sklaverei erstmals unter Strafe stellte. Ende des Exkurses.

All diese Rechte stehen jedem Menschen zu, völlig unabhängig davon, wo er geboren wurde, völlig unabhängig von der jeweiligen kulturellen Tradition. Es gibt kein Recht der einen zur Versklavung oder Unterdrückung der anderen, die über Tradition und Kultur begründet werden könnte: „Wir machen das schon seit über tausend Jahren so“ oder „Der Prophet hat es auch gemacht und nicht verboten“ (Mohammed hat laut islamischer Überlieferung Menschen immer wieder versklavt, selbst als Sklaven für sich gehalten und mit ihnen Handel betrieben, so Einnahmen für sich und die seinen generiert, die zum beachtlichen Teil vom Ausrauben von Karawanen lebten. Und weder das Judentum noch das Christentum in seinen „heiligen Schriften“, auch nicht Jesus von Nazareth, haben die Sklaverei verurteilt oder sich irgendwie von ihr distanziert.)

Sklavenhaltergesellschaften und Gesellschaften, in denen systematisch gefoltert wird, sind auch nicht gleichwertig. Ebenso sind Menschen, die das gutheißen und beibehalten wollen, moralisch nicht gleichwertig, wenngleich auch ihnen selbstverständlich die universalen Menschenrechte zukommen, selbst dann, wenn sie selbst diese mit Füßen treten. Sie müssen bekämpft werden, nicht gefoltert, nicht verdinglicht, nicht zum Objekt degradiert. Aber ihre falsche, auch das weibliche Geschlecht diskriminierende, menschenverachtende Weltanschauung darf nicht toleriert werden. Es gibt hier keine Gleichwertigkeit, wohl aber Menschenrechte auch für die, die sie ablehnen. Von diesen muss die Anerkennung der Menschenrechte aber argumentativ eingefordert werden.

Auch die Neuen Linken lehnen den moralischen Universalismus ab, haben sich einem kulturellen und ethischen Relativismus zugewendet

Den moralischen Universalismus, der übrigens nicht nur jedem Menschen bestimmte Rechte zusichert, sondern auch Pflichten, insbesondere die Pflicht, die Würde und Freiheit und Gleichheit an Rechten eines jeden anderen zu achten, lehnen auch die Neuen Linken ab, die inzwischen einem kulturellen und ethischen Relativisimus frönen und von manchen bestimmte Pflichten (Achtung der Menschenrechte der anderen) nicht konsequent einfordern, weil dies nicht ihrer kulturellen Tradition entspricht, die man achten müsste.

Damit aber entziehen sie den universalen Menschenrechten den Boden, denn diese sind gerade nicht relativistisch, nicht auf eine bestimmte Kultur bezogen. Und damit erzeugen die Neuen Linken ein schiefes Gefälle, weil sie diese Menschen zwar in den Genuss der universalen Menschenrechte kommen lassen wollen, ohne ihnen aber verbindlich abzufordern, dass sie ebenso die Menschenrechte aller anderen zu achten und zu respektieren haben. So kann aber natürlich keine Gesellschaft auf Dauer funktionieren, wenn alle die gleichen Rechte haben sollen, aber manche, weil das nicht ihrer Tradition und Kultur entspricht, diese Rechte der anderen nicht achten müssen. Die Einen haben dann Rechte und Pflichten – beides muss natürlich immer einhergehen! -, die anderen haben primär Rechte und zwar solche Rechte, deren Grundlage, Begründung und Rechtfertigung sie teilweise sogar ablehnen, die Rechte aber gleichwohl gerne in Anspruch nehmen, ohne umgekehrt sich zur Einhaltung dieser Rechte bei den anderen verpflichten.

Die Neuen Linken setzen die Menschenrechte also eher strategisch ein zur Durchsetzung ihrer Ideologie, sie benutzen sie, ohne sie wirklich voll und ganz zu akzeptieren. Und sie lehnen den zu Grunde liegenden moralischen Universalismus ab. Dieser würde die Kultur und Tradition anderer nicht respektieren. Während die Altlinken Rassismus und Sexismus bekämpften und zu überwinden suchten, bedienen sich Neue Linke selbst des Rassismus und Sexismus, den sie einfach nur um 180 Grad drehen (inverser Rassismus).

Das Motto der Rechtsradikalen und -extremisten

Hier treffen sich die Neuen Linken – ganz anders als die Altlinken – mit den Rechtsradikalen und -extremisten, die den moralischen Universalismus ebenfalls ablehnen und auch für einen ethischen und kulturellen Relativismus plädieren. Deren Motto (der Rechtsradikalen und Rechtsextremisten) lautet:

„Sollen die in Afrika doch ihre Mädchen an den Genitalien verstümmeln und im Iran, Saudi-Arabien, Pakistan oder sonst wo Menschen foltern, öffentlich auspeitschen und steinigen. Wenn das deren Tradition ist. Das geht uns doch nichts an. Und objektiv falsch ist das alles ja ohnehin nicht, denn ein objektives richtig und falsch gibt es ja gar nicht jenseits der jeweiligen Kultur. Wir machen es hier so, die dort so. Niemand steht es zu zu sagen, Genitalverstümmelung, Folter, Auspeitschen, permanentes Einschüchtern und Steinigen sei nicht richtig. Das soll jede Kultur machen, wie sie es für richtig hält. Uns hier geht das nichts an. Und die anderen geht nichts an, was wir hier bei uns machen.“

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