Union fällt im Wahl-O-Matrix-Mittel erstmals seit 13 Monaten unter 27 Prozent

Von Jürgen Fritz, Fr. 02. Apr 2021, Titelbild: © JFB

Seit gestern Abend liegen von allen neun großen Meinungsforschungsinstituten aktuelle Erhebungen vor. Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool, hat sie wie immer ausgewertet. Demnach sieht es ein knappes halbes Jahr vor der Bundestagswahl wie folgt aus: CDU/CSU haben in den letzten acht Wochen mehr als ein Viertel ihrer Anhänger verloren.

So würden die Deutschen heute wählen

Angegeben ist für jede Partei der Wahl-O-Matrix-Mittelwert aller Institute,  die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen repräsentative Erhebungen durchführten. Seit gestern liegen von allen neun großen Meinungsforschungs-Institute aktuelle Umfragen vor. Aufgeführt ist für jede Partei der niedrigste und der höchste Wert dieser neun Institute (es wurde jeweils nur die neueste Umfrage herangezogen) sowie fettgedruckt das arithmetische Wahl-O-Matrix-Mittel aller neun Werte:

  1. CDU/CSU: 25 – 28,5 % ==> 26,9 %
  2. GRÜNE: 21 – 23 % ==> 22,1 %
  3. SPD: 15 – 18 % ==> 16,4 %
  4. AfD: 1012 % ==> 10,8 %
  5. FDP: 8,511 % ==> 9,7 %
  6. LINKE: 79 % ==> 7,6 %
  7. Sonstige: 5 – 8 % ==> 6,5 %
2021-04-02-V

(c) JFB

Erläuterung: Diese Werte sind so zu verstehen, dass es für jede Partei bzw. für jede Bundestagsfraktion ein Fenster gibt, innerhalb dessen sie derzeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit läge. Die aufgeführten Zahlen stellen die Mitte dieses Fensters dar. Kleine Abweichungen von dieser Fenster-Mitte von ein bis zwei Prozent sind also jeweils in beide Richtungen möglich, bei größeren Parteien auch drei Prozent, wobei die Wahrscheinlichkeit, je weiter man sich von der Mitte des Fensters weg bewegt, immer mehr abnimmt und zwar drastisch. Abweichungen von fünf bis zehn Prozent sind daher nahezu ausgeschlossen. Dies läge weit außerhalb des Fensters.

CDU/CSU stürzen von über 36 auf unter 27 Prozent

Seit zwei Monaten sehen wir einen drastischen Absturz von CDU/CSU. Diese hatten vor gut einem Jahr zunächst enorm von der COVID-19-Pandemie profitiert, als sie innerhalb weniger Wochen von 26 bis 27 auf 38 bis 39 Prozent stiegen. Das hohe Niveau von über 36 Prozent konnte die Union bis Ende Januar, Anfang Februar halten. Seither aber geht es steil nach unten auf nun erstmals seit 13 Monaten unter 27 Prozent:

Wo wanderten die Unions-Anhänger aber nun hin? Vor vor allem zu den Grünen und zur FDP, die beide deutlich zulegen – jeweils um die drei Prozentpunkte, was für die FDP angesichts ihrer Größe relativ natürlich noch viel mehr ist als für die Grünen. Die Wählerwanderung geht aber auch zum Teil  zur AfD und zur SPD, die beide mehr als einen Prozentpunkt zulegen konnten, und zu den sonstigen (Klein-)Parteien, die um ca. 0,7 Punkte anwuchsen. Die einzige Partei, die von der Schwäche der Union nicht profitieren kann, ist Die Linke (SED, PDS, Linkspartei.PDS + WASG = Die Linke), die auf einem für ihre Verhältnisse sehr niedrigen Niveau von ca. 7,5 Prozent bleibt. Allen anderen nützt das Abschmieren von CDU/CSU und zwar zum Teil enorm.

Veränderungen in den letzten acht Wochen:

  1. GRÜNE: + 3,1 %
  2. FDP:  + 2,7 %
  3. AfD: + 1,3 %
  4. SPD: + 1,2 %
  5. Sonstige:  + 0,7 %
  6. LINKE: + 0,2 %
  7. CDU/CSU: – 9,2 %

Schwarz-Rot hat keine Mehrheit mehr, dafür Grün-Rot-Gelb

Und diese massiven Veränderungen haben vor allem einen folgenreichen Effekt: Die derzeitige Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD, die bei der Bundestagswahl 2013 noch eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit von 67,2 Prozent hatte (2017 waren es dann nur noch 53,4 Prozent) hat nun überhaupt keine Mehrheit mehr. CDU/CSU und SPD kämen zusammen derzeit gerade noch auf ca. 43,3 Prozent. Und das würde nicht annähernd reichen für eine Mehrheit im Parlament.

Für eine Mehrheit der Sitze im Bundestag wären mit diesen Ergebnissen wegen der ca. 6,5 Prozent für sonstige Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, nicht über 50, sondern ca. 46,8, also rund 47 Prozent der Stimmen notwendig. Und da liegt die schwarz-rote Koalition nun wegen der enormen Verluste der Union darunter. Grün-Rot-Gelb, also eine grüne Ampel-Koalition hätte bei einem solchen Wahlergebnis dagegen eine Mehrheit im Parlament. Folgende Koalitionen wären denkbar:

  • SchwarzGrün: 49,0 %
  • GrünRotGelb (Ampel): 48,2 %
  • GrünRotDunkelrot: 46,1 %
  • SchwarzRot: 43,3 %
  • SchwarzGelb: 36,6 %

Zum heutigen Stand gäbe es also zwei Optionen: Sowohl Schwarz-Grün als auch Grün-Rot-Gelb kämen knapp über 47 Prozent der Stimmen und hätten damit eine Mehrheit der Sitze im Deutschen Bundestag. Für Grün-Rot-Dunkelrot würde es wahrscheinlich nicht ganz reichen, aber sie wären ebenfalls ganz nah an einer Mehrheit dran.

Damit wäre eine Regierung ohne respektive gegen CDU/CSU möglich, aber kaum noch gegen die Grünen (Schwarz-Rot-Gelb wäre natürlich rechnerisch auch eine Option, käme auf 53,9 Prozent, aber das wird die SPD auf keinen Fall mitmachen).

Die Erhebungen dieser Institute wurden ausgewertet

Die neun Institute, die (bezogen auf den mittleren Tag der Befragung) in den letzten drei Wochen Erhebungen durchführten, welche ausgewertet wurden, waren:

  • Allensbach (FAZ), mittlerer Tag der Befragung: 14./15.03.2021, persönlich-mündliche Befragung von 1.006 nach Quotenvorgaben ausgewählten Personen
  • Civey (SPIEGEL), mittlerer Tag der Befragung: 20./21.03.2021, netzwerkbasierte Panel-Rekrutierung + Teilnehmerverifizierung + quotierte Stichprobe unverzerrter Antworten + Echtzeitgewichtung, Stichprobe: 10.066 Befragte,
  • Kantar (BILD am Sonntag), mittlerer Tag der Befragung: 21.03.2021, telefonische Befragung von 1.447 zufällig ausgewählten Personen
  • Forschungsgruppe Wahlen (ZDF-Politbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 24.03.2021, telefonische Befragung von 1.030 zufällig ausgewählten Personen
  • Forsa (RTL/ntv-Trendbarometer), mittlerer Tag der Befragung: 26.03.2021, telefonische Befragung von 2.503 zufällig ausgewählten Personen
  • GMS, mittlerer Tag der Befragung: 26.03.2021, telefonische Befragung von 1.003 zufällig ausgewählten Personen
  • YouGov, mittlerer Tag der Befragung: 27.03.2021, internetbasierte Befragung von 1.637 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • INSA (BILD), mittlerer Tag der Befragung: 27./28.03.2021, internetbasierte Befragung von 3.049 nach Quotenvorgaben ausgewählten Mitgliedern eines Befragten-Pools
  • Infratest dimap (ARD-DeutschlandTrend), mittlerer Tag der Befragung: 29./30.03.2021, Mixed-Befragung (telefonisch und online) von 1.348 zufällig ausgewählten Personen

Wahl-O-Matrix, Deutschlands führendes Meta-Analyse-Tool (von JFB gegründet), das mit seiner Prognose bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, wie auch schon bei der NRW-Wahl, mit 0,76 Prozent mittlerer Abweichung erneut näher am Ergebnis lag als sämtliche Umfrageinstitute (in Rheinland-Pfalz am drittnächsten, bei der EU-Wahl ebenfalls am drittnächsten und bei der Bundestagswahl am zweitnächsten) hat damit eine breite Datenbasis von insgesamt 23.089 Befragten.

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